Kategorie Informationen & Tipps - 6. November 2017

Faktencheck: Was können E-Autos leisten?

Nicht erst seit dem Dieselskandal gilt Elektromobilität als eine wichtige Stütze für die Reduktion von Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich. Immer mehr E-Fahrzeuge setzen sich am globalen Markt durch und erobern die Straßen – nicht nur der Städte. Neue Modelle, höhere Reichweiten, sinkende Kosten gehen Hand in Hand mit großen Umwälzungen in der Stromerzeugung, bei der erneuerbare Energieträger zunehmend die fossilen ablösen.

Viele fragen sich: Was bringen E-Autos? Wie weit kann ich damit fahren? Rechnet sich das? Der gemeinsam von Klima- und Energiefonds sowie dem VCÖ (Verkehrsclub Österreich) herausgegebene „Faktencheck E-Mobilität“ soll die viel diskutierte Zukunft der Mobilität und die Rolle der Elektroautos aus der Perspektive des Klimaschutzes sowie aus jener von Nutzerinnen und Nutzern mit aktuellen Zahlen, Daten und Analysen erläutern. Nach dem 1. Teil des Faktenchecks folgen hier nun weitere drei Antworten auf drei zentrale Fragen:

4. Wie weit kann ich mit einem Elektrofahrzeug fahren?

Datenquelle Grafik: bmvit 2016, Future Driving 2017

Eines der größten Bedenken in Bezug auf die Nutzung von E-Autos ist: Wie weit komme ich damit? Tatsächlich ist die Reichweite der meisten Elektroautos mit einem vollgeladenen Akku noch deutlich geringer als mit einer Füllung Diesel oder Benzin. Aber die dynamische Entwicklung der Akkus in Sachen höhere Energiedichte, geringere Kosten und damit mehr Reichweite bringt eine deutliche Steigerung mit sich. Ein Trend, der sich fortsetzen wird.

94% aller Autofahrten der österreichischen Bevölkerung sind kürzer als 50 km. Nahezu alle E-Autos am Markt sind in der Lage, diese 50 km zwei- bis fünfmal ohne Nachladen zu bewältigen. Die durchschnittlich pro Tag gefahrene Strecke liegt bei 34 km, in ländlichen Gebieten etwas höher als im urbanen Raum. Kurze Distanzen im Alltag sind meist zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem E-Bike oder – bei entsprechendem Angebot – öffentlichen Verkehrsmitteln gut und umweltverträglich bewältigbar.

Die Reichweite ist im Betrieb von vielen Faktoren abhängig: Unterschiede in der Fahrweise bzw. Geschwindigkeit, Topografie, Witterungsbedingungen (Temperatur, Wind), die Klimaanlagen-Nutzung etc. So steigt etwa der Stromverbrauch von Elektroautos bei höheren Geschwindigkeiten deutlich an. Dies ist auch bei den Standardangaben der Hersteller zu berücksichtigen. Werte des NEFZ-Zyklus (= „Neuer europäischer Fahrzyklus“, seit September 2017 WLTP „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“) werden unter Laborbedingungen ermittelt und sind höher als reale Werte. Wenn z.B. für ein E-Auto derzeit 400 km als NEFZReichweite angegeben werden, ist es meist realistisch, 250-300 km anzunehmen.

5. Wie lange dauert die Ladung des Akkus und wo kann ich laden?

Bei den meisten Fahrten ist es nicht notwendig, zwischenzeitlich aufzuladen. Insbesondere wer zu Hause oder im Betrieb Lademöglichkeit hat, fährt meist vollgeladen los. Für längere Fahrten ist klar: Je nach Reichweite des Fahrzeugs und anderen Faktoren wie etwa Witterung, Geschwindigkeit oder Topografie sind Ladestopps und mehr Zeit einzuplanen. Die Zahl der Ladestationen und Ladepunkte in Österreich und europaweit steigt beständig; sei es in Garagen, vor Einkaufszentren, an Tankstellen oder auf Parkplätzen. Laut der Plattform E-Tankstellen-Finder existieren hierzulande mit Stand November 2017 rund 3.600 öffentlich zugängliche Ladepunkte bis 22 kW und knapp 650 >22 kW Ladeleistung.(6) Zahlreiche Apps bieten Informationen zu kommerziellen, öffentlichen, aber auch von Privatpersonen angebotenen Ladepunkten und deren Verfügbarkeit. Es wird entweder per kWh oder per Zeiteinheit abgerechnet bzw. auch in Mischformen, um Anreize zu schaffen, die Ladestation nicht als Parkplatz zu missbrauchen.

Zu berücksichtigen ist, dass unterschiedliche Anbieter auch verschiedene Identifizierungssysteme verwenden. Elf Energieunternehmen bieten im Rahmen des Bundesverbands Elektromobilität Österreich über 1.600 Ladepunkte (Stand Novemebr 2017) an, die alle – unterstützt vom Klimafonds – mit derselben App oder Chipkarte verwendet werden können.(7) Zusätzlich hat Smatrics ein landesweites Schnellladenetz errichtet. Vier der grossen Autokonzerne wollen noch in diesem Jahr erste Schnelladestationen an zentralen Verkehrsachsen auch in Österreich errichten. Tesla verfügt ebenfalls über ein eigenes Netz für seine Fahrzeuge. Je nach Fahrzeug, Entladungszustand der Batterie und Art der Ladestation können Leistung sowie Dauer eines Ladevorgangs stark variieren. Die Entwicklung geht in Richtung noch höherer Ladeleistung mit 150 kW und mehr, mit der der Tankvorgang nur mehr wenige Minuten dauern wird.

