Kategorie Klima- & Umweltschutz - 18. November 2024
COP29 – Gewessler verhandelt auf Weltklimakonferenz für die EU das Thema Anpassung
Klimakonferenz in Baku startet in entscheidende Verhandlungswoche – Gespräche bisher erwartungsgemäß schwierig – In Baku wurden die Net-Zero Industries Awards 2024 verliehen
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler steigt am heutigen Montag in die Verhandlungen bei der Weltklimakonferenz ein. Wie schon in den vergangenen beiden Jahren wird Gewessler auch in Baku das EU-Verhandlungsteam im Bereich Anpassung anführen. Auf die politischen Verhandlerinnen warten dabei in der zweiten Woche große Aufgaben – denn viele zentrale Themenfelder sind zur Halbzeit noch offen.
„Auf uns wartet in den kommenden Tagen einiges an Arbeit. Ich freue mich sehr, dass mich die EU auch heuer wieder mit der Verhandlung im Bereich Anpassung beauftragt hat. Ich weiß aber auch – gerade heuer wird das eine ordentliche Aufgabe. Umso intensiver werden wir arbeiten“, so Gewessler.
Insgesamt haben sich die Verhandlungen in der aserbaidschanischen Hauptstadt bisher erwartungsgemäß schwierig gestaltet. Abseits einer Einigung auf gemeinsame Regeln bei der Berechnung von CO2-Zertifikaten gab es in vielen Runden nur kleine Fortschritte. Von vielen Seiten wurde ein hohes, neues gemeinsames Klimafinanzierungsziel eingefordert. Die Umsetzung der Dubai-Ziele – insbesondere die Abkehr von fossilen Energien – wird jedoch wenig ambitioniert besprochen. Die Europäische Union drängt auch hier auf Fortschritte.
„Die ersten Tage zeigen: Unsere Erwartungen haben sich leider als richtig erwiesen. Die Verhandlungen heuer werden anstrengend, herausfordernd und zäh. Aber noch bleibt eine Woche. Wir wussten, es wird heuer stürmisch – jetzt gilt es dafür zu sorgen, dass wir trotzdem vorankommen“, sagt die Ministerin.
Die Verhandlungen in Baku starten nach einem freien Tag am Sonntag nun in die entscheidende Phase. Plangemäß ist noch bis Freitag Zeit, um Kompromisse auszuhandeln. In der Vergangenheit wurde jedoch oftmals eine Verlängerung notwendig. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler wird sich am morgigen Dienstag im Plenum an die Staatengemeinschaft wenden.
„Meine Erwartungen sind für dieses Jahr realitätsbezogen niedriger, aber umso wichtiger wird sein, dass wir hier um jeden Fortschritt ringen und umsetzen“, sagte Gewessler. Wenn das Signal von Baku aus in die Welt gehe, dass der Prozess weitergehe und der „Multilateralismus lebt“, sei dies laut Ministerin bereits ein Erfolg.
Wer für das Klima kämpft, kämpft für uns Menschen. Für unsere Hoffnungen, für unsere Träume und letztlich für unser Leben. Darum geht es bei der #COP29. pic.twitter.com/TD4fq8tKV3
— Leonore Gewessler (@lgewessler) November 19, 2024
Beobachtenden zufolge gab es in der ersten Woche auf technischer Ebene kaum Fortschritte. Das Segment zu Klimawandelanpassungen auf Minister- und Ministerinnen-Ebene werde nun vermutlich am morgigen Dienstag beginnen. Dabei geht es darum, Maßnahmen zu setzen, um etwa Länder und Gegenden für nicht mehr verhinderbare Extremwetterereignisse durch die menschengemachte Erderwärmung zu wappnen. Dadurch sollen Risiken minimiert und Schäden begrenzt werden. Dazu zählen etwa Initiativen zum Schutz vor Starkregen, Überschwemmungen und Sturm oder die Umgestaltung von Städten, um die Gesundheit der Bevölkerung bei großen Hitzewellen zu schützen.
Net-Zero Industries Award 2024
Als Lichtblick in den zähen Verhandlungen können deshalb auch die zum zweiten Mal auf einer COP verliehenen Net-Zero Industries Awards bezeichnet werden. Mit diesen Auszeichnungen werden herausragende Beiträge und Persönlichkeiten zur industriellen Dekarbonisierung auf internationaler Bühne gewürdigt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hob vor Ort die Bedeutung von Innovation und internationaler Zusammenarbeit hervor: „Die Dekarbonisierung der Industrie erfordert gemeinsames Handeln und innovative Lösungen. Die Preisträgerinnen des diesjährigen Net-Zero Industries Award zeigen uns, dass Fortschritt möglich ist und ihre Pionierarbeit den Weg für eine grünere, nachhaltigere Zukunft ebnet.“
Mit 70 Einreichungen aus 26 Ländern hat der Award das breite internationale Engagement für die Transformation der Schwerindustrie verdeutlicht. Die Preisträgerinnen in den drei Kategorien „Herausragende Projekte“, „Beste Innovatorinnen“ und „Junge Talente“2024 sind:
Junge Talente
- Platz 1: Dr. Cameron Halliday, Co-Founder & CEO, Mantel, USA
Dr. Cameron Halliday widmet sich der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die CO₂-Abscheidung in schwer dekarbonisierbaren Industrien. 2022 gründete er Mantel Capture, um diese bahnbrechende Technologie mit Unterstützung führender Investoren auf den Markt zu bringen. Seine Forschung konzentriert sich auf die Nutzung von flüssigen Boraten in der Hochtemperatur-CO₂-Abscheidung und könnte Emissionen in Sektoren wie Stahl, Zement und Petrochemie erheblich reduzieren.
