Kategorie Innovation & Technologie - 26. August 2019
ÖBB testen ab September Akku-Zug im Fahrgastbetrieb
Ökozug mit viel Zukunftspotential
Gemeinsam investieren ÖBB und Siemens Mobility viel Know-how, um die Zukunft des Personenverkehrs noch umweltfreundlicher zu gestalten. Vergangenes Wochenende wurde der Cityjet eco im Rahmen des 130-jährigen Jubiläum der Franz-Josefs-Bahn auf der nicht-elektrifizierten Kamptalbahn vorgestellt. Und genau dort wird der elektro-hybride Prototypzug ab Montag, 2. September 2019 im echten Fahrgastbetrieb zu Testzwecken unterwegs sein.
Zuvor wurde den Projektpartnern durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) die Zulassung für den ersten Batteriezug nach europäischen Standards für Österreich überreicht.
Wo ein Betrieb danach tatsächlich sinnvoll ist, hängt laut ÖBB aber von Passagieraufkommen und Rentabilität einer Strecke, ausreichender Länge der Bahnsteige und auch den politischen Gegebenheiten im betreffenden Bundesland ab. Das tatsächliche Potential für den akkubetriebenen Cityjet eco in Österreich wird zunächst auf 25 Stück geschätzt, hauptsächlich in Niederösterreich.
Dazu gehört auch die Aspangbahn, wo der Ökoableger des Cityjets bereits im Frühjahr zu Testfahrten unterwegs war. Kommende Testfahrten mit Passagieren finden im September neben der Kamptalstrecke auf der Traisentalbahn und der Erlauftalbahn statt.
Im Fokus bei den Tests stehen die Batterien im Fahrgastbetrieb. Ziel ist es mit den Erkenntnissen aus den Pilotprojekt eine Serienlösung auf mehreren nicht elektrifizierten Strecken zu entwickeln.
Umweltfreundlich & recyclebar
Der von Siemens Mobility und ÖBB entwickelte Triebwagen ist die CO2-neutrale Lösung für den Einsatz auf nicht-elektrifizierten Strecken. Auf dem Dach des Zuges befindet sich ein Batteriesystem, das sich auf elektrifizierten Abschnitten über den Stromabnehmer mit dem grünen Bahnstrom auflädt. Im Vergleich zu Dieselfahrzeugen kann der ÖBB Cityjet eco dann die nicht-elektrifizierten Streckenabschnitte in Niederösterreich nahezu geräusch- und emissionslos bewältigen.
https://www.facebook.com/unsereOEBB/videos/cityjet-eco-teaser/298440604081773/
Klaus Garstenauer, Leiter Nah- und Regionalverkehr der ÖBB-Personenverkehr AG: „Mit dem Cityjet eco bringen die ÖBB den ersten Prototyp einer neuen Generation von Akkutriebzügen auf Schiene. Niederösterreich ist das Bundesland mit den meisten nicht-elektrifizierten Strecken, daher freut es mich sehr, dass der Zug hier seine Premiere im Fahrgastbetrieb feiert.“
Die Akkus sind Lithium-Titanat-Batterien und können während der Fahrt an der Oberleitung geladen werden, um dann auf einem nicht elektrifizierten Streckenteil mit Akkustrom fahren. Die vom Netz bezogene Leistung ändert sich dabei nicht, dem Zug steht während des Ladens also weniger Energie für den Antrieb zur Verfügung. Im Akkubetrieb hat der Zug 1.750 PS, das ist halb so viel wie im Netzmodus. Trotzdem erreicht er auch ohne Oberleitung die Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h.
- 02.09. – 13.09. Kamptalbahn (St. Pölten – Horn)
- 16.09. – 20.09. Traisentalbahn & Kremser Bahn (St. Pölten – Hainfeld & St. Pölten – Krems)
- 23.09. – 27.09. Erlauftalbahn (Pöchlarn – Scheibbs)
Diese modifizierten Batterien erlauben – verglichen mit herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien – deutlich höhere Ladeströme zur Schnellladung. Durch ein spezielles thermisches Konzept der Batteriecontainer erwarten die Expertinnen und Experten, dass es keinen Einfluss auf die Lebensdauer und den Ladezustand der Akkusaufgrund äußerer Witterungsverhältnisse geben wird. Die Lebensdauer der Batterien soll bei Serienreife rund 15 Jahre betragen, was zur Folge hätte, dass sie über die Gesamtnutzungsdauer des Zuges nur einmal gewechselt werden müssen.
Die Reichweite des 75 Meter langen Zugs, der 244 Sitzplätze bietet, liegt bei 80 Kilometer im Akkubetrieb, was für etwa 80 Prozent der nicht-elektrifizierten Strecken in Österreich ausreichen würde. Durch technische Verbesserungen soll die endgültige Version sogar 120 Kilometer weit fahren können – ebenfalls bei der Spitzengeschwindigkeit. An einem Schnittstellenbahnhof könnte der Zug zudem in nur zehn Minuten aufgeladen werden. Auf der Strecke dauerte das freilich länger. Der Akku hat eine Kapazität von 500 Kilowattstunden und wird durch Kühlung und Heizung im optimalen Temperatrubereich gehalten.
Auf längere Sicht könnte der Cityjet eco nicht nur nicht-elektrifizierten Bahnstrecken emissionsfrei bewältigen, sondern durch den Wegfall des Umsteigens sogar neue Direktverbindungen generieren – beispielsweise zwischen Horn und St. Pölten. In der Steiermark, wo ebenfalls heuer Testfahrten stattfanden, könnte der Cityjet eco gar für eine grenzübergreifende Streckenrenaissance sorgen. Im Falle einer Wiedervereinigung der Radkersburger Bahn mit der Strecke jenseits der Murgrenze im heutigen Slowenien könnte der Elektro-Cityjet eine wieder aktivierte Verbindung mit einer Gesamtstreckenlänge von zwei Mal 55 Kilometern von Spielfeld aus locker bewältigen. Großes Zukunfts- und Verbindungspotential des neuen elektro-hybriden Triebwagens.