Kategorie Innovation & Technologie - 14. September 2015
Auch ohne Speicherausbau CO2-Reduktion um 80 Prozent möglich
Für die angepeilte Energiewende gilt die Speicherung von Strom aus Photovoltaik- und Windenergie-Anlagen als ungelöstes Problem. Forscher der Technischen Universität (TU) Wien haben nun berechnet, dass auch ohne Erweiterung der Speichermöglichkeiten die CO2-Emissionen in Österreich und Deutschland um 80 Prozent reduziert werden können, teilte die TU in einer Aussendung mit.
In einem vom Klima- und Energiefonds geförderten Projekt haben die Wissenschafter mehrere Szenarien simuliert, die zu einer Reduktion der CO2-Emissionen für die Sektoren Stromerzeugung, Raumwärme, Warmwasser und Pkw-Verkehr führen. Sie verwendeten dazu ein von ihnen entwickeltes Modell, mit dem sich detailliert das österreichische und deutsche Strom- und Wärmesystem, Investitionskosten, Betriebskosten und Strompreise simulieren lassen. Die Forscher analysierten dabei nach eigenen Angaben erstmals Strom, Wärme und Elektromobilität als Gesamtsystem.
Obwohl die Speicherung von Energie oft als großes ungelöstes Problem dargestellt wird, weil Wind und Sonne nicht immer Energie liefern, zeigte die Simulation ein anderes Bild: „Auch ohne Speicherausbau könnten die CO2-Emissionen in Österreich und Deutschland um 80 Prozent reduziert werden“, erklärte Projektleiter Gerhard Totschnig vom Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe der TU Wien.
Windenergie und PV ausbauen
Die eigentliche Herausforderung sei, den erforderlichen hohen Ausbau an Windenergie und Photovoltaik gemeinsam mit der Energieeffizienz weiter voranzutreiben, betonten die Wissenschafter. Österreich sei dabei aufgrund des hohen Anteils an Wasserkraftwerken und wegen der hohen Kapazität an Pumpspeicherkraftwerken in einer besonders guten Situation.
Bei der Errichtung neuer Speicher müsse nicht immer gleich ein Gebirgstal geflutet werden, betonten die Wissenschafter. Auch kleinere Pumpspeicherkraftwerke auf Hügeln könnten großen Nutzen bringen. Geprüft wurden außerdem Druckluftspeicher und Power-to-Gas-Anlagen, die elektrischen Strom nutzen, um Energie in Form von brennbarem Gas zu speichern.
„Power to Heat“ wenig genutzt
Noch wenig genutzt wird die Variante „Power to Heat“. Dabei wird überschüssiger und billiger Strom in Spitzenzeiten für Wärmespeicher genutzt – in großem Maßstab in Fernwärmekraftwerken oder für Wasserspeicher in Haushalten. Bei zunehmendem Ausbau der Elektromobilität könnten auch Elektroautos mit Stromüberschüssen geladen werden.
„Die Nutzung von Strom für Wärme und Elektromobilität hilft, den erzeugten Strom besser zu nutzen und somit billiger zu machen, doch der Hauptvorteil dieser Maßnahmen ist es, dadurch im Sektor Wärme und Verkehr Emissionen einzusparen“, erklärte Totschnig, für den die Energiewende in erster Linie eine Frage des politischen Willens ist. Auch die Auswirkungen auf die Stromkosten würden von politischen Entscheidungen abhängen. Wenn sich Staat und Netzbetreiber mit den schon jetzt eingehobenen Einnahmen zufriedengeben, würden sich für einen typischen Haushalt mit einem Stromverbrauch von etwa 3.000 Kilowattstunden pro Jahr jährliche Mehrkosten von 150 Euro ergeben.