- Platz 2: Pouriya H. Niknam, Senior Lecturer in Chemical Engineering, University of Lincoln, UK
- Platz 3: Guillermo Martinez Castilla, Scientific Project Officer, Joint Research Center, European Commission, Niederlande
Beste Innovatorinnen
- Platz 1: Karen Scrivener, Leiterin des Labors für Baustoffe, Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, Schweiz
Professor Scrivener ist eine herausragende Innovatorin, deren Engagement für Diversität und Mentoring inspirierend ist. Ihr Labor hat Forschende aus über 40 Ländern willkommen geheißen und fördert die Gleichstellung der Geschlechter. Sie gründete die EPFL-WISH-Stiftung zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft und schafft durch Netzwerke wie Innovandi Brücken zwischen Forschung und Industrie, um nachhaltige Zementlösungen voranzutreiben.
- Platz 2: Elizabeth Gilligan, CEO, Material Evolution, Großbritannien
- Platz 3: Etosha Cave, Co-Founder & CSO, Twelve, USA
Herausragende Projekte
- Platz 1: ZESTY – Zero Emissions Steel Technology, Calix Ltd, Australien
Die ZESTY-Technologie wurde in Zusammenarbeit mit mehreren Industriepartnern und Forschungseinrichtungen im Pilotmaßstab entwickelt und bewährt. Sie hat das Potenzial, die Produktion von nahezu emissionsfreiem Eisen und Stahl zu revolutionieren. Den Preis für das Projekt nimmt Phil Hodgson, CEO von Calix, entgegen.
- Platz 2: Steelanol: Umwandlung von Stahlwerksgas in Ethanol, ArcelorMittal, Belgien
- Platz 3: 5 MW Elektrolyse-Demonstration mit Stanwell, Hysata, Australien
Spezialpreis für den Globalen Süden
Mit dem Sonderpreis für Fortschritte in der industriellen Dekarbonisierung aus dem Globalen Süden wurde das Projekt SOLAR CLINKER: Nutzung von Solarstrahlung zur CO₂-freien Klinkerherstellung ausgezeichnet.
Die österreichischen Net-Zero Industries Award Preisträger:innen haben es in allen drei Award Kategorien vor den Vorhang geschafft und wurden im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Baku (COP 29) vorgestellt: Das Forschungsprojekt CCUpScale CO2 to value: Mineral Carbonation CCU upscaling & product validation von RHI Magnesita. als „Herausragendes Projekt“, Tara Esterl, AIT Austrian Institute of Technology und NEFI-New Energy for Industry als beste „Innovatorin“ und Sophie Knöttner vom AIT Austrian Institute of Technology, in der Kategorie als das beste „Junge Talent“ Österreichs. Die Preisverleihung für die österreichischen Preisträgerinnen findet im Rahmen des IEA-Vernetzungstreffens „Klimafitte Industrie: Forschung und Entwicklung für die Industrie der Zukunft“ am 28. Januar 2025 in Linz statt.
Die Verleihung des Net-Zero Industries Awards auf der COP29 diente nicht nur der Anerkennung von Pionierleistungen, sondern auch als Plattform zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie im Kampf gegen den Klimawandel.
Mission Innovation (MI) ist eine globale Initiative von 23 Ländern und der Europäischen Kommission, mit dem Ziel, Innovationen im Bereich Energietechnologien zu beschleunigen. Unter dem Dach der MI arbeiten sieben Missionen, die sich jeweils einer ungelösten Herausforderung im Bereich der erneuerbaren Energien annehmen.
Die Net-Zero Industries Mission wurde 2022 ins Leben gerufen und bildet die erste globale Innovationsallianz zur Förderung von klimaneutralen Industrien. Unter der Leitung von Österreich und Australien – in Zusammenarbeit mit Partnern wie der EU, Kanada, China, Finnland, Deutschland, Südkorea, Großbritannien und den USA – werden bis 2030 mindestens 50 groß angelegte Demonstrationsprojekte realisiert.
Diese Mission veröffentlicht zudem kontinuierlich innovative Wegweiser und Aktionspläne, die den Handlungsbedarf für das Erreichen der Ziele präzisieren und nun auch den ersten Länderbericht mit umfassenden Einblicken in energieintensive Sektoren der Mitgliedsländer bereitstellen (mehr dazu unter: Net-Zero Industries Mission: Country Insight Report 2024 – Nachhaltig Wirtschaften).