Kategorie Informationen & Tipps - 30. Juni 2022
Reiselust oder Reisefrust? Die Agentur für Passagier- & Fahrgastrechte steht Euch zur Seite
Sommer, Sonne, großen Ferien: Mit der Sommerzeit gehen auch die größten Reisewellen des Jahres Hand in Hand. Mit dem vorrübergehenden Abebben der Corona-Pandemie ist die Reiselust der Menschen nach Angaben der Branche wieder enorm gestiegen.
Doch anstelle eines unbeschwerten Urlaub müssen sich viele Menschen derzeit mit massiven Flugstreichungen, Verspätungen und Warteschlangen an Flughäfen herumschlagen. Tagtäglich sorgen diese Zustände quer durch Europa für hitzige Schlagzeilen. Und das bereits vor der Ferien. Ein Ende oder Höhepunkt ist derzeit nicht absehbar. Als Knackpunkt gelten Personalmangel und Engpässe bei Sicherheitskontrollen, Check-in und Flugzeugabfertigung.
Die Airlines dünnen bereits ihre Flugpläne aus, um die Abläufe zu stabilisieren und ein endgültiges Chaos zu vermeiden. „Die Lufthansa und ihr Tochterunternehmen Eurowings haben angekündigt im Juli hunderte Flüge zu streichen. Wir möchten in Erinnerung rufen, dass sich Betroffene im Fall von Flugausfällen an uns wenden können um ihre Rechte geltend zu machen. Wir helfen unkompliziert, kostenlos und provisionsfrei“, so Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf).
Rechte betroffener Passagiere
Durch die europäische Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004) besteht für Passagiere ein Schutz bei Flugunregelmäßigkeiten (wie z.B. Verspätung oder Annullierung), außerdem entsteht gegebenenfalls ein Anspruch auf eine sogenannte Ausgleichszahlung.
Passagiere haben dann zum Beispiel Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, wenn sie nicht mindestens zwei Wochen vor Abflugdatum über die Flugannullierung informiert wurden. Die Höhe hängt dabei von der jeweils gebuchten Flugentfernung ab und beträgt zwischen 250 Euro und 600 Euro.
In Fällen von Flugannullierung (bzw. Flugausfall) haben Passagiere die Wahl zwischen:
- der Erstattung des Ticketpreises
- dem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt
- einer alternativen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
- einer alternativen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze
„Wir empfehlen betroffenen Passagieren, denen nicht proaktiv eine alternative Beförderung angeboten wird, im ersten Schritt unbedingt das Flugunternehmen zu kontaktieren bevor sie eigenständig Buchungen tätigen“, so Maria-Theresia Röhsler. Außerdem rädt die apf dringend dazu, Rechnungen und Belege unbedingt aufzubewahren und die Kosten möglichst gering zu halten wenn Passagiere am Ende tatsächlich selbst eine alternative Beförderung organisieren und bezahlen müssen.
Wird ein Flug früh genug (mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit) annulliert und das Flugunternehmen informiert nachweislich hierüber, entfällt laut Fluggastrechteverordnung der Anspruch auf Ausgleichszahlung, jedoch hat der Passagier die Wahl zwischen Ticketkostenrückerstattung und einer alternativen Beförderung zum Endziel.
Wird keine zufriedenstellende Lösung mit dem Flugunternehmen gefunden, können sich Betroffene an die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) wenden. Das geht „rasch und unkompliziert sowohl online als auch telefonisch“, wie Röhsler betont. „Wir können den Fall dann kostenlos und provisionsfrei prüfen – und gegebenenfalls ein Schlichtungsverfahren zwischen Passagier und Flugunternehmen führen.“
Laut apf kommt es zudem vermehrt vor, dass bei Buchungen über Online-Portale, diese die Kontaktdaten der Passagiere der Airline nicht bekannt geben. In solchen Fällen übermittelt die Airline die Information über die Annullierung nur an das Online-Reiseportal. Dieses leitet die Information aber oft nicht an die Reisenden weiter.
Laut einer aktuellen Entscheidung des Europäische Gerichtshofs hat ein Fluggast, der über ein Online-Reiseportal einen Flug gebucht hat und nicht über die Annullierung dieses Fluges informiert wurde, ebenfalls Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Auch wenn die Airline das Online-Portal informiert und dieses die Information nicht weitergeleitet hat. Die streckenabhängige Ausgleichszahlung besteht neben der Ticketkostenrückerstattung oder der Möglichkeit zur alternativen Beförderung. Nicht ersetzt werden jedoch die Vermittlungsgebühren, die bei der Buchung über Online-Portale anfallen können.
Bei der Online-Buchung von Flugreisen mit Anschlussflügen ist besondere Vorsicht geboten. Gewisse Ansprüche bestehen nur dann, wenn ein einheitlicher Beförderungsvertrag abgeschlossen wurde. Das ist bei einer Direktbuchung über die Fluglinie oder mit der Buchung über ein Reisebüro gewährleistet, bei der Buchung über ein Online-Reiseportal aber nicht. Falls Probleme beim Anschlussflug auftreten, haben Passagiere ohne einheitlichen Beförderungsvertrag keinen Anspruch auf kostenfreie Weiterbeförderung durch die Fluglinie. Auch das Recht auf eine Ausgleichszahlung kann entfallen.
