Kategorie Innovation & Technologie - 24. Juli 2015
Die Wärme in den Winter mitnehmen
Die Zahl der Sonnenstunden liegt heuer deutlich über dem Durchschnitt. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, kurz ZAMG, verzeichnete im Juni österreichweit ein Plus von 15 Prozent. Der sonnigste Ort war die niederösterreichische Gemeinde Hohenau an der March: Hier schien die Sonne 313 Stunden lang. Bei diesem Sommerwetter arbeiten Fotovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Hochtouren. Wissenschaftler des Austria Solar Innovation Center (ASiC) in Wels entwickeln Langzeitspeicher, mit denen sich die thermische Energie aus den heißen Monaten in den Winter „mitnehmen“ lässt.
Gelingen soll das mit sogenannten Sorptionsspeichern, die mit chemischen Reaktionen funktionieren. Bisher nutzt man hier vor allem Wasser. „Das ist ein exzellentes Wärmespeichermedium“, sagt auch ASiC-Geschäftsführer Gerald Steinmaurer. Der Nachteil ist aber, dass die Wärme mit der Zeit wieder verloren geht. Die Forscher des Unternehmens, das Mitglied im Forschungsnetzwerk Austrian Cooperative Research (ACR) ist, suchen daher nach Alternativen. Mit neuen Speichermaterialien soll es gelingen, die Energie in hoher Dichte und ohne Verluste zu speichern.
Hitze, wenn es feucht wird
Dabei greifen sie auf ein Prinzip zurück, das man etwa aus neuen Taschen kennt: Kleine Beutel mit Silikagel saugen Feuchtigkeit auf und schützen so das Produkt. Dieselben Stoffe lassen sich auch für Sorptionsspeicher nutzen: Nicht nur Silikate, auch Salze oder Zeolithe, das sind kristalline Aluminosilikate, saugen Wasser auf. „Trocknet man das Material, lässt es sich gut lagern. Wird es befeuchtet, bekommt es bis zu 80 Grad Celsius“, sagt Steinmaurer. So kann man zu einem beliebigen Zeitpunkt auf die gespeicherte Wärme zurückgreifen.
Am ASiC entwickelt man Pellets aus unterschiedlichen Materialien und testet diese in einer drehbaren Wärmetrommel. Weil deren Speicherladezustand nicht direkt über die Temperatur gemessen werden kann, werden auch neue Sensortechnologien entwickelt. Die Trocknung erfolgt durch sogenannte duale Desorption, bei der Energie sowohl aus Solarthermie als auch aus Fotovoltaik genutzt wird. Die Technologie arbeitet also mit Wärmeübertragung und Bestrahlung der Speichermaterialien. Am Ende müssen die neuen Speichertechnologien vor allem eines sein: günstig. Die Herstellungskosten dürfen nicht über den Energiekosten liegen, die sich sparen lassen.
Auch Elektroautos heizen
Nicht nur Häuser könnten sich so künftig mit Energie aus dem Sommer heizen lassen, sondern etwa auch Elektroautos. „Bei zehn Grad minus muss man dann die elektrische Batterie nicht mehr mit dem Heizen belasten“, sagt Steinmaurer. Aber auch in Autos mit Verbrennungskraftmotor könne es nützlich sein, Temperatur aus der letzten Fahrt für das nächste Starten mitzunehmen: Ein vorgewärmter Motor erzeugt auch weniger Emissionen.