Kategorie Klima- & Umweltschutz - 30. November 2023

Startschuss der COP28: Was vom Klimagipfel in Dubai zu erwarten ist

„Verhalten optimistisch“ schaut die Klimaschutzministerin nach Dubai, wo heute die Weltklimakonferenz in ihre 28. Ausgabe startet. Die Konferenz zur Bewältigung und Abschwächung der Klimakrise soll laut Plan zwei Wochen lang laufen. Die Ausgangslage für die COP28 in Dubai ist aufgrund der weltpolitischen Situation mindestens als schwierig zu bezeichnen. „Ich bin realistisch – ambitionierte Einigungen werden heuer nicht einfach“, so Leonore Gewessler, die mit ihrem Team am 7. Dezember für die entscheidende Verhandlungswoche in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) reist.

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Insgesamt umfasst die österreichische Delegation über 40 Personen. Neben Expertinnen und Experten der Ministerien sind auch Wissenschaftlerinnen, NGOs und Jugenddelegierte in Dubai mit am Start. Die Delegation wird heuer erstmals von Cornelia Jäger geleitet, die auf Helmut Hojesky folgt, der sich nach Absolvierung aller 27 COPs in die wohlverdiente Pension verabschiedete.

Direkt zur Eröffnung reist Bundespräsident Alexander Van der Bellen an, wo er am Freitag vor den versammelten Staatsoberhäuptern eine Rede halten wird und unter anderem mit UNO-Generalsekretär António Guterres zu einem bilateralen Gespräch zusammentrifft.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird krankheitsbedingt nicht an der UNO-Klimakonferenz teilnehmen können. Das Staatsoberhaupt wollte planmäßig am Donnerstag nach Dubai fliegen. „Aufgrund eines grippalen Infekts muss der Bundespräsident seine Teilnahme an der Weltklimakonferenz leider kurzfristig absagen“, hieß es von der Präsidentschaftskanzlei am Donnerstag.

In den kommenden zwei Wochen wird es in Dubai vor allem darum gehen, wie das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, noch in Reichweite zu halten ist. Dafür müsste der globale Treibhausgasausstoß laut Weltklimarat IPCC bis zum Ende dieses Jahrzehnts um 43 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2019 verringert werden. Ein Ausstieg aus fossilen Energien sei dazu fundamental wichtig. Trotz eindringlicher Warnungen der Wissenschaft nahm der weltweite Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen aber mehr oder weniger konstant zu und ist auf einem Rekordhoch.

Hoffnungslos ist Gewessler mit Blick auf die COP trotzdem nicht. „Es ist möglich, dass mehr gelingt als erwartet“, sagte sie und ist beispielsweise zuversichtlich beim schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien und auch beim neuen Ziel für mehr Energieeffizienz – diese Bestrebungen wurden auch bereits von Sultan Ahmed Al Jaber, dem Präsidenten der COP, angekündigt. Demnach soll die globale Produktion bis 2030 verdreifacht werden und auch eine Verdoppelung der Energieeffizienz wird bis zu diesem Zeitpunkt angestrebt.

„Wir müssen nicht nur das Richtige tun, sondern auch damit aufhören, das Falsche zu tun“, stellte die Ministerin jedoch fest, was den Ausstieg aus den klimaschädlichen fossilen Energieträgern betrifft. Da fehle ihr jedoch die Zuversicht, ein Entschluss zu einem radikalen Ausstieg, dem sogannten „phase out“, wäre in Dubai eher die Überraschung. Österreich werde sich jedoch trotzdem für Ende der Fossilen einsetzen.

Leaks erhöhen den Verhandlungsdruck

Konterkariert wird das Ganze schon im Vorfeld durch geleakte Dokumente, welche nahe legen, dass ausgrechnet der Präsident des Gipfels in Dubai, Sultan Al Jaber, Vorgespräche zur COP als Mittel zur Anbahnung fossiler Geschäfte genutzt hat oder zumindest nutzen wollte. Ein problematische Doppelrolle, wie das Centre for Climate Reporting über Al Jaber und sein Verhandlungsteam herausfand. Vorbereitungstreffen mit 15 Staaten sollen sie dazu genutzt haben, für eigene Erdöl- und Erdgasgeschäfte zu werben, was sie vehement bestreiten. Trotzdem sind die Erwartungen, dass auf der Konferenz substanzielle Beschlüsse zum Ausstieg aus den Fossilen erreicht werden können, entsprechend gedämpft.

Erwartbar oder nicht, wenn ausgerechnet im Erdölstaat VAE die Weltgemeinschaft diese Diskussionen führen soll. Nach wie vor verursacht die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas rund 90 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Wird ihre Nutzung nicht drastisch gesenkt, ist das Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit abzubremsen, nicht erreichbar. Derzeit steuert die Welt auf eine Erhitzung um knapp drei Grad zu – mit fatalen Folgen für die Menschheit.

Dabei gäbe es auch in Dubai durchaus konstruktive Anknüpfungspunkte, nicht nur zur „Globalen Bestandsaufnahme“ („Global Stocktake“), auch für den Fonds für „Verluste und Schäden“ („Loss and Damage“), wo die Details nach der Vorgänger-COP in Ägypten bereits ausgearbeitet worden. Eine Basis für eine Einigung in Dubai wäre also gegeben. Es gelte hier weitere Diskussionen um Details zu vermeiden. Österreichs Haltung wäre hier ein baldiges Fixieren, „ein Beschluss ist hier enorm wichtig“, so Gewessler.

