Kategorie Klima- & Umweltschutz - 11. September 2024

Erste Zwischenbilanz: Wie der Biodiversitätsfonds für mehr Natur & Artenvielfalt sorgt

Erfolgreiche Halbzeit mit 155 Naturschutzprojekten & über 1.000 Hektar renaturierter Naturschätze – via biodiversitätsfonds.at ist Naturschützen weiterhin mit bis zu 100 Prozent der Kosten förderbar

2022 wurde die österreichische Biodiversitätsstrategie 2030+ beschlossen, die anstrebt, den Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten und eine positive Entwicklung der österreichischen Flora und Fauna einzuleiten. Das wichtigste Instrument zur Umsetzung des Ganzen: der Biodiversitätsfonds, der getrost als ein Meilenstein in der Geschichte der österreichischen Umweltpolitik betrachtet werden kann.

Der Biodiversitätsfonds des Klimaschutzministeriums (BMK) ist dabei gleichzeitig ein effektives Werkzeug im Kampf gegen Klima- und Biodiversitätskrise. Das zeigt auch eindrucksvoll die Zwischenbilanz zur Halbzeit des Förderprogramms. So können dank des Fonds schon jetzt 155 Projekte im Ausmaß von 44 Millionen Euro unterstützt werden, die sich mit ganz verschiedenen Aspekten der Förderung der Biodiversität befassen: Es geht um Schutz, um Wiederherstellung und das Monitoring der Natur. Bis 2026 stehen insgesamt 80 Millionen Euro zur Verfügung. Noch nie zuvor wurden in Österreich so viele Mittel für Initiativen zur Unterstützung der biologischen Vielfalt mobilisiert.

Warum das ganz so wichtig ist, zeigen die ständigen Bedrohungen für die heimischen Arten und Lebensräue. Dazu gehören ein in Österreich verhältnismäßig großer Flächenverbrauch, eine nach wie vor intensive Landnutzung und eine fortschreitende Klimakrise, die unserer Natur immer mehr zusetzen und auch für eine Anzahl gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind.

Österreich zählt zu den artenreichsten Ländern Mitteleuropas. Rund 68.000 Arten, davon ca. 45.000 Tierarten und ca. 2.900 Farn- und Blütenpflanzen kommen in Österreich vor. Die größte Gruppe machen Insekten mit rund 40.000 Arten aus. Fast 600 Tierarten und ca. 150 Pflanzenarten kommen nur in Österreich vor. Diese Vielfalt ist auf die Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen zurückzuführen.


Der Erhaltungszustand der EU-Schutzgüter zeigt in Österreich wie in der gesamten EU kein befriedigendes Bild. Nur 18 % der Lebensraumtypen und 14 % der Arten sind in einem günstigen Erhaltungszustand. Von den 270 österreichischen Vogelarten weisen 35% einen stabilen, 28 % einen zunehmenden und 25 % einen negativen Populationstrend auf.

Der Anteil der bedrohten Arten ist bei Reptilien und Amphibien mit fast 100 % besonders hoch, bei den restlichen Wirbeltiergruppen liegt er zwischen 45 % und 65 %. Bei den wirbellosen Tieren wie den Insekten sind zwischen 38 und 100 % der Arten bedroht. Von den 488 Biotoptypen in Österreich sind 246 gefährdet und stark gefährdet. Der Gefährdungsgrad ist bei Grünland (90 %), Mooren, Sümpfen und Quellfluren (83 %) sowie Gewässern (76 %) am höchsten.

Mit mehr als 60 Projekten ist der Großteil der Projekte der Wiederherstellung von Lebensräumen gewidmet. Mit 46 Projekten erfassen mehr als ein Drittel der Projekte den Zustand und die Trends in der Biodiversitätsentwicklung Österreichs.

