13. April 2018

Bundesländer-Mission Mobilitätswende 2030 gestartet

 

Vor einem Monat riefen wir an dieser Stelle zum Aufbruch in die Mobilität der Zukunft. Mit einer Zukunftskonferenz am 8. März 2018 hat das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), den Bundesländern, den Kommunen und vielen weiteren Stakeholdern einen Prozess zur Erreichung der Klimaziele in der Mobilität gestartet. Die Konferenz zur Mobilitätswende Österreich 2030 ist als Initialzündung und Eckpfeiler auf dem Weg zu einer Mobilität der Zukunft gleichermaßen zu betrachten.

Sie war darüber hinaus aber auch der Auftakt zu einer Reihe an weiteren Veranstaltungen, die das weitere Vorgehen als gemeinsamen, transparenten und dialogorientierten Prozess hin zu einem Aktionsplan „Wettbewerbsfähige und saubere Mobilität 2030“ begleiten. Anfang April fanden nun in den Bundesländern Kärnten (5. April), Tirol (10. April) und Vorarlberg (11. April) Workshops und Diskussionsrunden dazu statt, um zum einen die Ergebnisse der Zukunftskonferenz zu reflektieren und zum anderen die spezifischen Herausforderungen in den Regionen und Städten zu thematisieren, um weitere Lösungsansätze gemeinsam zu erarbeiten.

Diese Tour durch die Bundesländer dient auch dazu, den kürzlich präsentierten Entwurf einer integrierten Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung unter dem Motto #mission2030 und damit zusammenhängende Prozesse vorzustellen sowie die spezifischen Herausforderungen in den Regionen und Städten zu thematisieren, um weitere Lösungsansätze gemeinsam zu finden. Darüber hinaus werde man die spezifischen Stärken der Bundesländer herausarbeiten, welche die Mobilitätswende unterstützen können.

Das Ziel 2030 als nächste festgelegte Etappe zur Dekarbonisierung – also hin zu einem kohlenstoffarmen oder gar -freien Wirtschafts- und Verkehrssystem – ist durch das Pariser Klimaabkommen und die Klimaziele der EU festgelegt: Für Österreich bedeutet es bis dahin eine CO2-Emissionsreduktion von minus 36 Prozent gegenüber 2005 (für Emissionsquellen außerhalb des Emissionshandels) zu erreichen – bisher wurden acht Prozent geschafft. Für den Hauptverursacher von CO2 – den Verkehrssektor – stellen die Senkung der Emissionen angesichts des in den letzten Jahren immer weiter ansteigenden Aufkommens ein besonders herausforderndes Ziel dar, betonte auch Bundesminister Norbert Hofer. Der Lösungsansatz dafür: Nicht nötige Verkehre vermeiden – Verlagerung auf effizientere Verkehrsmittel – Verbessern von bestehenden Technologien.

Auftakt in Kärnten

Gastgeber des Kärntener Workshops war Gerald Miklin, verantwortlich für Verkehrstelematik und Alternative Mobilität beim Land Kärnten. Die Eröffnung übernahm Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig, die gleich zu Beginn die Notwendigkeit, Mobilität nachhaltiger zu gestalten, im Namen der Kärntner Landesregierung als vornehmliches Ziel formulierte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen von Land und Städten, Arbeiterkammer, Radlobby, ÖAMTC, Unternehmen wie Infineon oder KELAG und Forschungsinstitutionen zusammen. Stefan Krase und Martin Eder vertraten vor Ort bmvit und BMNT und konnten so den gestarteten Prozess und den Sachstandsbericht nochmals vorstellen und sich danach auch zu allen Fragen der Beteiligten ausführlich äußern. Dabei kamen vor allem der Masterplan Radfahren sowie Fragen zur Logistik und konkreten Maßnahmen, um Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, zur Sprache. Die Diskussion drehte sich ebenfalls um die Finanzierung der Mobilitätswende sowie mögliche finanzielle Aufteilungen zwischen den Bundesländern bezüglich möglicher Strafzahlungen bei Nicht-Erreichen geforderter CO2 Einsparungen. Details zu Leuchtturmprojekten, wie der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs (ÖV), konkret des Schienenverkehrs im urbanen Bereich für die Kärtner Regionen, wurden auch debattiert.

 

Für das Bundesland Kärnten ließen sich so unter anderem folgende Herausforderungen ablesen:

  • Wie kann das Angebot des Öffentlichen Verkehrs sowohl für Personen- als auch Güterbeförderung hinsichtlich Taktung, Angebot, Infrastruktur etc. verbessert werden?
  • Wie kann man ausreichend Akzeptanz für nachhaltige Mobilität schaffen und so einen Bewusstseinswandel fördern?
  • Wie können Anreizsysteme wie die Pendlerpauschale reformiert oder ergänzt werden?
  • Wie generiert und speichert man genügend Energie für die Elektrifizierung in allen Bereichen?
  • Wie lassen sich die in Kärnten durchschnittlich langen Pendlerwege ohne oder in Carsharing-Modellen bewältigen?
  • Mit welcher Technologie und welchen Finanzierungsmöglichkeiten begegnen die Städte der Herausforderung des Öffentlichen Verkehrs?

