Kategorie Klima- & Umweltschutz - 6. Mai 2020
»Zurück zur Natur« dient auch dem Hochwasserschutz
Österreich ist eines der wasserreichsten Länder Europas. Die wertvolle Ressource ist nicht nur Lebensmittel Nummer eins, sondern wird auch zur Energieerzeugung genutzt und ist für Tourismus, Freizeitgestaltung und Erholung von großer Bedeutung. Wasser ist aber nicht nur Lebenselixier – es kann auch großen Schaden anrichten. In Form von Starkregen und Hochwasser geht von ihm eine Gefahr für Mensch und Eigentum aus.
Hochwasser ist nach Stürmen die weltweit zweithäufigste Naturgefahr. Allein in Österreich haben Hochwässer in den Jahren 2002–2014 zu zwölf Todesfällen und einem Schaden von rund fünf Milliarden Euro geführt. Der Klimawandel verstärkt die Gefahr durch häufigere lokale Starkregenereignisse und das Abschmelzen der Gletscher. In Österreich ist man sich dessen bewusst und investiert schon seit Jahrzehnten in Hochwasserschutz.
Anfangs setzte man bei der Abwehr von Hochwasser in erster Linie auf technische Maßnahmen, wie die Regulierung von Flüssen oder die Errichtung von Dämmen und Mauern zum Hochwasserschutz. Heute sind bereits über 95 Prozent der Gewässerlängen in den 416 ausgewiesenen Risikogebieten weitestgehend vor Hochwasser geschützt. Sei es durch technisch-bauliche Maßnahmen, bauliche Vorsorge oder natürlichen Rückhalt.
In den letzten 20 Jahren hat sich der Blick auf den Umgang mit Hochwasser stetig erweitert. Zum Schutz der Gewässer und vor den Gewässern setzt man heute auf integriertes Hochwasserrisikomanagement. Dieser Ansatz umfasst auch nicht-bauliche Maßnahmen wie die Freihaltung von Überflutungsflächen, Schaffung und Erhalt von Retentionsflächen, Planungsmaßnahmen, Hochwasservorhersage, Frühwarnsysteme und Verhaltensvorsorge.
Projekt Spittelauer Arm
Auch im Rahmen des Projekts Dynamic LIFE Lines Danube wird dieser ganzheitliche Ansatz verfolgt. Die viadonau sorgt am vier Kilometer langen Spittelauer Arm in Sichtweite der Stadt Hainburg dafür, dass ein Nebenarmsystem wieder mit der Donau vernetzt wird und schafft damit neuen alten Lebensraum für die Natur.
Die Nebenarme in diesem Bereich wurden im Zuge der Großen Donauregulierung im 19. Jahrhundert von der Donau abgetrennt. Seit damals ging durch einen langsamen aber stetigen Verlandungsprozess wertvoller Lebensraum verloren und die Donau hatte nicht mehr genügend Kraft, die Flusslandschaft zu gestalten.
Nun soll das Gewässer wieder nahezu ganzjährig mit der Donau verbunden und durchströmt sein. Davon profitieren wird neben der Renaturierung vor allem auch der Hochwasserschutz – der im aktuellen Proejekt sogar gleich in doppelter Hinsicht, denn die parallel laufende Sanierung des Marchfeldschutzdamms schafft unmittelbare Synergieeffekte in Form einer Wiederverwertung von Wasserbausteinen.
Ein Teil der im Altarm gewonnenen Wasserbausteine kann im nu 10 Kilometer entfernten Dammbaulos Überströmstrecke Stopfenreuth wieder eingebaut werden. Neben der unmittelbaren Kostenersparnis von entfallenden Entsorgungs- bzw. Neubeschaffungskosten von Wasserbausteinen, können zusätzlich auch Schadstoffemissionen in Folge der sehr kurzen Transportwege reduziert werden.
Die Renaturierung über die Jugendstadien einer dynamischen Aulandschaft kommt auch der Fischpopulation zugute. Durch die Anbindung entsteht eine große Insel, die den tierischen Aubewohnern als Rückzugsgebiet dienen wird.
Anlässlich des Baustarts hob Magnus Brunner, Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), den integrativen Ansatz hervor. Die Donau sei Verkehrsader und Lebensader zugleich. Genau deshalb gingen Verbesserungen für Ökologie, Schifffahrt und Hochwasserschutz immer Hand in Hand. Durch die nun angelaufene Anbindung des Spittelauer Arms werde ein wesentlicher Meilenstein für die Verbesserung des Lebensraums umgesetzt. Darüber hinaus bekomme der Fluss durch derartige Renaturierungen mehr Platz und das habe auch positive Auswirkungen auf den Hochwasserschutz.
An Niederösterreichs Gewässern wurden bereits zahlreiche Renaturierungsprojekte mit Unterstützung des LIFE Förderprogramms der EU umgesetzt. Dass die erfolgreiche Arbeit nun im Rahmen eines so großen Vorhabens fortgesetzt werden kann, zeigt welche Bedeutung die Naturschutzgebiete in Niederösterreich für den Schutz bedrohter Arten in Europa haben. Die beiden Nebenarmsysteme gegenüber Hainburg am Nordufer sowie zwischen Haslau und Regelsbrunn am Südufer werden künftig hochwertige Lebensräume bieten.
Über die Revitalisierungsmaßnahmen des LIFE-Projekts werden allein innerhalb des Nationalparks Donau-Auen Nebenarme auf einer Länge von etwa 14 Kilometern an die Donau angebunden. Zusätzlich ist der Rückbau von rund vier Kilometern Uferverbauung vorgesehen. Diese Maßnahmen würden der Donau wieder mehr gestalterische Kraft verleihen, so Nationalparkdirektorin Edith Klauser, wovon viele auentypische Arten profitierten – von bedrohten Fischarten wie dem Frauennerfling oder dem Streber bis hin zum Seeadler, der erfolgreich im Umfeld des Spittelauer Nebenarms brütet.
Die Baumaßnahmen werden natürlich auch unter größter Rücksicht auf die Schutzgüter des Nationalparks umgesetzt. Insbesondere wurde ein flexibles Baukonzept zum Schutz der im Nahbereich nistenden Seeadler entwickelt und die ökologische Bauaufsicht erfolgt durch Nationalparkmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.