Kategorie Mobilität - 19. September 2023
20 Jahre Section Control: Erfolgsrezept für mehr Verkehrssicherheit
20 Jahre ist es nun schon her, dass auf Österreichs Autobahnen die erste stationäre Section-Control-Anlage installiert wurde. Im September 2003 bekam der Kaisermühlentunnel in Wien auf der A 22 Donauuferautobahn die erste derartige Anlage verpasst. Seitdem sind die Unfälle in Relation zur Verkehrsmenge in Wiens längstem Autobahntunnel um 50 Prozent zurückgegangen. Und: Es gab dort keinen tödlichen Unfall mehr.
Der Tunnel Kaisermühlen ist mit durchschnittlich 120.000 Fahrzeugen täglich und einem Lkw-Anteil von rund elf Prozent der am stärksten befahrene Autobahntunnel Österreichs. Ein durchaus kritischer Straßenabschnitt, der auch immer wieder von schweren Unfällen betroffen war. Die Section Control überwacht dort die festgesetzten Geschwindigkeitsbeschränkungen, indem sie nicht die Geschwindigkeit an einem bestimmten Punkt misst, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit über eine längere Strecke.
In den vergangenen Jahren sind weitere fünf fixe Anlagen auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen dazugekommen. Alle mit der gleichen Zielsetzung: die Anzahl der Unfälle mit Personenschäden zu senken. Dieses Hauptziel wurde in allen diesen Abschnitten erreicht.
Das belegen auch die Zahlen aus dem Kaisermühlentunnel, wo bereits im ersten Jahr nach dem Section-Control-Einsatz die Unfälle um die Hälfte zurückgegangen sind und seit Inbetriebnahme der Anlage dort außerdem kein tödlicher Unfall mehr passiert ist.
Ebenfalls bestens bewährt haben sich mobile Section Control Anlagen. Diese kommen in Baustellenbereichen zum Einsatz und auch dort sprechen die sinkendenden Unfallzahlen für sich: Die Zahl der Unfälle reduzierte sich im Vergleich um fast die Hälfte. Insgesamt konnten die Unfallzahlen bei Baustellen am hochrangigen Straßennetz in Kombination mit weiteren verkehrssichernden Maßnahmen kontinuierlich von sechs auf unter drei Prozent aller Unfälle auf dem ASFINAG-Netz gesenkt werden.
Das Ziel der Einrichtung stationärer und mobiler Section Control Abschnitte: Harmonisierung des Verkehrs und damit eine deutlich höhere Verkehrssicherheit. Die Praxis zeigt, dass die Zielsetzung erfolgreich ist, da sich die durchschnittliche Geschwindigkeit um sieben Kilometer pro Stunde verringert.
„Die Section Control sorgt seit zwanzig Jahren für mehr Verkehrssicherheit in Österreich“, so Klimaschutz- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler. „Wir alle wollen sicher und unfallfrei ans Ziel kommen. Dafür ist es wichtig, dass sich alle an unsere gemeinsamen Regeln halten.“ Hier leiste die Section Control auf Autobahnabschnitten mit hoher Unfallgefahr einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle. „Das System funktioniert gut und verlässlich – und bietet den Ländern gerade bei der Kontrolle von Lkw auch noch Potential für die Zukunft“, so Gewessler.
Mit dem Einsatz von Anlagen zur Kontrolle der zulässigen Geschwindigkeiten – ob Section Control oder Radar – verfolgt die ASFINAG ein zentrales Ziel: die Verkehrssicherheit auf Autobahnen und Schnellstraßen zu erhalten und zu erhöhen. Während Radaranlagen eine punktuelle Geschwindigkeitsmessung vornehmen, wird mit Section Control eine Gleichmäßigkeit des Verkehrs erreicht, da über einen gewissen Streckenabschnitt eine sogenannte Tempomoral eintritt. Diese Art des Tempochecks verringert auch die Anzahl der raschen Spurwechsel, die bei hohen Geschwindigkeiten ein hohes Unfallpotenzial bergen. In Österreich gibt es aktuell 127 Radar-Messstellen und sechs streckenbezogene stationäre Section Control Anlagen. Darüber hinaus verfügt die ASFINAG über 20 mobile Section Control Anlagen (eine Anlage überwacht eine Fahrtrichtung).
