27. März 2018
Mit Sektorkopplung zur smarten Energiewirtschaft
Wie kann die Energiewende gelingen? Nicht nur in Hinblick auf die internationalen Klimaziele sind wir auf einen klaren Kurswechsel im Bereich der Energiewirtschaft angewiesen, wobei immer wieder die Schlagwörter Sektorkopplung, Sektorenkopplung oder Integrated Energy genannt werden. Damit wird die gemeinsame Betrachtung und Vernetzung aller Sektoren der Energiewirtschaft sowie der Industrie verstanden, die gekoppelt, also in einem ganzheitlichen Ansatz optimiert werden sollen.
Ausgehend von diesem Ansatz fand am 20. März 2018 auf Einladung des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) die Veranstaltung „Highlights-der Energieforschung 2018″ zum Thema Systemintegration und Sektorkopplung statt. 130 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung des bmvit in das Plus-Energie-Hochhaus der TU Wien am Getreidemarkt, darunter zahlreiche Mitglieder der Internationalen Energieagentur (englisch International Energy Agency: IEA), die im Anschluss an die Tagung für ein weiteres Meeting zusammenkamen.
In ihrer Begrüßung strich Sabine Mitter (bmvit) gleich zu Beginn die Weiterentwicklung von Einzelkomponenten und Technologien sowie die Gesamtintegration als zwei wesentliche Bausteine des Gelingens der Sektorkopplung heraus:
„Eine Verknüpfung der Sektoren Industrie, Gebäude, Mobilität und Netze mit den vorwiegend erneuerbaren Energieträgern und Umwandlungstechnologien unter voller Ausnutzung des Speicherpotentials wird das zukünftige Energiesystem auszeichnen. Dafür notwendig sind die Weiterentwicklung der Einzelkomponenten und Technologien genauso wie deren intelligente Gesamtintegration.“
Herkömmlich werden die Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung, Verkehr, Industrie und Kälte weitgehend unabhängig voneinander betrachtet. Sektorgekoppelte Energiesysteme werden dagegen als Hybridnetze, komplett integrierte Systeme als Smart Energy Systems bezeichnet.
Carrie Pottinger, Programmmanagerin Technology R&D Networks der IEA, stellte danach den IEA Bericht „Digitalisation and Energy“ vor, in dem die Relevanz der zunehmenden Digitalisierung für die unterschiedlichen Bereiche des Energiesystems anschaulich verdeutlicht wird:
„Digitalisierung macht die weltweiten Energiesysteme intelligenter, effizienter, zuverlässiger und nachhaltiger. Digitalisierung wird zu weitreichenden Energie-Effizienzsteigerungen und Energieeinsparmöglichkeiten u.a. im Energiesektor, im Gebäudesektor sowie beim Verkehr führen. In einigen Bereichen werden diese positiven Auswirkungen durch Rebound-Effekte relativiert.“
Gudrun Maass, Vorsitzende der IEA Energy End-Use Working Party, gab einen kurzen Überblick über deren Ziele und Aufgaben, Elvira Lutter aus dem Programm-Management des Klima- und Energiefonds, stellte die Energieforschungs- und Innovationsstrategie sowie das neue Programm „Vorzeigeregionen Energie“ im Spannungsfeld Systemintegration vor.
Ausgewählte Projekte
In theamtischen Blöcken wurden nationale und IEA-Forschungsprojekte sowie Projekte aus den Programmen „Stadt der Zukunft“ des bmvit und dem „Energieforschungsprogramm“ des Klima- und Energiefonds aus den Bereichen Energiesysteme und Netze, Industrie, Transport und Mobilität sowie Gebäude und Stadt vorgestellt, die sich mit der Verknüpfung der verschiedenen Sektoren des Energiesystems befassen.
Sektor Energiesysteme und Netze
- Christoph Brunner (AEE Intec) gab einen Überblick über das Projekt AR-HES-B, das sich Technologien und Potenzial zur Energieerzeugung und Energiespeicherung aus Abwasser widmet.
- Ralf Roman Schmidt (AIT) stellte den IEA DHC Annex TS3 zu Fernwärme und Fernkältenetzen in einem integrierten Energiesystem vor, der bis 2022 Fragen zu Kopplungsmöglichkeiten und Speichertechnologien in hybriden Netzwerken nachgehen wird.
- Im Projekt Open heat grids wurde unter anderem eine „Heat Merit Order“ entwickelt und von Simon Moser (Energieinstitut der Johannes Keppler Universität Linz) im Rahmen seines Vortrags präsentiert.
Sektor Industrie
- Stefan Bauer von der RAG Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft gab einen Überblick über das Projekt Underground Sun Conversion. Mittels der „Power to Gas“ Technologie werden Überschüsse aus Wind- und Sonnenstrom per Wasserelektrolyse in Wasserstoff und in einem zweiten Schritt unter Zugabe von CO2 und mittels Mikroorganismen in Methan umgewandelt. Die Gaslagerstätte dient als saisonaler Energiespeicher des erneuerbaren Gases.
- Rene Hofmann (AIT) stellte den IEA-IETS Annex 15 zu Industrieller Abwärme vor, der nationale und internationale Forschungsprojekte nach Technologien zur Abwärmenutzung und deren Potenzialen screent, sammelt und aufbereitet.
- Das große europäische Forschungsprojekt H2Future widmet sich sowohl der Speicherung von erneu-erbarem Strom in Form von Wasserstoff als auch den Potenzialen des Einsatzes von Wasserstoff in der Industrie. Rudolf Zauner (Verbund AG) gab einen Überblick über den Stand der Entwicklungen.