(6) Quelle E-tankstellenfinder.com (abgerufen am 02.11.2017)
(7) Bundesverband Elektromobilität Österreich, www.beoe.at (abgerufen am 02.11.2017)

6. Ist das Fahren mit dem E-Auto wirklich sicher und was passiert mit dem Akku?

Datenquelle Grafik: Schaufenster Elektromobilität 2017

Während das Laden und die Abschätzung von Reichweite und Stromverbrauch eine Umstellung in der Autonutzung erfordern, gibt es beim Fahren mit einem E-Auto nur geringe Unterschiede. Die für manche notwendige Umgewöhnung auf Automatik-Schaltung erfolgt meist rasch. Umfragen zeigen, dass viele Nutzer von E-Autos sehr zufrieden sind – sowohl im betrieblichen als auch im privaten Bereich. (9)

Ein Vorteil des E-Autos gegenüber konventionellen Antrieben ist seine geringe Lautstärke. Dieser insbesondere für lärmbelastete Städte positive Effekt bedeutet jedoch auch, dass noch mehr Achtsamkeit geboten ist. Ab Juli 2019 müssen alle neuen E-Fahrzeuge in der EU mit einem künstlichen Geräusch bis 20 km/h ausgestattet werden. Die meisten Hersteller haben bereits jetzt einen Warn- bzw. Summton integriert. Das Elektroauto hat im Vergleich zum Auto mit Verbrennungsmotor die Eigenschaft, dass bereits beim Anfahren ein hohes Drehmoment verfügbar ist und schon aus dem Stand heraus schneller beschleunigt werden kann. Das „spritzige“ Fahrverhalten der Autos erfordert ein verantwortungsvolles Verhalten des Fahrers.

Der Akku ist ein Schlüsselelement, wenn es um die Zukunftsfähigkeit der Elektroautos geht. Nicht nur wegen der Reichweite und der Kosten, sondern auch für die Gesamtumweltbilanz ist er entscheidend. Gegenwärtig stellen Lithium-Ionen-Akkus den am weitesten verbreiteten Typ dar. Die rasante Technologieentwicklung trägt zum enormen Kostenrückgang sowie der höheren Energiedichte der Batterien bei. Im Vergleich zu anderen Technologien enthalten Lithium-Ionen-Batterien weniger gefährliche Stoffe wie bspw. Kadmium oder Blei. Klar ist auch, dass mit größeren, leistungsfähigeren Batterien der Ressourcenbedarf steigt und Effizienz sowohl in der Technologieentwicklung als auch in der Nutzung entscheidend sein wird.

Die Lebensdauer der Lithium-Ionen- Batterien liegt bei mindestens 10 Jahren bzw. rund 4.000 Ladezyklen, wobei laut Herstellern aktuell eingesetzte Batterien weit über diesen Zeitraum hinaus halten und für mindestens 150.000 km bzw. 15 Jahre ausgelegt sind. Die Batterien erweisen sich als sehr beständig. Auch die zur Verfügung stehende Akku-Kapazität sinkt nur geringfügig, sodass die Batterie nach der Nutzung im Elektroauto weitere nachhaltige Funktionen als Speicher erfüllen kann. Sie kann weiterverwendet werden („Second Life“), etwa als stationärer Zwischenspeicher in einem Gebäude, um Strom aus erneuerbaren Energien zu puffern. Ein Großteil der Rohstoffe lässt sich letztlich wiedergewinnen. Hohe Recyclingraten von Lithium-Ionen-Batterien sind technisch möglich, bislang existieren aufgrund des vorerst geringen Bedarfs jedoch erst wenige Recyclinganlagen. Die EU fordert im ersten Schritt eine Rückgewinnungsquote von 50%, bezogen auf das Batteriegewicht.

(8) Ehsan Rahimzei (VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.): Begleit- und Wirkungsforschung Schaufenster Elektromobilität (BuW) Ergebnispapier Nr. 37, Sicherheit von Elektrofahrzeugen, Berlin 2017
(9) Siehe u.a. Beispiel Norwegen: Institute of Transport Economics. Norwegian Centre for Transport Research: Electric vehicles – environmental, economic and practical aspects.
TØI report 1329/2014m – Oslo 2014 sowie Klima- und Energiefonds. Statusbericht der E-Mobilitätsmodellregion E-Mobility Post, Wien 2015 

 

SERVICE: Faktencheck – Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen zur E-Mobilität

Zum Thema: 10 Jahre Klimafonds im Überblick

Vor zehn Jahren gründete die Bundesregierung den Klima- und Energiefonds. An der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft entwickelt der Fonds – in enger Kooperation mit dem dem Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie dem Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Strategien und Förderprogramme für die nachhaltige Transformation des Energie- und Mobilitätssystems.

Alles Wissenswerte rund um 10 Jahre Klima- und Energiefonds

INFObox: Verkehrsministerium (bmvit), Umweltministerium und die Automobilbranche haben für Österreich ein Paket zur Förderung von Elektromobilität in Höhe 72 Millionen Euro geschnürt. Das Maßnahmenpaket umfasst Anreize für den Kauf von Elektro-Fahrzeugen, den Aufbau von E-Ladestationen und eine eigene Nummerntafel für E-Autos. Seit 1. März 2017 ist die Prämie für Elektrofahrzeuge per Online-Registrierung via www.umweltfoerderung.at österreichweit möglich.