„Die Einführung von Section Control war für die Verkehrssicherheit ein Meilenstein“, erklärt ASFINAG-Vorstand Hartwig Hufnagl. „Dort, wo sie eingesetzt wird, läuft der Verkehr ruhiger und harmonischer. Gefährliche Auffahr- und Spurwechselmanöver verringern sich. Das bringt nachweisbar mehr Verkehrssicherheit.“ Mithilfe von Section Control könne man die Zahl von Unfällen in Baustellenbereichen am ASFINAG-Netz halbieren. „Wir setzen dort auf Section Control, wo herkömmliche Maßnahmen zur Temporeduktion keinen Erfolg erzielen.“
Tempodämpfung als Ziel
Insgesamt sechs stationäre Anlagen sind derzeit auf den mehr als 2.200 Autobahnkilometern montiert – sowohl in Tunnel als auch im Freiland. Die ASFINAG setzt dann auf die stationäre streckenbezogene Geschwindigkeitskontrolle, wenn immer wieder schwere Unfälle passieren, weil die gefahrenen Geschwindigkeiten trotz ausreichender Beschilderung weit überhöht sind und es infolgedessen zu schweren Unfällen oder vielfach sehr gefährlichen Situationen kommt. Die Kosten pro Anlagen liegen bei rund einer Millionen Euro. Über eine Messstreckenlänge ab zwei Kilometern kann jede Anlage mehrere Fahrspuren erfassen und bei der Messung zwischen Pkw, Lkw und Bussen unterscheiden.
20 Jahre Section Control heißt 20 Jahre erhöhte Verkehrssicherheit! Wir alle wollen unfallfrei ans Ziel kommen, dafür leistet die Section Control der @ASFINAG einen wichtigen Beitrag. (1/3) pic.twitter.com/O3AMdR35Gz
— Leonore Gewessler (@lgewessler) September 19, 2023
Für Christian Schimanofsky, Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit liegen die Vorteile der Section Control klar auf der Hand: „Österreich ist ein Land der Schnellfahrer und die Section Control ist ein probates Mittel, um die Einstellung zum Schnellfahren zu ändern.“ Das Ziel heiße Tempodämpfung – vor allem eine“ Reduktion der starken Tempoüberschreitungen“, und eine allgemeine „Harmonisierung“ des Geschwindigkeitsniveaus. „Beides sorgt sowohl für eine Eindämmung von schweren Unfällen als auch zur Senkung von Unfallkosten“, so Schimanofsky. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Section Control sei damit weitaus höher als die Kosten ihrer Installation und ihres laufenden Betriebs.
Wenn es diese Anlagen nicht geben würde, würde es 280 Unfälle mit Personenschaden, 460 verunglückte Personen, mehr als 110 Schwerverletzte und fast 25 Tote mehr pro Jahr geben, rechnete das KFV anslässlich des Section-Control-Jubiläums vor.
Aktuelle stationäre Section Control Abschnitte:
- 2003: Tunnel Kaisermühlen A 22 Donauuferautobahn
Die Tempokontrolle erfolgt in beiden Tunnelröhren auf einer Länge von mehr als zwei Kilometern.
- 2005: Wechselabschnitt Krumbach-Grimmenstein A 2 Südautobahn
Die Tempokontrolle erfolgt nur in Fahrtrichtung Wien auf einer Länge von rund sieben Kilometern.
- 2009: Ehrentalerbergtunnel A 2 Südautobahn
Die Tempokontrolle erfolgt auf beiden Richtungsfahrbahnen auf einer Länge von mehr als drei Kilometern.
- 2011: Plabutschtunnel A 9 Pyhrnautobahn
Die Tempokontrolle erfolgt auf beiden Richtungsfahrbahnen auf einer Länge von zehn Kilometern.
- 2014: Tunnelkette Bindermichl/Niedernhart A 7 Mühlkreisautobahn
Die Tempokontrolle erfolgt auf beiden Richtungsfahrbahnen auf einer Länge von rund zwei Kilometern.
- 2018: Arlbergtunnel S 16 Arlberg Schnellstraße
Die Tempokontrolle erfolgt für beide Richtungen auf einer Länge von rund 14 Kilometern. Diese Section Control wurde in erster Linie in Betrieb genommen, um hoch gefährliche Überholmanöver im einröhrigen Tunnel einzudämmen. Vor allem in den Nachtstunden mit wenig Verkehr gab es vor der Section Control bis zu 20 Überholmanöver.
