Kategorie Innovation & Technologie - 15. August 2016
Neue Systeme für die Kommunikation von Mensch und Maschine
Wien – Welche Rolle wird der Mensch in der Fabrik der nahen Zukunft spielen, in der Maschinen und Produkte miteinander kommunizieren? An Industrie 4.0, so der etwas schwammige Begriff für die Verschmelzung von IT und Produktion, führt kein Weg vorbei. Unklar ist indes, welche Jobs dadurch verlorengehen, welche neuen geschaffen werden. Ohne menschliche Arbeitskräfte wird es trotz selbstständig kommunizierender Geräte nicht gehen. Die Frage ist eher, wie sich die Interaktion gestalten lässt.
Genau diesem Thema widmet sich eine Forschungskooperation von Wissenschaftern der Technischen Universität (TU) Wien und Experten des IT-Dienstleisters Tieto. Das Grundproblem: Wenn die Maschinen miteinander kommunizieren, wird es für Menschen rasch unübersichtlich. Es braucht daher eine Möglichkeit, wie die Daten gereinigt werden, damit die wichtigen Informationen rasch und übersichtlich ablesbar sind.
Vorbild Facebook
Allan Hanbury, Senior Researcher am Institut für Softwaretechnologie und Interaktive Systeme der TU Wien: „Wir sehen uns das Kommunikationssystem zwischen Mensch und Maschine an.“ In dem Projekt „Harnessing Information from Social Networks in Industry 4.0“, das von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit einem sechsstelligen Betrag unterstützt wird, arbeiten drei Wissenschafter der TU. Die erste Phase läuft noch bis Juni kommenden Jahres, dann wird es zu einer Evaluierung kommen.
Konkret sollen die sozialen Netze als Vorbild dafür dienen, wie die Unmengen an Maschinendaten auf verständliche Weise den Mitarbeitern übermittelt werden können. Dazu wird ein Algorithmus entwickelt, der die relevanten Daten voranstellt – ganz so wie beispielsweise bei Facebook versucht wird, die für den jeweiligen Nutzer wichtigen Postings an prominenter Stelle zu zeigen. In den Fabriken sind es halt keine Katzenvideos oder Kindergeburtstage, sondern Nachrichten über drohende Produktionsengpässe oder andere Probleme. Dazu müssen die Texte analysiert und nach Wichtigkeit gereiht werden. Schließlich sollen die entwickelten Algorithmen in der Praxis erprobt werden.
Kontrolleur statt Produzent
Der Hintergrund: Der Mensch nimmt in der Produktion zunehmend die Rolle des Kontrolleurs ein und ist nicht mehr selbst aktiv. „In unserem Projekt sind Menschen die Problemlöser. Wenn es gut läuft, sind Maschinen bestens geeignet, doch sobald Probleme auftreten, braucht es Menschen“, sagt Hanbury. Zum Einsatz sollen Mobilgeräte kommen, über die man die Informationen ablesen und dann auch gleich darauf reagieren kann. Dies soll so gestaltet werden, dass es keine spezielle IT-Ausbildung dafür braucht, sondern durch Fachkräfte der jeweiligen Produktion angewendet werden kann.
Die Beschäftigung mit Industrie 4.0 ist neu für Hanbury und sein Forschungsteam. „Bisher haben wir uns unter anderem der Suche in wissenschaftlichen und technischen Informationen gewidmet.“ Beispielsweise wird an einer Methode geforscht, wie Patentdatenbanken auf einfache und günstige Weise durchsucht werden können, was speziell für Start-ups wichtig wäre. In einem weiteren Projekt widmet sich das Team von Hanbury der Analyse medizinischer Fachartikel und Krankenakten: In den Texten sollen beispielsweise die verwendeten Medikamente gefunden werden. (Robert Prazak, 15.8.2016)