4. Mai 2021
Die Mission Innovation Austria zeigt Wege in die Energiezukunft
Auch die Mission Innovation Austria Week ist pandemiebedingt in den virtuellen Raum ausgewichen und hat sich mit der MIA-Onlinekonferenz noch einmal erfolgreich weiterentwickelt. Am 28. und 29. April 2021 fand so der Höhepunkt der seit einem Jahr laufenden Eventserie MIAOnline statt. Auch hier im Mittelpunkt die Bedeutung von Forschung und Innovation auf dem Weg zu einer sicheren Energieversorgung mit 100 Prozent erneuerbarer Energie und dem damit einhergehenden Umbau des Energiesystems.
Die zwei Tage der Mission Innovation Online-Konferenz boten so ein Feuerwerk an Energieinnovationen: Forschung, Wirtschaft, Politik und Kommunen trafen sich bei der virtuellen Veranstaltung und skizzierten einen gemeinsamen Weg zu Österreichs Klimaneutralität bis 2040. Ob Reallabore, Smarte Regionen, Wasserstoff als vielseitig nutzbarer Ergänzung zur Energiewende oder die Chancen der Kreislaufwirtschaft – wie die Energiezukunft zielsicher mit Forschung und Innovation erreicht werden kann, erörterten Expert:innen in Panels und interaktiven Diskussionen, mehr als 800 Teilnehmende verfolgten die zahlreichen Formate. Der Tenor: Energieinnovationen gelingen nur, wenn alle an einem Strang ziehen.
„Mit der Mission Innovation Austria positioniert sich Österreich als Vorreiter in Forschung und Innovation für neue Zukunfts- und Energietechnologien. Enge Zusammenarbeit mit unseren Partner:innen und gute Kooperationen – all das vereint die Mission Innovation Austria Online“, so Gewessler. Innovation und Forschung seien seit Jahren zentrale und entscheidende Treiber für einen klimafreundlichen Wandel, „dabei leistet Forschung, Entwicklung und Innovation auch einen wichtigen Beitrag zur Krisenbewältigung in Österreich, stärkt unsere Wirtschaft und bringt uns zudem international beim Klimaschutz auf die Überholspur“.
Ein Highlight der Konferenz war auch die Verleihung der MIAAwards durch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Die Preisträger:innen zeigten in beeindruckender Weise, was bereits möglich ist, um mit Innovationen die Energiewende voranzubringen.
In der Kategorie Resilient Energy Systems wurde dabei das Projekt Erigeneia für seine verbesserten Wetterprognosen durch Machine Learning ausgezeichnet. In dieser Kategorie werden laufende oder abgeschlossene FTI-Projekte, innovative Ideen oder unternehmerische Konzepte ausgezeichnet, die die Transformation der Energiesysteme in Richtung Resilienz unterstützen. Die Projekte oder Konzepte sollen zur Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit von zukünftigen Energiesystemen beitragen. Dieser Award wird gemeinsam mit der Austrian Power Grid (APG) vergeben.
In der Kategorie Tech Solution & Local Hero werden herausragende Leistungen im Bereich angewandte Forschung und Technologieentwicklung ausgezeichnet, die maßgeblich zur Umsetzung zukünftiger Energiesysteme beitragen sowie Pionier:innen, denen die Umsetzung von zukünftigen Energiesystemen in einem Teilbereich bereits gelungen ist. Partner und Paten für diesen Award sind die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) sowie der Klima- und Energiefonds. Das Unternehmen Fronius erhielt den Award in dieser Kategorie für Solhub, eine kombinierte Anlage zur Wasserstoffproduktion und Anwendung in der Logistik.
Die effektivere Nutzung von Maschinendaten ermöglicht die Plattform gnista.io des Startups Campfire Solutions, das in der Kategorie Entrepreneur ausgezeichnet wurde. Diese würdigt junge Start-ups oder Ideen für ein neues Geschäftsmodell, welches das Potential zu einem Game Changer in der Energiewende hat. Es werden innovative Geschäftsmodelle gesucht, die neuen Technologien zum Durchbruch verhelfen. Die Patenschaft übernehmen die Austria Wirtschaftsservice (AWS) und der Verband Oesterreichs Energie.