Die erste „Globale Bestandsaufnahme“ als zentraler Teil des Pariser Übereinkommens soll in den Segmenten Emissionsreduktion, Anpassung, und Finanzmittel die bisherigen Anstrengungen für einen begrenzten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad überprüfen. Beides, Fonds und Bestandsaufnahme, seien zwei schwierige Themen „im Zentrum unserer Arbeit“, sagte die neue Delegationsleiterin Cornelia Jäger.

Das BMK bereite sich seit Monaten auf die COP vor, es sollen Ergebnisse erzielt werden, denn die COP sei ein wichtiges Symbol für den globalen Klimaschutz. „Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst – und dazu wollen wir auch als Österreich einen Beitrag leisten“, sagte Jäger im Namen der ganzen österreichischen Abordnung.

„Wenn auf der COP ein Konsens erzielt werden kann, wäre das ein wichtiges Signal“, schloss Gewessler. So würde Dubai der Weltgemeinschaft zeigen können, dass man beschlussfähig und handlungsfähig sei – und das wäre „ein für sich wertvolles Ergebnis“.

 


Was bedeutet eigentlich COP? 

COP ist die Abkürzung des englischen Begriffs „Conference of the Parties“. Zu der Konferenz kommen die 197 beteiligten Staaten („Parties“) sowie die EU zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die Klima-COPs finden seit 1995 – mit Ausnahme des Corona-Jahrs 2020 – jedes Jahr in einer anderen Stadt statt und werden durchnummeriert. Dieses Jahr findet die COP zum 28. Mal statt und wird daher COP28 genannt. Bei der jährlichen Weltklimakonferenz beraten außerdem die Staaten, die dem Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1997 zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes beigetreten sind. Dieses Format nennt sich CMP. Ein weiteres Format wird mit CMA abgekürzt; es handelt sich um die 195 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen ratifiziert haben. Außer den Klima-COPs gibt es auch andere COPs zu anderen UNO-Konventionen, wie Konferenzen zum Artenschutz.

Wofür sind die Klima-COPs gut?

Die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines abschließenden Beschlusstextes, der von den Teilnehmern nicht in einer Abstimmung, sondern per Konsensbeschluss angenommen werden soll und der idealerweise zu Fortschritten im Kampf gegen die Klimakrise beiträgt. Dabei ist es üblich, dass bei den Verhandlungen über den Text um einige Stunden oder sogar mehr als einen Tag überzogen wird.

Bei der Weltklimakonferenz sind zahlreiche Nichtregierungsorganisationen wie Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, aber auch Lobbyisten wie Vertreter der fossilen Industrie vertreten.

Mitunter kommen bei den UNO-Klimakonferenzen keine konkreten Ergebnisse zustande. So scheiterten die Teilnehmer 2009 bei der COP15 in Kopenhagen an der Aufgabe, ein umfassendes Klimaabkommen auszuhandeln. Umso größer war die Freude 2015, als bei der COP21 das Pariser Klimaabkommen beschlossen wurde mit der ehrgeizigen Zielvorgabe, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Bei der COP26 in Glasgow wurde 2021 erstmals die Nutzung fossiler Energieträger als Hauptursache des Klimawandels benannt. Auf Druck von Ländern wie Indien wurde aber nur zu einer „Verringerung“ ihrer Nutzung aufgerufen, nicht zum „Ausstieg“. Im vergangenen Jahr bei der COP27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh gelang nach jahrelangem zähen Ringen die Grundsatzeinigung, den Entwicklungsländern mit einem neuen Fonds bei der Bewältigung bereits eintretender Klimaschäden zu helfen.

Was ist von der COP28 zu erwarten?

Zu der diesjährigen UNO-Klimakonferenz wird nach Angaben der Vereinigten Arabischen Emirate eine Rekordzahl von rund 80.000 Teilnehmern erwartet – darunter Delegationsmitglieder, Aktivisten, Lobbyisten, Unternehmensvertreter und Journalisten.

Dass mit Sultan Ahmed Al Jaber der Chef des emiratischen Ölkonzerns ADNOC die COP-Präsidentschaft übernommen hat, erregte viel Kritik. Andere sehen darin eine Chance, mit allen Beteiligten über eine Energiewende zu sprechen. Der künftige Umgang mit fossilen Energieträgern wird in jedem Fall auch in Dubai wieder viel Diskussionsstoff liefern.

Die emiratische COP-Präsidentschaft hat dazu konkrete Vorstellungen. Bereits bis 2030 sollen demnach weltweit die Kapazitäten der erneuerbaren Energien verdreifacht und die Energieeffizienz sowie die Produktion von grünem Wasserstoff verdoppelt werden.

Die COP28 bietet außerdem die Gelegenheit für eine weltweite Bestandsaufnahme der bisherigen Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, den sogenannten Global Stocktake. In einem technischen Bericht war im September erwartungsgemäß festgestellt worden, dass die Weltgemeinschaft im Kampf gegen die Klimakrise „viel mehr, jetzt und an allen Fronten“ tun müsse.

Und wie immer wird es auch in Dubai heftiges Gezerre ums Geld geben. Angesichts der zunehmenden klimabedingten Dürren, Stürme und Überschwemmungen fordern die Entwicklungsländer von den Industriestaaten mehr Geld für die Anpassung an den Klimawandel und seine Bekämpfung.

Und damit der im vergangenen Jahr beschlossene neue Fonds für bereits auftretende Klimaschäden nicht nur auf dem Papier existiert, sind auch hier hohe Finanzzusagen notwendig. Außerdem müssen Struktur und Verwaltung des Fonds noch konkret ausgestaltet werden.