Kategorie Innovation & Technologie - 20. Dezember 2018

Rückkehr: Alexander Gerst und seine Crew wieder auf der Erde

Nach fast 200 Tagen im All ist die abgelöste Besatzung der Internationalen Raumstation ISS wieder sicher auf der Erde gelandet. Die Sojus-Raumkapsel mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst, der US-Astronautin Serena Auñón-Chancellor und dem russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew landete am Donnerstagmorgen nach einem knapp dreieinhalbstündigen Flug in der winterlichen Steppe Kasachstans. Das zeigten Live-Bilder der US-Raumfahrtbehörde NASA.

Der 42-Jährige Gerst hatte Anfang Oktober als erster Deutscher das Kommando auf der ISS übernommen.

„Willkommen daheim“, schrieb die NASA bei Twitter. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos twitterte: „Es gibt eine Landung. Willkommen zu Hause.“

Noch am Donnerstag will Gerst nach Deutschland weiterreisen: Eine Maschine mit dem 42-Jährigen wird um 20.45 Uhr auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn erwartet. „Ich freue mich, heimzufliegen und meine Familie zu sehen“, sagte Gerst unmittelbar nach der Landung. „Aber die Mission ist noch nicht zu Ende, wir müssen noch die Ergebnisse auswerten.“

Der Raumfahrer war am 8. Juni auf der ISS angekommen und hatte als erster Deutscher das Kommando auf der Internationalen Raumstation übernommen. Zählt man seine beiden bisherigen Missionen auf der Raumstation zusammen, war kein Deutscher so lange im All wie Gerst: fast ein Jahr.

Seine Rückkehr zur Erde hatte sich nach dem Fehlstart zweier Kollegen aus Russland und den USA mit einer Sojus-Rakete im Oktober etwas verzögert. Inzwischen ist eine Ablösung aber auf der Internationalen Raumstation eingetroffen, US-Astronautin Anne McClain, der Kanadier David Saint-Jacques und der russische Kosmonaut Oleg Kononenko.

Gersts zweite Langzeitmission auf der Raumstation stand unter dem Motto Horizons. Seither nahmen der als Astro-Alex besonders auf Twitter populär gewordene Raumfahrer und seine Kollegen auf der ISS eine Vielzahl von Experimenten im Rahmen der Mission Horizons vor.

Gerst verbreitete zudem Hunderte Botschaften über Twitter und sorgte immer wieder durch spektakuläre Aufnahmen der Erde für Aufmerksamkeit, auf denen er Schönheit und Verletzlichkeit unseres Planeten dokumentierte. Große Reichweite erzielten auch seine Bilder von Naturkatastrophen wie dem Hurrikan Florence in den USA oder den Waldbränden in Kalifornien.

Nur einen Tag vor der Abreise von der ISS sendete er noch eine Video-Botschaft „an meine Enkelkinder“.

Spezialbehandlung nach der Rückreise

Die Rückreise von der Raumstation zur Erde mit der Sojus-Raumkapsel gilt als technisch anspruchsvoll. Nach dem Abkoppeln rast die Kapsel zunächst ungebremst in die Atmosphäre, die Luftreibung erzeugt dabei Temperaturen von etwa 2500 Grad. Massive Kräfte pressen die Personen im Inneren der Kapsel in die Sitze.

Nach der Landung brauchen die Raumfahrer dann zunächst Hilfe, um aus der Kapsel zu gelangen. Wegen der Schwerelosigkeit sind die Muskeln erschlafft, und der Körper muss sich erst wieder an die Erdanziehung gewöhnen.

 

Ein Spezialflugzeug der NASA bringt ihn mit Zwischenstopp in Norwegen zum Köln-Bonner Flughafen. Nach seiner Landung dort geht es für den 42-Jährigen auf direktem Wege ins raumfahrtmedizinische Forschungszentrum :envihab beim DLR in Köln, wo er die nächsten Tage gemeinsam von DLR und Europäischem Astronautenzentrum (EAC) betreut wird.

„Das :envihab bietet ideale Bedingungen, um sich von den körperlichen Strapazen eines langen Weltraumaufenthalts zu erholen. Hier werden die Astronauten von einem eingespielten, hochspezialisierten Team betreut, das über die notwendigen Labore und modernste medizinische Anlagen verfügt“, betont Jens Jordan, Leiter des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin.

Bereits vier europäische Astronauten haben sich hier in den ersten Wochen nach ihrem Allaufenthalt unter der Aufsicht von Raumfahrtmedizinern wieder an die Bedingungen auf der Erde angepasst, so auch Alexander Gerst nach seinem ersten Flug 2014.

Das Ärzte- und Wissenschaftler-Team wird Gerst – mit Ausnahme der Weihnachtsfeiertage, so es sein Zustand zulässt – die kommenden zwei Wochen rund um die Uhr betreuen und Untersuchungen im Auftrag der ESA, NASA und anderen Weltraumagenturen durchführen. Unter anderem prüfen die Wissenschaftler anhand von Blut- und Speichelproben, wie sich sein Immunsystem durch den Aufenthalt im All verändert hat.

Um die Auswirkungen auf die Muskelfunktionstätigkeit zu untersuchen, werden außerdem Tonus, Elastizität und Steifigkeit der Muskeln gemessen. Viele medizinische Tests wie zum Beispiel MRT-Messungen, EKG, Fitness-Tests und Augenuntersuchungen wurden bereits vor und während der Mission durchgeführt. Mit exakt den gleichen Messgeräten wie im All werden sie nun auf der Erde fortgesetzt und liefern den Forschern Daten, mit denen sie die Veränderungen durch den ISS-Aufenthalt erfassen können.

Über 3000-mal umrundete Alexander Gerst die Erde während seiner horizons-Mission. „Wir freuen uns, dass Alex so viele deutsche und auch internationale Experimente erfolgreich durchführen konnte. Insgesamt hat er fast alle 100 Stunden Experimentzeit für den europäischen Teil seiner Mission abarbeiten können“, so Marius Bach vom DLR.

Nach Angaben von Roskosmos ist der nächste bemannte Start zur ISS für den 1. März 2019 geplant.