Zudem werden in der Kategorie Next Generation eine herausragende fachbezogene Masterarbeit oder Dissertation aus den letzten drei Jahren prämiert, die einen Lösungsansatz für eine praktische Problemstellung im Themenbereich zukünftiger Energiesysteme behandelt. Heuer wurden vier Nachwuchsforschende ausgezeichnet: Der erste Platz und ein Preisgeld von 3.000,- Euro erhielt Bernadette Fina (AIT) für ihre Arbeit On the Profitability of PV Sharing in Residential Energy Communities. Weitere Auszeichnungen und ein Preisgeld von je 1.000,- Euro bekamen
Kordula Rothböck (FH Oberösterreich, Model-basierte nachhaltige Produktentwicklung auf E-Motoren angewandt), Anna Traupmann (Montanuniversität Leoben, Elektrische Zellennetzmodelle zur Überwindung zukünftiger Herausforderungen), Valeriya Azarova (JKU, PeakAPP Project)
(Klein-)Städte als Motor gegen die Klimakrise
Neben den großen Ballungszentren ist auch bei kleineren Kommunen das Thema Resilienz inzwischen hoch oben auf der Agenda. Wie die Gestaltung der kommunalen Energiewende, die Anpassungen an den Klimawandel und klimaresiliente Stadtquartiere in der Umsetzung gelingen können, zeigten zahlreiche Best Practice Beispiele des Klima- und Energiefonds. „Energiewende passiert nicht einfach, sie muss aktiv vorangetrieben werden“, ist Geschäftsführerin Theresia Vogel, überzeugt. „Ein Eckpfeiler unserer Strategie ist der Wissenstransfer aus innovativen Stadtprojekten. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren – lernen wir voneinander!“, so Vogel weiter.
Wie Wasserstoff zur Unterstützung der Energiewende sinnvoll genutzt werden kann, zeigte eine zweiteilige Session der Konferenz. Die aus der Hydrogen-Vorzeigeregion WIVA P&G gewonnenen Erkenntnisse zu notwendigen Technologien und Demonstrationsprojekten standen dort im Fokus. In interaktiven Projektvorstellungen veranschaulichten, wie Wasserstoff aus grünem Strom hergestellt wird, zu Methan oder anderen Kohlenwasserstoffen weiterverarbeitet und sektorenübergreifend genutzt wird. „Für die Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft ist neben der Technologie auch die Integration in die nationale und internationale Rechtsordnung notwendig“, betonte Horst Steinmüller, Geschäftsführer der Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas (WIVA P&G). Sektorenkopplung müsse nicht nur ein Schlagwort bleiben, sondern in der Umsetzung maßgeblich zur Reduktion von Treibhausgasemissionen weltweit beitragen. Österreich als europäischer Energieknoten und industriestarke Nation könne hier in vielen Bereichen eine Vorzeigerolle übernehmen.
Regionale Antworten aus dem Westen Österreichs lieferten die Standortagentur Tirol und Energie Tirol mit der Präsentation des energiepolitischen Programms Tirol 2050 energieautonom, welches neben der bestmöglichen Nutzung sämtlicher in Tirol verfügbarer erneuerbarer Ressourcen und Technologien auch auf die vielfältigen Ideen und das persönliche Engagement der Bevölkerung baut. „Unser Ziel in Tirol ist es, den Energiebedarf annähernd zu halbieren und bis 2050 bilanziell zur Gänze aus heimischen, erneuerbaren Ressourcen zu decken. Ohne Energiewende sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Wir wollen mit unserem Weg zudem regionale Wertschöpfungsketten stärken“, so der Tiroler Energielandesrat Josef Geisler.
Die Aufzeichnungen der beiden Konferenztage stehen weiterhin hier zum Nachschauen zur Verfügung.