So funktioniert die „Mobile Section Control“
Flexibel aufstellbare Anlagen setzt die ASFINAG vorwiegend in Baustellenbereichen ein. Vor allem Ein- und Ausfahrtsbereiche sind potenzielle Unfallstellen. Niveauunterschiede, die zu Neigungen der Fahrbahn führen sowie verschwenkte und engere Fahrspuren werden oftmals unterschätzt, die Folge sind Unfälle an neuralgischen Punkten. Die Kombination aus Geschwindigkeitstrichter – das stufenweise Senken der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Baustellengeschwindigkeit – und mobilen Section Control Anlagen hat bei Baustellen eine nachweislich positive Wirkung. Messungen zeigen beispielsweise, dass das Tempo in Baustelleneinfahrten mit Section Control Überwachung um sieben Kilometer pro Stunde unter jener ohne Kontrolle liegt.
Die ASFINAG selbst hat derzeit 20 mobile Anlagen zur Tempoüberwachung bei Baustellen im Einsatz. Eine Baustellenanlage überwacht eine Fahrtrichtung. Die Anschaffungskosten für eine mobile Anlage liegen aktuell bei rund 200.000 Euro. Auch die mobilen Geräte können über mehrere Fahrspuren (maximale Fahrbahnbreite von zehn Metern) bei der Messung nach Bus, Pkw und Lkw unterscheiden.
Wie und wo eine mobile Section Control eingesetzt wird, ist abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten wie Verkehrsdichte, Lkw-Anteil und Streckenführung (kurvenreich, Anschlussstellen im Tunnel usw.). Im Vorfeld von Sanierungen werden durch die Expertinnen und Experten der ASFINAG umfassende Prüfungen jeder einzelnen Baustelle durchgeführt. Bevor es zur Installation kommt, wird ein verkehrssicherheitstechnisches Gutachten in Auftrag gegeben. Danach stellt die ASFINAG den Antrag an die zuständigen Behörden – Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Länder oder Bezirkshauptmannschaften. Mit der entsprechenden Verordnung des BMK und dem Überwachungsauftrag an die Polizei durch das Land oder die Bezirkshauptmannschaft, erfolgt nach der Eichung des Gerätes die Inbetriebnahme.
Gemessen wird mit stationären und mobilen Geräten jedoch nicht nur auf der Hauptfahrbahn. Mit sogenannten Multi-Section Controls werden Auf- und Abfahrten bei der Tempokontrolle miteinbezogen. Als Beispiel: stationäre mobile Anlage auf der A 23 bei der kürzlich fertiggestellten Generalerneuerung der Hochstraße St. Marx.
Fährt ein Fahrzeug in einen mit Section Control überwachten Abschnitt ein, wird es samt Kennzeichen und Durchfahrtszeitpunkt aufgenommen und mit einem Zeitstempel versehen. Bei der Ausfahrt wird das Fahrzeug erneut inklusive Zeitstempel aufgezeichnet. Nach dem Vergleich der Zeitstempel – Einfahrt / Ausfahrt – und unter Berücksichtigung der geeichten zurückgelegten Wegstrecke, wird die Durchfahrtsgeschwindigkeit ermittelt. Überschreitungen speichert und ahndet ausschließlich die Polizei.
Ist keine Überschreitung gegeben, werden die Daten sofort gelöscht. Die Section Control ist in der Lage zwischen ein- und mehrspurigen Fahrzeugen sowie zwischen verschiedenen Fahrzeugklassen (Pkw, Lkw und Bus) zu unterscheiden.
Zugriff auf die Daten aus der Section Control Überwachung hat ausschließlich die Polizei. Nur sie verhängt Strafen bei Übertretungen. Die jeweils zuständige Landesverkehrsbehörde erstattet die notwendigen Datenschutzmeldungen. Die aufgezeichnete Übertretung – und nur diese – wird gespeichert, von der Polizei ausgewertet und an die Bezirkshauptmannschaft beziehungsweise an das Magistrat zur Strafverfolgung weitergeleitet. Jeder Section Control kontrollierte Autobahn- und Schnellstraßenabschnitt ist mit einem Section Control-Beginn und -Ende Schild ausgewiesen.