Kategorie Informationen & Tipps - 12. Oktober 2017
Deutsche Pkw-Maut – Österreich klagt vor EuGH
EU-Kommission lässt Frist für Vorverfahren verstreichen – Weg für Klage frei
Österreich klagt vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die deutsche Pkw-Maut. Das gab Verkehrsminister Jörg Leichtfried heute offiziell bekannt. Nachdem die EU-Kommission während des dreimonatigen Stellungnahmeprozesses nicht erneut aktiv wurde, ist nun der Weg für ein Gerichtsverfahren frei. Auf Initiative von Verkehrsminister Jörg Leichtfried bringt das Bundeskanzleramt die Klage noch heute Donnerstag beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein.
„Die deutsche Maut ist eine Ausländer-Maut. Deutsche zahlen nicht, weil sie Deutsche sind, Österreicher zahlen, weil sie Österreicher sind. Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir kämpfen für die Interessen der österreichischen Autofahrerinnen und Autofahrer. Und wir werden verhindern, dass die Österreicherinnen und Österreicher im großen Stil abgezockt werden. Darum machen wir jetzt Ernst und klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die deutsche Maut“, so Verkehrsminister Jörg Leichtfried.
Deutsche Pkw-Maut diskriminierend
„Ich sehe bei der Klage begründete Aussicht auf Erfolg, da die deutsche Pkw-Maut in der aktuellen Form gegenüber ausländischen Autofahrerinnen und Autofahrern eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt. Daran ändert auch der Öko-Bonus nichts. Das ist unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz und damit mit europäischem Recht“, sagt der Innsbrucker Europarechtsprofessor Walter Obwexer.
„Es ist die ureigenste Aufgabe der Kommission, darauf zu achten, dass die EU-Verträge eingehalten werden. Bei der deutschen Pkw-Maut hat sie beide Augen fest zugedrückt. Dabei riecht man zehn Meter gegen den Wind, dass hier diskriminiert wird. Diese Causa ist eine Nagelprobe für das europäische Rechtsverständnis. Es geht darum, ob in der EU in Zukunft weiterhin die Stärke des Rechts gilt oder sich das Recht des Stärkeren durchsetzt“, sagt Leichtfried.
Das deutsche Modell sieht vor, dass alle Autofahrerinnen und Autofahrer die Maut bezahlen, deutsche Lenkerinnen und Lenker das Geld aber über eine Steuerentlastung zurückbekommen. Dies sei eine „indirekte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“, heißt es in der Klagschrift. Durch die Maut werden zudem Bus- oder Lieferunternehmen aus dem Ausland gegenüber deutschen Verkehrsunternehmen schlechter gestellt. Auch das verstoße gegen Unionsrecht, nämlich gegen die sogenannte Stillhalteklausel.
Das Verfahren beim Europäischen Gerichtshof kann bis zu zwei Jahre dauern. Die österreichische Klage hat keine aufschiebende Wirkung auf die deutschen Mautpläne. Das heißt, dass Deutschland weiterhin das Mautsystem ausschreiben und die Mautpflicht im Jahr 2019 in Kraft treten könnte.
Das Modell verstößt nicht nur nach Auffassung des österreichischen Verkehrsministers gegen geltendes Unionsrecht. Der österreichische Standpunkt wird durch ein Gutachten des Europarechtsexperten Walter Obwexer untermauert.
Auszüge aus dem Gutachten von Walter Obwexer stehen hier zur Verfügung.