Kategorie Energie - 1. Oktober 2024
REN21-Bericht: Energiewende braucht zur vollen Entfaltung mehr Kapazität bei Netzen & Speichern
Erneuerbare Energien haben das Potenzial, den weltweiten Energiebedarf zu decken, doch nach wie vor gibt es einige Hürden – nur durch dringende Verbesserungen der Netzinfrastruktur und eine integrierte Planung können die Ziele erreicht werden, zeigt der aktuelle REN21-Bericht.
Im vergangenen Jahr erreichten erneuerbare Energien einen Rekordwert mit einem Anteil von 30 Prozent an der weltweiten Stromversorgung, wobei Strom aus Solar- und Windenergie 13 Prozent des Gesamtanteils ausmachten. Laut neuestem Bericht des globalen Netzwerks zum Ausbau der Erneuerbaren (REN21) reiche die alleinige Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien jedoch nicht aus, um das weltweite Energiesystem von fossilen Brennstoffen zu entkoppeln.
Der Bericht hebt die dringende Notwendigkeit von Verbesserungen bei der Netzverteilung, Energiespeicherung und Systemflexibilität hervor, um die Variabilität von Wind- und Solarenergie abzufangen. Diese Modernisierungen sind unerlässlich, um das Potenzial erneuerbarer Energien voll auszuschöpfen.
Das neueste Modul des Renewables 2024 Global Status Report von REN21 beschäftigt sich mit Renewable Energy Systems and Infrastructure und beleuchtet den Einsatz und technologischen Entwicklungen im Zusammenhang mit Stromnetzen, Energiespeicherung und Sektorenkopplung. Diese seien entscheidend für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien in Schlüsselsektoren wie Wärme und Verkehr.
Die weltweiten Investitionen in Stromnetzinfrastruktur erreichten 2023 310 Milliarden USD – ein Anstieg zwar von fünf Prozent, aber laut Bericht nur die Hälfte des jährlich benötigten Betrags, um der vollständigen Abkehr von fossilen Brennstoffen zur Erreichung der Klimaziele gerecht zu werden.
Österreich beim Erneuerbaren-Ausbau im Spitzenfeld
Dennoch ist ein auf erneuerbaren Energien basierendes Energiesystem bereits möglich. Das zeigen Länder wie Dänemark und Litauen, die 100 Prozent erneuerbaren Strom in ihre Netze integrieren. Auch Österreich spielt in dieser Liga und konnte in diesem Jahr bis dato bilanziell 100 Prozent der Stromproduktion aus Erneuerbaren verbuchen. Die Energiewende ist damit hierzulande im vollen Gange und sie ist auch der zentrale Schlüssel für eine klimafreundliche, widerstandsfähige und sichere Energieversorgung. Auch 2023 trugen erneuerbare Energien in Österreich bereits mit 87,6 Prozent zur gesamten inländischen Energieerzeugung bei.
Durch die hohe heimische Stromerzeugung sowie den Rückgang des Stromverbrauches und damit verbunden stark reduzierte Importe an elektrischer Energie konnte Österreich im vergangenen Jahr erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder mehr Strom exportieren als importieren.
Erneuerbare Energien haben langfristig gesehen das Potenzial, die Welt vollständig mit sauberer Energie zu versorgen. In einem auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem sind Stromnetze, Speichermöglichkeiten und Sektorenkopplung wesentliche Bausteine, um eine sichere und resiliente Energieversorgung zu gewährleisten und variable erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft in das Netz zu integrieren.
Jüngste Marktentwicklungen
Trotz aller Fortschritte beim Erneuerbaren-Ausbau sei es notwendig, die Übertragungs- und Verteilungsinfrastruktur, Speichermöglichkeiten, Flexibilitätslösungen und alle Endverbraucher-Sektoren in die Energieplanung einzubeziehen.
Bis Ende 2022 wurden 1,5 TW an Projekten für erneuerbare Energien aufgrund von Netzanschlussproblemen verzögert, während die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in manchen Regionen aufgrund von Kapazitätsengpässen gedrosselt wurde. Auch die Energiespeicherung ist für die Stabilität von Netzen, die einen hohen Anteil an variablen erneuerbaren Energien aufweisen, von entscheidender Bedeutung. Die Zahl großer Batteriespeicher ist um 120 Prozent gestiegen und beläuft sich aktuell weltweit auf 55,7 GW.
„Stromnetze sind das Rückgrat unserer Elektrizitätssysteme, aber sie werden oft nicht beachtet. Strategische Investitionen in Netzoptimierung und Netzausbau, regionale Verbundnetze, Flexibilitätslösungen wie Nachfragesteuerung und Energiespeicherung werden die Grundlage für eine resiliente, erneuerbare Zukunft der Energieversorgung sein“, so Rana Adib, Executive Director von REN21. „Mit politischem Willen, integrierter, sektorübergreifender Planung und verstärkten Investitionen können wir eine Welt erreichen, mit erneuerbaren Energien betrieben wird.“
100 Prozent erneuerbare Elektrizität in den Netzen ist also in einigen Ländern bereits Realität, wobei ein hoher Anteil an variabler erneuerbarer Elektrizität (insbesondere Strom aus Solar- und Windenergie) mit planbaren erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Geothermie und Ökostrom kombiniert wird.
