Kategorie Innovation & Technologie - 27. November 2015
Wenn sich Ministerien gemeinsam an einen Tisch setzen
Viele Problemstellungen, die uns beschäftigen, halten sich nicht an Ressortgrenzen. Aufgrund der Alterung der Gesellschaft werden z.B. Krankheitsbilder wie das der Demenz zunehmen – weshalb das Gesundheitsministerium (BMG) derzeit an einer Demenzstrategie arbeitet. Demenz ist aber nicht nur ein Gesundheitsthema und erfordert neue Lösungsansätze in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten hat das BMG jedoch kaum Möglichkeiten, Forschungsprojekte im Verkehrsbereich (z.B. Ausstattung des Öffentlichen Raums, Navigation und Begleitung etc.) zu unterstützen. Das bmvit wiederum beschäftigt mit dem Thema im Bereich Mobilität und Assistenzsysteme fürs Alter (Ambient Assisted Living) – ist aber nicht für Projekte im Gesundheitsbereich zuständig.
Ministerien-übergreifende Arbeitsgruppe
Im Oktober wurde die interministerielle Roadmap „Koordinierte FTI-Strategien und -Maßnahmen für Mobilität und Lebensqualität vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ veröffentlicht. Es geht dabei um Forschungsförderung – genauer gesagt darum, dass Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Ministerien gemeinsam in einer Arbeitsgruppe (AG) Themenschwerpunkte festlegen und Maßnahmen erarbeiten, in denen Forschung gefördert wird.
„In den ersten Sitzungen der AG <Lebensqualität und demografischer Wandel> stand ein Kennenlernen und ein Vertrauensaufbau sowie ein Identitätsfindungsprozess (Was kann und soll die AG eigentlich leisten?) im Vordergrund. Mittlerweile sind es insgesamt 30 Sitzungen, in denen unterschiedliche Schwerpunkte bearbeitet wurden. Wenn zehn Fachvertreterinnen und -vertreter aus fünf Ministerien eingebunden sind, ist ein Grundkonsens und gegenseitiges Vertrauen das Wichtigste. Wie in jeder Arbeitsgruppe, in der verschiedene Zuständigkeiten und fachliche Hintergründe aufeinandertreffen, kann das schon eine Weile dauern. Ein mittlerweile sehr gutes Verhältnis der Arbeitsgruppenmitglieder und die Bereitschaft, sich ein Stück weit auf Neues einzulassen, war sicher ausschlaggebend für den Erfolg“, berichtet Walter Wasner, bmvit-Mitarbeiter in der Abteilung Mobilitäts- und Verkehrstechnologien, von den Herausforderungen der Zusammenarbeit.
Da werden Word-Dokumente im Korrekturmodus hin- und hergeschickt
Seit Beginn 2014 haben die Mitglieder zusammen mit externen Expertinnen und Experten zielgerichtet an der Roadmap gearbeitet: „Die Zusammenarbeit verläuft dabei relativ unspektakulär. Da werden Word-Dokumente im Korrekturmodus hin- und hergeschickt und in regelmäßigen Treffen sitzt man gemeinsam am Tisch und bringt Textentwürfe mit. Ein derartiger Prozess funktioniert wie woanders auch, wenn es jemanden in der Gruppe gibt, der den Prozess vorantreibt und Vorschläge liefert, die dann von den anderen Mitgliedern akzeptiert werden können. In diesem Falle hat diese Rolle – aufgrund seiner besonderen Themenaffinität – die Abteilung Mobilitäts- und Verkehrstechnologien des bmvit übernommen“, ermöglicht Wasner einen Blick hinter die Kulissen seiner Arbeit.
Themen für Forschungsförderungen werden auf Basis des jeweiligen politischen und programmatischen Rahmens, des aktuellen Wissensstands sowie von Prognosen für zukünftige Trends (Foresight) oder von Vorschlägen aus der Forschungscommunity festgelegt. „In der Regel werden entsprechend der Kernzuständigkeiten aber nur einzelne Fachthemen betrachtet und Zusammenhänge und Wechselwirkungen bleiben außen vor. Mit dieser Roadmap ist nun der Grundstein für eine gemeinsame Strategie gelegt,“ freut sich Wasner über den Erfolg der Zusammenarbeit. Erste Maßnahmen der Roadmap wurden bereits in die aktuelle 6. Ausschreibung „Mobilität der Zukunft“ aufgenommen. Erstmals werden dabei übergreifende Themenstellungen wie „Mobilität und Gesundheit“ oder „Mobilität und Demenz“ behandelt, um interdisziplinäre Lösungsansätze zu ermöglichen.
Die Arbeitsgruppe wird sich weiterhin treffen, denn sie soll auch neue Wege für eine bessere Umsetzung der Ergebnisse erarbeiten. „Forschung ist ebenso wie Gesellschaft sehr dynamisch. Daher müssen wir auch die Roadmap periodisch weiterentwickeln und auf ihre Wirksamkeit untersuchen.“ Viel zu tun also – blickt Wasner in die Zukunft: „Es wird sicher nicht bei den 30 Sitzungen bleiben.“