Kategorie Innovation & Technologie - 15. Juli 2024
Assistenz-Roboter helfen Schlaganfall-Patient:innen
Etwa alle 27 Minuten erleidet jemand in Österreich einen Schlaganfall – pro Jahr rund 19.000 Menschen. Nach Herzkreislauferkrankungen und Krebserkrankungen ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Österreich. Zwar hat die Sterblichkeit in den letzten Jahren deutlich abgenommen, aber viele Menschen sind durch die Folgen eines Schlaganfalls gesundheitlich stark beeinträchtigt.
So leiden etwa 80 Prozent der Überlebenden nach einem akuten Schlaganfall an starken Mobilitätseinschränkungen oder Lähmungserscheinungen einer Körperhälfte. Ein Team von AIT Austrian Institute of Technologie und vom National Robotarium der schottischen Heriot Watt Universität in Edinburgh hat nun in einer Studie einen Rehabilitationsansatz mit sozialen Assistenzrobotern untersucht.
Im Projekt VITALISE wurde getestet, wie halbseitig gelähmte Menschen durch eine Kombination von sozial assistierenden Robotern (SARs) und Gehirn-Computer-Schnittstellen, mit denen die Gehirnströme gemessen werden, in ihrer Rehabilitation der oberen Gliedmaßen und bei gezielten Bewegungsübungen besser unterstützt werden können. Die Patienten „mussten den Arm heben und senken, und der Roboter Nao imitierte ihre Bewegungsübungen, auch wenn die Bewegung nur gedacht wurde“. Laut ersten Auswertungen wurde der Roboter „als hoch-kompetent eingestuft und tatsächlich wenig ‚Unbehagen‘ gefühlt“, jedoch fehle ihm – wenig überraschend – die menschliche Wärme. Trotzdem habe man gesehen, „dass der Einsatz von Robotern und neuen Technologien in der Rehabilitation die Effizienz und Effektivität der Therapie erheblich steigern kann, vor allem kann damit personalisierte und kontinuierliche Unterstützung angeboten werden“, so AIT-Forscher Markus Garschall.
Um möglichst authentische Bedingungen im Sinne eines Living Labs zu ermöglichen, wurde die Studie im neuen Therapiezentrum für neurologische Erkrankungen tech2people durchgeführt, das im Herbst 2023 in der Seestadt Aspern in Wien eröffnet wurde. Bei der Studie waren sowohl Patientinnen als auch Therapeutinnen eingebunde
„Gerade im Bereich eHealth sind Co-Design-Methoden sehr hilfreich und funktionieren gut. Uns war es wichtig, einerseits die Benutzer:innen-Erfahrungen als auch die allgemeine Durchführung des Ansatzes sowohl bei Menschen mit Hemiparese als auch bei Physiotherapeutinnen zu untersuchen“, erklärt Garschall vom AIT Center for Technology Experience. Er ist zudem seit Jahren auf das Thema AAL (Active and Assisted Living) spezialisiert und aktuell Vizepräsident bei AAL AUSTRIA. „Gleichzeitig war auch die transnationale Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlerinnen aus Schottland sehr inspirierend, wir brauchen gerade im Gesundheits-Bereich noch viel mehr an europäischer Zusammenarbeit und Austausch“, so Garschall.
„Soziale Roboter können als Coaches fungieren, um die Motivation zu steigern, aber diese Systeme müssen das Vertrauen der Patientinnen genießen. Die Nachahmung menschlicher Handlungen während der Interaktion kann sich positiv auf das Vertrauen auswirken. Gehirn-Roboter-Schnittstellen könnten dies erleichtern, indem sie eine unmittelbarere und direktere Wahrnehmung menschlicher Zustände ermöglichen“, erläutert Lynne Baillie, Professorin für Informatik und Lead Human-Robotics-Interaction (HRI) am National Robotarium in Edinburgh/Schottland.
Ein weiteres Evaluierungsprojekt mit Menschen, bei denen es in Folge eines Schlaganfalls zu einer halbseitigen Lähmung kam, ist für 2024 noch in Schottland geplant. Laut Garschall hätten die Studienergebnisse das Potenzial, die Lebensqualität der betroffenen Patientinnen zu verbessern, die Therapiekosten zu senken und den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu mildern.
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