In den Diskussionsrunden der Arbeitsgruppen wurde zudem deutlich, dass es klare Vorgaben (Anreize und Gesetzgebung) seitens des Bundes braucht, um die Einheitlichkeit zwischen den Bundesländern und sogar innerhalb der Bundesländer gewährleisten zu könnten. Laut Kärntner Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten Förderrichtlinien überdacht und neu entwickelt werden, wobei Förderungen auch an Kooperation gebunden sein könnten. Darüber hinaus sei es weiterhin notwendig, die Bewusstseinsbildung für eine Mobilitätswende zu stärken. Angebote für Freizeitverkehr müssten ausgebaut werden, da vor allem in Kärnten eine Fokussierung auf Pendlerströme existiert und mangels Alternativen den motorisierten Individualverkehr fördert. Aber auch im Bereich des Güterverkehrs brauche es mehr Information, Kooperation und auch Ausbildung.

Die Situation in Tirol

Der Workshop in Tirol am 10. April wurde von Gastgeber Leo Satzinger aus der Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht des Landes Tirol organisiert und eröffnet. Henriette Spyra, Leiterin der Stabsstelle Mobilitätswende und Dekarbonisierung. war als Vertreterin des bmvit vor Ort. Die etwa 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten sich bei diesem Panel aus der Landesverwaltung, der Stadt Innsbruck, Interessensvertretungen (z.B. ÖAMTC, ARBÖ, WKÖ), relevanten Verkehrsinfrastrukturanbietern wie ASFINAG und Landesstraßenverwaltern sowie Mobilitätsanbietern ÖBB Personenverkehr, Ötztaler Verkehrsgesellschaft und dem Verkehrsverbund Tirol sowie der AUVA, in Person des Umweltmediziners Heinz Fuchsig zusammen. Die Situation in Tirol wurde von Lukas Schlosser (Verkehrsplanung des Landes), Rene Schader (Energie Tirol) und Anja Obererlacher (Standortagentur Tirol) als Vertreterinnen und Vertreter der Initiative „So fährt Tirol 2050“ vorgestellt.

Im Fokus der Tiroler Diskussion standen der Tourismusverkehr, bedarfsgerechter Öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum sowie der Druck auf städtische ÖV-Systeme wegen des Bevölkerungszuwachses. Fehlende Betroffenheit bzw. Bewusstseinsbildung wurden ebenfalls thematisiert. Dabei spielten eingefahrene Verhaltensmuster in Hinblick auf den Klimawandel eine wichtige Rolle, etwa dass Stau als notwendiges Übel nach wie vor akzeptiert wird und verkehrsinduzierende Konsummuster (Stichwort: eCommerce) nicht hinterfragt werden.

Bei den für Tirol formulierten Herausforderungen war der Güterverkehr dann das vorherrschende Thema: wie kann eine sinnvolle Aufteilung Straße-Schiene (schon vor Öffnung des Brenner-Basis-Tunnels 2026) erzielt werden; Wie kann die Schiene gegenüber der Straße attraktiviert und wie können Güterströme  in Kooperation mit Nachbarn besser gelenkt werden.

Besonderheit Dreiländereck Vorarlberg

In Hohenems konnte man beim Vorarlberger Workshop am 11.04. einen grundsätzlich positiven Tenor einfangen. Die Situation im Ländle wurde von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Bereich ÖV und Rad sehr gelobt. Vorarlberg hat einige Erfolgsmodelle als best practice Beispiele bereits umgesetzt und war unter anderem mit der Modellregion VLOTTE auch Vorreiter bei der E-Mobilität.

Hohenems: Blick vom Schloßberg Richtung Oberland. © walser-image/Vorarlberg Tourismus

Die 30 Teilnehmenden von Bund, Land, Gemeinden, Unternehmen (u.a. Asfinag, VKW, Verkehrsverbund Vorarlberg),  Interessensvertretungen (u.a. WKÖ, IV, ÖAMTC) und Forschungseinrichtungen wurden von Landesrat Johannes Rauch begrüßt. Gastgeber seitens des Landes Vorarlberg waren Christian Vögel und Jörg Zimmermann, die gemeinsam mit Barbara Manhart auch die Situation des Mobilitätssystems in Tirol zu Beginn vorstellten. Vom bmvit war abermals Henriette Spyra anwesend. Landesrat Rauch stellte klar, dass die Finanzierung für verkehrliche Maßnahmen gesichert sein muss. Die Umsetzung der Klimaziele im Verkehr kostet viel Geld. Vorarlberg schreite hier voran, beschafft derzeit neue Züge, aber es müssten neue Strecken gebaut werden, um den ÖV-Ausbau schneller voranzutreiben. Ohne Finanzierung, auch seitens des Bundes, werden die ehrgeizigen Klimaziele nicht zu erreichen sein.