„Ob Wildbienen, Schmetterlinge, Seeadler, Moore, Streuobstwiesen oder Trittsteinbiotope in der Kulturlandschaft – all diese wunderbaren Arten und Lebensräume machen unser schönes Land so wertvoll und bunt. Ihr Erhalt und Schutz ist von immenser Bedeutung. Der Biodiversitätsfonds macht genau das: Naturschätze schützen und unseren seltenen Tier- und Pflanzenarten wieder intakte Lebensräume zurückgeben“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Der Fonds zeige aber auch: jede und jeder Einzelne kann einen wertvollen Beitrag zu mehr Artenvielfalt leisten. „Um das so einfach wie möglich zu machen, fördern wir bis zu 100 Prozent der Kosten. Ein großes Dankeschön gilt all den tatkräftigen Naturschützerinnen. Sie sind es, die für die so wichtige Renaturierung und damit eine besser geschützte Natur sorgen, die auch künftigen Generationen erhalten bleibt.“

 

Bemerkenswert dabei: Die Projekte des Biodiversitätsfonds haben oft einen zusätzlichen Mehrwert und führen zu Ergebnissen, die über die festgelegten Ziele hinausgehen. Das untermauert etwa das Projekt zur Anlage von Biodiversitätshecken im Gemeindegebiet Völs (Tirol). Dort wird gezeigt, wie wichtig Hecken für Wildbienen und andere Insektenarten sind. Außerdem sind sie wichtige Elemente der Kulturlandschaft und eine geeignete Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft. Bei diesem Projekt wird auch auf die Einbindung der Bevölkerung großer Wert gelegt womit ein wichtiger Beitrag zur Bewußtseinsbildung und Information geleistet wird.

Wo wir beim nächsten Stichwort wären: Bewusstseinsbildung, die rund um die Tätigkeiten des Fonds in der Tat ein wichtiges ist. Nicht zuletzt durch die direkte Teilnahme von vielen Bäuerinnen, von Nachbarinnen und Anrainerinnen an den verschiedenen Aktivitäten wird Bewusstsein im Umfeld der Projekte geschärft. Viele dieser Projekte haben zudem dazu beigetragen, mehrere hundert Expertinnen und Wissenschaftlerinnen zu mobilisieren, die ihr Wissen zum Schutz der biologischen Vielfalt einsetzen und ebenfalls dabei helfen, vor Ort mehr Bewusstsein für Belange der Artenvielfalt oder der Rentaurierung zu entwickeln.

Die vielen Projekte, die direkt oder indirekt der Renaturierung gewidmet sind, konnten bereits mehr als 1.000 Hektar durch Wiederherstellungsmaßnahmen der Natur wiedergeben, unter anderem dirch Vernässung bei Mooren, Entbuschung bei Trockenrassen oder Wiederbeweidung. 14 Projekte des Fonds konzentrieren sich konkret auf die Wiederherstellung von Mooren. Moore sind extrem starke CO2-Speicher und daher wichtige Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise. Sie gehören jedoch zu den am stärksten durch den Klimawandel bedrohten Lebensräumen. Diese vom Wasser abhängigen Ökosysteme haben unter den Folgen von Landnutzungsänderungen in der Vergangenheit gelitten und stehen nun vor der Herausforderung steigender Temperaturen und Trockenheit.

Ein Team der Universität Wien erhebt derzeit umfangreiche Daten, um die aktuelle Situation der Moore abzubilden. Auf Grundlage dieser Studie soll dabei auch die Resilienz dieser Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel evaluiert werden. Schließlich soll dieses Projekt auch die Auswahl von Mooren ermöglichen, die für eine Wiederherstellung geeignet sind. Im vergangenen Jahr wurden dazu 1.240 Vegetationsaufnahmen in 200 Mooren erhoben. Erste Ergebnisse deuten bereits darauf hin, dass in diesen Ökosystemen Veränderungen stattgefunden haben, die auf steigende Temperaturen und eine höhere Nährstoffkonzentration zurückzuführen sind. Diese Veränderungen haben einerseits zum Verschwinden einiger Arten, die für Moore charakteristisch sind geführt, andererseits sind Moor-fremde Arten hinzugekommen. Eine genauere Analyse der Veränderungen findet gerade statt.