Energiewende braucht resiliente Basis
Um Engpässe beim Einsatz erneuerbarer Energien zu vermeiden, ist eine integrierte Planung in den Bereichen Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung, -speicherung und -verbrauch unabdingbar. Die Verknüpfung des Stromsektors mit dem Verkehrssektor, des Wärmesektors und der Wasserstoffherstellung wird ein resilienteres und effizienteres Energiesystem schaffen.
Auch in Österreich ist man mit dem hohen Anteil an Erneuerbaren in der bilanziellen Stromerzeugung noch längst nicht am Ziel. Um den Ausstieg aus fossilen Energieträgern gänzlich zu schaffen, müssen neben dem steten Ausbau der Erneuerbaren auch die Stromnetze ertüchtigt und weitere Investitionen in Speicher getätigt werden.
Mittel- und längerfristig betrachtet werden die von der Bundesregierung verfolgten Ziele – bis 2030 die österreichische Stromversorgung national bilanziell erneuerbar und bis 2040 Österreich insgesamt klimaneutral zu machen – noch wesentlich weitreichendere Maßnahmen, wie
etwa Flächenwidmungen für Energieinfrastruktur, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Netzausbau, aber auch die Umsetzung der neuen Vorgaben aus der europäischen Strommarktreform, benötigen.
Um Österreich diesen Weg in die Energiezukunft zu ebnen, muss die Energieinfrastruktur dem weiteren Öko-Strom-Ausbau, der Entwicklung der Wasserstoffproduktion sowie dem Zusammenspiel aller Energie-Sektoren gewachsen sein. Wie das funktionieren kann, zeigt auch der vom Klimaschutzministerium (BMK) im Fühjahr präsentierte österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP). Darin hat Österreich als erstes EU-Mitgliedsland einen integrierten Netzinfrastrukturplan, worin das Energiesystem erstmals in seiner Gesamtheit betrachtet und festgehalten wird, was Österreich für eine sichere, saubere und zukunftsfähige Energieversorgung braucht.
Pläne, die sich auch mit den Erkentnissen des REN21-Berichts decken, der etwa kritisiert, dass die derzeitigen Übertragungs- und Verteilungsnetze oftmals parallel zu den traditionellen zentralisierten Stromerzeugungsanlagen entwickelt wurden. Sie müssten in vielen Ländern angepasst werden, um die zunehmend dezentralisierten und variablen erneuerbaren Elektrizitätsressourcen einzubeziehen und die Nachfragesteuerung im Zusammenhang mit der steigenden Stromnachfrage zu ermöglichen.
Die Zukunft der Energiesysteme liegt in der Weiterentwicklung dieser Netze, um das volle Potenzial der erneuerbaren Energien durch Netzoptimierung und -ausbau, Speicherlösungen, Nachfragesteuerung, Erhöhung der Interkonnektivität und Kopplung des Stromsektors mit anderen Endverbraucher-Sektoren wie Verkehr und Wärme auszuschöpfen.
„Integrierte Planung ist von grundlegender Bedeutung für die Gestaltung optimierter Energiesysteme und Infrastrukturen, ermöglicht aber auch die Verringerung von Investitionen sowie die Minimierung des Ressourcenverbrauchs und ökologischen Fußabdrucks der Infrastrukturen. Ein solcher Ansatz ist entscheidend, um die gesellschaftliche Unterstützung des Infrastrukturausbaus sicherzustellen“, sagte Adib.
Blick Richtung COP29
Um einen erfolgreichen Übergang zu erneuerbaren Energien zu gewährleisten, ist eine integrierte Planung von Energienachfrage, -angebot und -infrastruktur entscheidend. Es sind sofortige Investitionen und eine Angleichung der Politik erforderlich, um Infrastrukturen wie Netze und Speicher auszubauen und die Sektorenkopplung voranzutreiben, damit die wachsende Nachfrage nach Strom und die Integration erneuerbarer Energiequellen bewältigt werden können.
„Ein hoher Anteil an erneuerbaren Energien in den Stromnetzen ist möglich. Das muss nicht mehr bewiesen werden, und es gibt keine Ausrede für Regierungen, nicht zu einem Energiesystem überzugehen, das auf Erneuerbaren beruht. Auf der COP28 haben sich die Regierungen verpflichtet, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen. Auf der COP29 müssen sie die gleiche Ambition für die Bereitstellung von Infrastrukturen zeigen. Die Aktualisierung der Nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) bietet die Gelegenheit, eine integrierte Energie- und Infrastrukturplanung in den nationalen Plänen zu verankern“, so Adib.