© Energieautonomie Vorarlberg

Christian Vögel und Jörg Zimmermann konstatierten, dass die Mobilität in Sachen Emissionen auch in Vorarlberg das größtes Sorgenkind sind und inzwischen die Emissionen von Gebäuden überholt hätten. „Es ist 10 nach 12, wir müssen handeln.“ so Christian Vögel. Der Veränderungsdruck in der Mobilität sei seit Jahren sehr hoch, aber man hat das Gefühl, dass sich nichts verändere. Nach einer kurzen Besserung während der Wirtschaftskrise ist seit 2010 wieder ein kontinuierlicher Anstieg der Emissionen aus dem Verkehr zu beobachten. Dazu gibt es enorme Steigerungen im Güterverkehr, gleichzeitig würden Lagerkapazitäten zurück gefahren und die Straße damit zum Lager degradiert. Jörg Zimmermann meint, dass das Angebot und der Komfort des ÖV steigen müssen, um mit Steigerungen im Personenverkehr umgehen zu können. Dazu kommt, dass der Preis für Diesel und Benzin zu niedrig sei. Festzuhalten ist aber auch, dass Vorarlberg bei ÖV und vor allem auch beim Radverkehr sehr erfolgreich ist. Zimmermann hob dabei die Radverkehrsstrategie Vorarlberg besonders hervor. Dazu wird trotz Vorarlbergs Vorreiterrolle bei den Themen Radverkehr im ländlichen Raum, bei Verbindungen des Rad-ÖV, bei ÖV in ländlichen Ballungsräumen und bei E-Mobilität, derzeit ein neues Mobilitäts- und Verkehrskonzept 2030+ erarbeitet.

Die Herausforderungen für Vorarlberg sind unter anderen:

  • Fragen der Finanzierung, v.a. auch in Zusammenhang mit der Klima- und Energiestrategie. Es müssen mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden zur Zielerreichung, viele Projekte seien in der Pipeline und könnten umgesetzt werden.
  • Steuerliche Anreize für nachhaltige Mobilität (z.B. Sachbezugsbefreiung für Mitarbeiter, die auf dem Rad anfahren)
  • Die Themen Güterverkehr und Tourismusverkehr/Pendler aus Deutschland und der Schweiz: Vorarlberg hat eine EU-Außengrenze, deren besondere Umstände vom Bund nicht immer angemessen berücksichtigt werden. Durch aufwändige Zollprozeduren entstehen massive Staus u.a. am Güterterminal Wolfurt. Ziel sei es von „one stop“ in Vorarlberg zu „no stop“ zu kommen.
  • Infrastrukturausbau Straße und Schiene: z.B. die S18, welche seit 30 Jahren in Planung ist, aber immer noch nicht gebaut. So fahren Lkw teils durch Dörfer mit massiven Gesundheits-und Lärmbelastungen. Auch die A14 sei an der Kapazitätsgrenze. Die Schienenverbindungen aus Vorarlberg heraus seien eingleisig, so dass Pendler aus der Schweiz und aus Deutschland grundsätzlich mit dem Auto kämen. Flächensicherung für nötige Infrastrukturvorhaben somit ein großes Thema.
  • ÖV-Komfort: Vorarlberg tut hier schon viel, indem bspw. Züge beschafft werden, die mehr Platz für sowohl Personen als auch Fahrräder bieten. Trotzdem hätten besonders Busse im ländlichen Raum teilweise keinen guten Ruf.
  • Das Sektorziel Verkehr in der Klimastrategie sollte auch auf die Länder heruntergebrochen werden sollte. Hierfür benötige es dann auch eine 15a-Vereinbarunge mit dem Bund, damit entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten in verbindlichen Mobilitätsplänen niedergeschrieben werden.

Moderiert werden alle Veranstaltungen von Birgit Baumann (BusinessMind). Noch diesen Monat geht es weiter nach Salzburg, Oberösterreich, Wien, Niederösterreich und in die Steiermark. Die Tour durch die Länder endet im Mai im Burgenland. An dieser Stelle erwarten Sie dann auch alle Informationen aus den nächsten Workshops.

 

INFObox: Der Wandel im Verkehrssektor ist bereits im vollem Gange. Klimaschutz, Digitalisierung und Automatisierung sind die grundlegenden Faktoren, die unsere Mobilität erheblich beeinflussen werden. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) zeigt mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) Wege, wie diese Transformation als eine der dringendsten Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich und leistbar umgesetzt werden kann, um ein sauberes, sicheres, und wettbewerbsfähiges Mobilitätssystem für Österreich zu entwickeln.