Kategorie Innovation & Technologie - 24. Mai 2018

Tests & Taten zum Automatisierten Fahren

Automatisiertes Fahren ist nach wie vor in aller Munde und wird auch medial im großen Stil, teils kontrovers, besprochen. Wie ist es wirklich um diese Technologie bestellt? Gibt es überhaupt schon selbstfahrende Fahrzeuge, welche komplett fahrerlos von A nach B fahren können?

Tatsache ist, dass weltweit intensiv an der Entwicklung solcher Systeme gearbeitet wird. Auch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) hat dieses Thema zu einem Schwerpunkt erkoren und fördert vielfältig Projekte im Bereich Automatisiertes Fahren. Wann es selbstfahrende oder sogar fahrerlose Fahrzeuge geben wird, steht allerdings noch in den Sternen. Neben technischen Herausforderungen und der Notwendigkeit digitaler Infrastruktur, gibt es eine Vielzahl gesellschaftlicher Fragestellungen, die es zu beantworten gilt, zudem müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Zukunftstechnologie geschaffen werden.

Das selbstfahrende Fahrzeug, welches sich überall fortbewegen kann, wird es deshalb so schnell nicht geben. Jedoch zeichnen sich Anwendungsbereiche ab, in denen teilautomatisierte Fahrzeuge sehr rasch Einzug finden könnten. Einen dieser Anwendungsbereiche stellen automatisierte Minibusse dar. Sie ermöglichen die Beförderung auf der sogenannten ersten und letzten Meile, also dort, wo es in der Regel noch keine ausreichende Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt. Automatisierte Busse könnten hier eine Lücke schließen und besonders in Randbezirken sowie ländlichen Gebieten eine Alternative zur Abhängigkeit vom Individualverkehr darstellen und so den öffentlichen Verkehr bereichern.

In Österreich werden diese Systeme derzeit auf Herz und Nieren getestet. Salzburg Research beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit dem Thema und hat in Salzburg in der Gemeinde Koppl einen einjährigen Testbetrieb auf öffentlichen Straßen unter Realbedingungen und auch mit realen Fahrgästen erfolgreich absolviert. Getestet wurde im österreichischen Leitprojekt Digibus® Austria nicht nur die dahinterstehende Technologie, sondern auch die Interaktion von Mensch und Maschine. Auch die mögliche Servicierung des Fahrzeuges und die Akzeptanz der Bevölkerung standen im Fokus der Testreihe.

Die dabei gesammelten Ergebnisse wurden nun erstmals in Form eines Berichts veröffentlicht und geben einen wichtigen Aufschluss über den derzeitigen Stand der Technik. Sehr schnell wird deutlich, dass es sich bei der Vision selbstfahrender und auf Bestellung agierender Busse eben nur um eine Vision handelt, die momentan noch nicht zu 100 Prozent in der Realität umgesetzt werden kann.

© Digibus® Austria

Dementsprechend liest sich auch das Resumee des Testberichts aus Salzburg: Die Ergebnisse der Testfahrten zeigen, dass die Technologie zum Testen bereit ist, aber es noch ein langer Weg bis zum fahrerlosen Betrieb ist, insbesondere in gemischten Verkehrsszenarien. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das getestete selbstfahrende Shuttle die Erwartungen an hoch- bzw. vollautomatisierte Fahrzeuge noch nicht erfüllte. Eine zentrale Erkenntnis der Testfahrten ist allerdings, dass praktische Erfahrungen auf öffentlichen Straßen im Mischverkehr im Rahmen des automatisierten Fahrens unverzichtbar sind, um den tatsächlichen Entwicklungsstand unter realistischen Bedingungen zu überprüfen.

Wohl zu weit gingen auch die Vorhersagen des Herstellers in Bezug auf den Entwicklungsstand: Bei der Realerprobung zeigten sich große Unterschiede zwischen den Ankündigungen des Herstellers und dem tatsächlichen Entwicklungsstand. Das erprobte Fahrzeug kann derzeit nur als eine Art Prototyp in der Forschungs- und Entwicklungsphase betrachtet werden. Trotz des enormen technischen Fortschritts der letzten Jahre zeigte die aktuelle Realerprobung, dass der erprobte Shuttlebus gegenwärtig maximal in die Automatisierungsstufe 3 – „bedingte Automatisierung“ – einzustufen ist.

© VDA

Erfahrungen wie jene von Digibus® Austria sind wichtig, um ein Lernen der öffentlichen Hand zu gewährleisten und ein Vertrauen und Verständnis für die Technologie in der Gesellschaft zu etablieren. Nur durch Einbindung aller Akteure kann sichergestellt werden, dass eine Technologie, welche unseren Zugang zur Mobilität grundlegend verändern wird, verkehrlich sinnvoll und nachhaltig eingesetzt wird. Das bmvit kommt diesen gesellschaftlichen Auftrag mit der Förderung von F&E-Projekten, dem Aufbau von Testumgebungen und Leitprojekten sowie der Untersuchung von Wirkungen durch Studien und Analysen nach und unterstützt die Entwicklung und Implementierung dieser Technologien.

Zur Unterstützung solcher Testreihen sowie des neuen Aktionspakets – automatisierte Mobilität möchten wir Rückmeldungen aus der breiten Öffentlichkeit zum bisherigen Prozess und sammeln und berücksichtigen. Dazu wird zusammen mit der AustriaTech als Kontaktstelle eine Umfrage gestartet, um möglichst viele Meinungen aus möglichst vielen Landesteilen einzuholen.

Ihre Meinung ist uns wichtig! Im Rahmen dieser Onlinebefragung haben Sie daher die Möglichkeit, anhand von ausgewählten Fragen zu den kommenden Maßnahmen und Zielen des neuen Aktionspakets Stellung zu nehmen, damit wir auch Ihre Vorstellungen bei der Entwicklung des kommenden Aktionspakets einbeziehen können.

Der Link zur Umfrage! aktionsplan.austriatech.at

2016 wurde der erste Aktionsplan zum automatisierten Fahren in Österreich vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie veröffentlicht. Vieles aus dem bisherigen Aktionsplan konnte in den letzten zwei Jahren bereits umgesetzt werden. Es wurden erste rechtliche Rahmenbedingungen für das Testen von automatisierten Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen in Österreich geschaffen, Testumgebungen etabliert und Leitprojekte initiiert. Nun ist es an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. Daher soll im Herbst 2018 das neue Aktionspaket automatisierte Mobilität – „AUTOMATISIERT – VERNETZT – ELEKTRISCH – MOBIL“ vorgestellt werden. Es soll weitere mittel- bis langfristigen Maßnahmen im Bereich des automatisierten Fahrens in Österreich definieren und legt dabei einen besonderen Wert auf einen verkehrlich sinnvollen Einsatz dieser Technologie.

Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Automatisierten Fahren.

Automatisiertes Fahren kann für mehr Verkehrssicherheit sorgen und ist zugleich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: In Österreich arbeiten rund 800 Unternehmen in der Automobilbranche und bieten etwa 70.000 Menschen Arbeitsplätze. Schon jetzt sind die österreichischen Autozulieferbetriebe in vielen Bereichen des automatisierten Fahrens international gefragt. Damit das so bleibt, hat das bmvit den Aktionsplan „Automatisiertes Fahren“ entwickelt und investiert in Summe 20 Millionen Euro in Testumgebungen und Technologieentwicklung.