Kategorie Innovation & Technologie - 14. Oktober 2020

Merkur-Sonde »BepiColombo« vor Rendezvous mit der Venus

Schwungholen und Datensammeln auf dem Weg zum Merkur

Nach dem Vorbeiflug an der Erde im April 2020 stattet die im Oktober 2018 gestartete europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo nun erstmals einem anderen Planeten in unserem Sonnensystem einen Besuch ab, um dessen Anziehungskraft für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung zu nutzen. Für das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das führend an drei Messgeräten beteiligt ist, bietet sich die nächste Gelegenheit, die Sensoren in Betrieb zu nehmen und Daten zu sammeln.

 

Auf ihrer Jahre dauernden Mission zum Merkur steht die Sonde BepiColombo nun vor ihrem ersten Rendezvous mit der Venus. Bei ihrem zweiten von insgesamt neun Swing-By-Manövern wird sich die Doppelraumsonde BepiColombo am 15. Oktober um 05.57 MESZ der Venus auf 10.663 Kilometer nähern, um die Geschwindigkeit und Flugbahn in Richtung Merkur anzupassen. Die Venus ist jener Planet, der auf seiner Umlaufbahn der Erde mit einem minimalen Abstand von 38 Millionen Kilometern am nächsten kommt. Derzeit ist der Planet in aller Munde, weil in seiner Atmosphäre Monophosphan als möglicher Biomarker für außerirdisches Leben gefunden wurde.

Der Fly-By ist aber auch großer Moment für beteiligte Forschende. Sieben der elf Instrumente an Bord sollen Wissenschaftsdaten von der Venus sammeln. Auf die Ergebnisse jener drei Messgeräte, an deren Entwicklung sie führend beteiligt waren, warten auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom IWF mit Spannung. Das Grazer IWF ist an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden von BepiColombo beteiligt. Sie sind während der rund fünftägigen Venus-Kampagne durchgehend eingeschaltet.

BepiColombo sagt der Erde Lebewohl

„Die Flugbahn während des ersten Venus-Vorbeiflugs verspricht interessante Daten hinsichtlich der magnetischen Aktivität rund um den Planeten“, betont IWF-Wissenschaftler Martin Volwerk. „Wir können beobachten, wie sich die Aktivität des Magnetfeldes verändert, während sich BepiColombo dem Planeten nähert und sich dann wieder von ihm in kaum erforschte Magnetschweif-Regionen entfernt.“

„Es ist ein besonderes Manöver, aber es ist so viel Platz und so gut berechnet, dass wir uns keine Sorgen machen“, sagt Simon Plum vom ESA-Satellitenkontrollzentrum (Esoc) in Darmstadt. Coronabedingt sei die Besetzung im Zentrum zwar etwas eingeschränkt, aber nach wie vor völlig ausreichend.

 

Ein ähnliches Manöver flog BepiColombo im vergangenen April, als sich die Sonde für einen Vorbeiflug bis auf weniger als 12.700 Kilometer der Erde näherte, ein Katzensprung in den Weiten unsere Sonnensystems. Auf dem Flug zum Merkur, dem kleinsten und schnellsten Planeten in unserem Sonnensystem, wird die Sonde im kommenden August in nur 550 Kilometern Höhe noch einmal an der Venus und insgesamt sechsmal am Merkur vorbeifliegen, bevor sie 2025 in ihre endgültige Umlaufbahn einschwenkt. Nach rund sieben Jahren Flugzeit wird die 2018 gestartete Sonde dann rund neun Milliarden Kilometer zurückgelegt haben.

Der Nachbarplanet der Erde war kürzlich wieder in den Fokus gerückt. Erst im September gaben Astronomen bekannt, dass sie in der Venus-Atmosphäre das Gas Monophosphan entdeckt haben. Auf der Erde entsteht dieses vor allem durch biologische Prozesse, die unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Die Forscher räumten aber gleich ein, dass der Nachweis in der Venus-Atmosphäre kein belastbarer Beleg für eine biologische Quelle auf dem Planeten ist.

Die Merkur-Mission ist die erste europäische zum der Sonne am nächsten gelegenen Planeten. Auf der Sonde sitzen zwei Orbiter aus Deutschland und Japan. Sie sollen nach dem Einschwenken der Sonde in eine Umlaufbahn um den Merkur 2025 das Magnetfeld, die Oberfläche oder auch Sonnenwinde untersuchen.

apa/red

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.

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