Kategorie Innovation & Technologie - 23. August 2018

Gott der Winde: erfolgreicher Start des Beobachtungssatelliten Aeolus

Nach 24-stündiger Verzögerung war es gestern Abend soweit: Der Erdbeobachtungssatellit Aeolus ist vom Weltraumbahnhof Kourou ins All gestartet. Eine Vega-Rakete brachte den rund 1,4 Tonnen schweren Satelliten der Europäischen Raumfahrtagentur ESA am Mittwochabend gegen 23.20 Uhr von Französisch-Guayana in Südamerika aus ins All.

Etwa eine Stunde später sendete die Sonde ihr erstes Signal zur Erde, wie der Leiter des ESA-Missionsbetriebs im Raumflugkontrollzentrum ESOC, Paolo Ferri, in Darmstadt bestätigte. „Es herrscht große Erleichterung“, sagte Ferri der Deutschen Presse-Agentur.

 

In den letzten Sekunden vor Empfang des Signals sei die Stimmung noch sehr angespannt gewesen, niemand im Kontrollraum habe ein Wort gesagt. „Diese Sekunden waren unendlich lang“, so Ferri. Doch letztlich sei der Satellit dem Anschein nach intakt geblieben. Ironischerweise sorgte störender Wind am Weltraumbahnhof für die Verzögerung des Starts.

Gott der Winde

Der nach dem Gott der Winde benannte Satellit wird nach Einschätzung von Fachleuten die Wettervorhersage voranbringen, in dem er mit Hilfe komplizierter Lasertechnik ganz neue Windprofile liefert. Aeolus soll mit Hilfe des Messgeräts Aladin erstmals die Windgeschwindigkeit rund um den Globus von 30 Kilometern Höhe bis zum Boden und über dicken Wolken messen.

 

Mittels Wetterballonen, Bojen, Schiffen, Flugzeugen und Satelliten werden schon jetzt zahlreiche Daten über Winde erfasst. Doch auf der Südhalbkugel, über den Ozeanen, den Tropen und oberhalb von zehn Kilometern Höhe ist die Datenlage dünn. Aeolus soll erstmals die Windgeschwindigkeit rund um den Globus aus 30 Kilometern Höhe bis zum Boden, auch über dichten Wolken messen. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der detaillierten vertikalen Analyse von Windrichtung und -stärke, heißt es seitens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien.

Die Wissenschafter der ZAMG bereiten sich auf die Nutzung der Satelliten-Daten für Forschungszwecke und den Einsatz in Prognosemodellen vor. Die Daten würden unter anderem in die Computermodelle zur Wettervorhersage eingehen und die Qualität der Prognosen weiter steigern, hieß es gegenüber der APA.

Verbesserte Modelle der Winddynamik

Anne Grete Straume, Missionswissenschafterin von Aeolus bei der ESA, erwartet, dass die Messungen des Satelliten die Modelle der Winddynamik der Erdatmosphäre deutlich voranbringen. Voraussichtlich innerhalb des ersten Jahres nach dem Start von „Aeolus“ werden europäische Wetterdienste die Daten in ihren Vorhersage-Modellen berücksichtigen können, wie Straume sagte. Die Fachwelt erwarte, dass vor allem die Fünf-bis-Sieben-Tage-Vorhersage damit „signifikant besser“ werde.


Rund 15 Jahre hat die Vorbereitung der „technisch höchst komplizierten und anspruchsvollen wissenschaftlichen Mission“ gedauert, heißt es bei der ESA. Der mehr als 300 Millionen Euro teure Satellit sei „extrem fragil“, die Technik hoch kompliziert und sehr empfindlich. Die Mission wird vom ESA-Raumflugkontrollzentraum ESOC in Darmstadt gesteuert und überwacht.

Die österreichische Weltraumfirma Ruag Space hat erneut die Schnittstellenelektronik für den Zentralcomputer des Satelliten entwickelt und gebaut. Zudem liefert sie auch für diese Mission die Thermalisolation für den Satelliten. Von Siemens Convergence Creators kam eine Reihe von Testgeräten für den Satelliten.

Der Gott der Winde wird die Erde in einer Höhe von nur 320 Kilometern umkreisen. Weil der Luftwiderstand die Sonde in dieser Höhe bremst, sind permanente Korrekturen der Flugbahn notwendig, was die Lebenszeit von „Aeolus“ begrenzt. Nach vier Jahren im All werde der Treibstoff voraussichtlich aufgebraucht sein und der Satellit in der Erdatmosphäre verglühen.

Weiterführende Links:

30 Jahre ESA-Austria: Zahlen, Daten & Fakten

Österreich, die Weltraumnation: 30 Jahre ESA-Mitgliedschaft

ESA-Direktor Aschbacher: „Erdbeobachtung rettet Menschenleben“

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.