Ausreichend Solarstrom durch freie Dachflächen
Wie es ganz praktisch mit der Energiewende außerdem weitergehen könnte, zeigt auch eine Studie, die das enorme Potential von Dachflächen in Österreich für Photovoltaikanlagen untersuchte. Mit Solarstromanlagen auf allen größeren Gebäuden wie Supermärkten und Lagerhallen könnte Österreich das Klimaziel erreichen, ab 2030 sämtlichen Strom aus erneuerbarer Energie zu beziehen, erklärte Christian Mikovits von der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien der APA. Ebenso würde es reichen, auf 0,7 Prozent der verfügbaren Freiflächen Photovoltaik-Anlagen zu installieren.
Mikovits, der am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der BOKU Wien forscht, untersuchte mit Kolleg:innen anhand der geografischen Raster im „Geographischen Informationssystem (GIS)“ der Bundesländer, wie viele Dachflächen in Österreich für Photovoltaikanlagen zur Verfügung stünden. „Insgesamt gibt es in Österreich circa 2,5 Millionen Gebäude mit einer Grundfläche von 730 Quadratkilometern“, berichtet er. Dazu kommen 50 Quadratkilometer Fläche von (nicht als Gebäude klassifizierten) Gartenhütten. Nutzbar davon wären gut 15 Prozent, das sind ungefähr 120 Quadratkilometer. Der Rest fällt wegen der ungünstigen Ausrichtung, Aufbauten, Dachfenstern, einem schlechten Zustand oder Denkmalschutz aus.
Ein österreichisches Klimaziel für 2030 ist, 30 Terawattstunden Strom pro Jahr aus erneuerbaren Quellen zu beziehen, elf davon sollen von Solarstrom kommen. „Sortiert man die geeigneten Gebäude von groß nach klein und baut in dieser Reihenfolge Photovoltaik-Anlagen auf die Dächer, wäre dieses Ziel nach 30 Prozent der Gebäude erreicht“, so der Forscher. Dann wären alle Gebäude mit über 220 Quadratmeter Grundfläche mit Solaranlagen versehen. Die Krux ist aber, dass man in den nächsten knapp zehn Jahren dazu pro Tag 400 Anlagen installieren müsste, was absolut unrealistisch ist. „Deshalb wird man zumindest temporär auch freie Flächen am Boden nutzen müssen“, meint er.
Deshalb untersuchten die Forscher im Zehn-Quadratmeter-Raster, welche anderen Flächen man ebenfalls für Solaranlagen nutzen könnte. Waldflächen und alpine Gebiete fallen hier prinzipiell aus, die anderen Flächen in der Landschaft wie etwa Beton-, Wiesen-, Verkehrs- und landwirtschaftliche Flächen sahen sie sich auf ihr Potenzial für Photovoltaik-Nutzung genauer an. Hier wäre zum Beispiel oft ein Doppelnutzen mit Solaranlagen und Landwirtschaft möglich, sogenannte Agri-Photovoltaik.
Das funktioniert am ehesten beim Gemüseanbau, denn dabei kommt man meist mit kleinen landwirtschaftlichen Fahrzeugen aus, die zwischen den Photovoltaik-Paneelen durchfahren könnten, so Mikovits. Für effizienten Getreideanbau werden oft große Traktoren und Mähdrescher benötigt, was einen Doppelnutzen der Flächen mit Solaranlagen ausschließt. Zusätzlich gibt es österreichweit viele „Verkehrsrandzonen“ etwa entlang von Autobahnen, innerhalb der Autobahnknoten und bei Auffahrten sowie Deponieflächen, die sich für eine Photovoltaiknutzung sehr gut eignen.
Über ganz Österreich haben die Forscher beinahe 32.000 Quadratkilometer Freifläche identifiziert. „Davon müssten nur ungefähr 0,7 Prozent für Photovoltaik-Installationen verwendet werden, um auf die elf Terawattstunden Strom pro Jahr zu kommen“, so Mikovits.
Studie zeigt weiter hohe Zustimmung für Energiewende & engagierte Klimapolitik