Wie Betroffene am besten vorgehen
Im ersten Schritt ist es nötig, dass Passagiere ihre Forderung schriftlich an das betroffene Flugunternehmen richten. Die apf hat hierfür Musterbriefe bereitgestellt, welche unter passagier.at abrufbar sind. Antwortet das Unternehmen ab Einbringung binnen sechs Wochen nicht adäquat oder gar nicht, kann bei der apf online via passagier.at ein Schlichtungsantrag eingebracht werden. Das Service der apf ist – unabhängig vom Verfahrensausgang – für Passagiere immer kostenlos und provisionsfrei.
Auch im Bahnverkehr schlägt sich die ungetrübte Reisefreude wieder deutlich nieder. Das Abflauen der Coronapandemie, hohe Spritpreise und das KlimaTicket haben die Zahl der Bahnreisenden nach dem coronabedingten Einbruch 2020 und 2021 heuer wieder kräftig steigen lassen. Im Fernverkehr sind die ÖBB-Auslastungszahlen der Vor-Corona-Zeit bereits erreicht und liegen in den letzten Wochen bereits leicht darüber.
Vor allem im grenzüberschreitenden Fernverkehr – sowohl in den Tag- und Nachtzügen – gibt es laut ÖBB eine besonders starke Nachfrage. Und obwohl es selbst an den Starkreisetagen um die vergangenen Feiertage nur bei einem Bruchteil (0,3 Prozent) der Fernverkehrszüge zu Überfüllung gekommen war, gab es bei den Pendler:innen-Hot-Spots wie etwa auf der Weststrecke, vor allem zwischen Wien – Sankt Pölten und Wien – Linz, durchaus auch Probleme mit fehlenden Reservierungen.
Reisen & Reservieren mit Kleinkindern
Um überfüllte Züge und eventuelle Zugräumungen in den Stoßzeiten zu verhindern, wird insbesondere auf diesen Strecken zu Sitzplatzreservierungen geraten. In diesem Zusammenhang weist die apf beim gemeinsamen Reisen mit Kleinkindern gesondert darauf hin, bei der Buchung auf korrekte Reservierungen acht zu geben.
Kleinkinder sind laut Beförderungsbedingungen der ÖBB Reisende bis einen Tag vor dem sechsten Geburtstag. Diese fahren in Zügen und Bussen der ÖBB kostenlos und ohne Ticket in Begleitung von Erwachsenen mit. Bei der Buchung eines Tickets für ein Kleinkind über die ÖBB-Website und die ÖBB-App (online/Mobile) geht das Bahnunternehmen jedoch davon aus, dass das Kind sich den Platz mit einer oder einem Erwachsenen teilt.
Bei gut gefüllten Zügen ist es daher nicht garantiert, dass Kleinkinder einen eigenen Sitzplatz haben. Bei kürzeren Fahrzeiten können Kleinkinder freilich auf dem Schoß mitfahren. Schwieriger ist dies freilich auf längeren Strecken und auch im Nachtreiseverkehr. Auch dort wird davon ausgegangen, dass das Kind sich mit einer oder einem Erwachsenen den Sitz-, Schlaf- oder Liegewagenplatz teilt. Somit wird etwa bei der Buchung eines Tickets für Erwachsene und ein Kind im Alter von fünf Jahren nur ein Ticket für die erwachsene Person angeboten. Dies ist jedoch den Kundinnen und Kunden nicht immer klar bzw. nicht von allen auch so gewünscht.
Die ÖBB haben bereits zugesagt, diesen für viele Reisende ärgerlichen Zustand beim Buchen zu beheben und für Kleinkinder einen eigenen Sitz-, Liege- oder Schlafwagenplatz im Buchungsprozess anzubieten. Bis dahin empfiehlt die apf allen Fahrgästen:
- Achten Sie besonders bei der Buchung für Tickets mit Kleinkindern darauf, ob Sie einen eigenen Sitz-, Liege- oder Schlafwagenplatz für das Kind buchen möchten oder nicht.
- Bei offenen Fragen empfiehlt es sich, die ÖBB-Personenverkehr anzurufen und ggf. telefonisch eine Buchung vorzunehmen.
- Möchten Sie (nach aktueller Lage) ein Ticket/eine Reservierung für ein Kind unter sechs Jahren online/Mobile buchen, geht das derzeit nur, indem Sie das Alter des Kindes mit zumindest sieben Jahren angeben, damit das System ein eigenes Ticket/eine eigene Reservierung für das Kind anbietet. Die Buchung eines eigenen Liege- oder Schlafwagenplatzes ist dann allerdings zu einem ermäßigten Tarif kostenpflichtig. Beim Sitzplatz bezahlen Sie zusätzlich nur die Reservierung, nicht das Ticket.