In 46 Projekten des Fonds erfolgt ein Monitoring unterschiedlicher Natur und Arten. Dabei werden Zustand und die Trends in der Entwicklung der Biodiversität in Österreich erfasst. Dabei geht es um das Monitoring von Insekten, Wildbienen, Pilzen, Amphibien oder auch Fische und Obstsorten.

Ein Projekt befasst sich etwa mit den Ökosystemen der Binnengewässer und der Entwicklung von Populationen invasiver Arten in Flüssen. Obwohl Binnengewässer sich eigentlich durch eine hohe Artenvielfalt auszeichnen, sind sie stark bedroht, zum Beispiel durch Flussregulierungen oder Änderungen in der Landnutzung in der Umgebung. Zusätzlich haben invasive Arten sehr negative Auswirkungen auf die heimischen Pflanzen-und Tierpopulationen. Um das Vorhandensein von invasiven Krebs- und Fischarten in 24 Gewässerschutzgebieten zu untersuchen, werden im Rahmen eines Projekts Otterlosungen sowie Fraßspuren von Ottern in Krebsresten gesammelt und analysiert. Darüber hinaus wird das Vorkommen von vier invasiven Säugetierarten (z.B. Waschbär und Bisamratte) anhand ihrer Spuren und Losungen untersucht.

Naturschutz steht im Fonds ebenfalls ganz oben auf der Agenda des Fonds. Dabei haben Forschende auch die Interaktionen zwischen den verschiedenen Arten in der Natur im Blick, um dort verborgene Netzwerke von großer Komplexität erkennbar zu machen. Ein Projekt zum Schutz von Dungkäfern in Ostösterreich (in NÖ und im Norden Burgendlands) trägt dieser Komplexität Rechnung. Dungkäfer spielen eine wichtige Rolle in beweideten Ökosystemen. Durch ihre Aktivitäten tragen sie zur Hummusbildung, Belüftung und Lockerung des Bodens und zum Abbau des organischen Materials bei. Damit stehen Nährstoffe den Pflanzen wieder zur Verfügung.

Darüber hinaus sind Dungkäfer aber auch Beute für Vögel, Fledermäuse, Kleinsäuger, Amphibien und Reptilien. Der Schutz dieser Käfer trägt daher zur Aufrechterhaltung komplexer Nahrungsketten bei. In Zusammenarbeit mit mehreren landwirtschaftlichen Betrieben strebt das Projekt Ausgerollt die Einführung von Maßnahmen in der Weidehaltung an, die den Dungkäfern zugute kommen. Zurzeit arbeiten 14 Unternehmen am Projekt mit. Zehn weitere haben bereits Interesse an einer Teilnahme gezeigt. Derzeit umfasst die Projektfläche 1010 Hektar, worauf insgesamt bisher 37 Arten nachgewiesen werden konnten. Bemerkenswert ist das Vorkommen einer in Österreich äußerst seltenen Käferart in einer teilnehmenden Landwirtschaft. Es handelt sich um die an Trockenheit angepasste Art Onthophagus gibbulus, die bereits in der roten Liste von 1994 als „gefährdet“ eingestuft wurde.

Im Biodiversitätsfonds konnten auch schon mehr als 30 Jugendprojekte gemeinsam mit der Stiftung „Blühendes Österreich“ umgesetzt werden, in denen junge Menschen mit enormen persönlichen Einsatz und Engagement sich für den Erhalt von Wiesenvögeln, Fledermäusen und Co. einsetzen. Wissen um die Biodiversität ist Voraussetzung für wirksames Handeln. Deshalb widmen sich mehr als 30 Projekte das Wissen zur Biodiversität zu verbessern und wichtige wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen.

Der Biodiversitätsfonds unterstützt Projekte von privaten Personen, Organisationen, Betrieben, Kommunen sowie von anderen juristischen Personen mit bis zu 100 Prozent der förderungsfähigen Kosten. Förderanträge können jederzeit unter biodiversitätsfonds.at gestellt werden.

Das sind die weiteren Schritte für die Umsetzung des Renaturierungsgesetzes