Kategorie Innovation & Technologie - 26. November 2019

Österreich im Weltraum: Vor 50 Jahren flog erstes Messgerät Made in Austria ins All

Mit der Mission Austromir landete die österreichische Weltraumforschung im Bewusstsein der heimischen Bevölkerung. Und mit dem Austronauten Franz Viehböck sowie dem im vergangenen Jahr verstorbenen Weltraumforscher Willibald Riedler standen lange Zeit zwei Männer im Fokus des Interesses an Österreichs Weltraumaktivitäten. Beide sind als Paten für die wissenschaftliche Planung und Umsetzung des Vorhabens Austromir im nationalen Gedächtnis verankert.

Nicht ganz so prominent im Bewusstsein vieler Menschen sind allerdings die etwas weiter zurückreichenden Wurzeln österreichischer Absichten, den Weltraum zwar nicht zu erobern, aber doch auch mitzumischen im All – mit wissenschaftlicher Expertise und viel spezieller Messgerätschaft. Genau heute, 26. November 2019, vor 50 Jahren, startete quasi das erste Stück heimische Weltraumtechnik ins All. Auch dafür war erstaunlicherweise bereits Willibald Riedler verantwortlich.

 

Mondjubiläum hin oder her: Natürlich haben sich auch in Österreich vor 50 Jahren zahlreiche Menschen für den Mond und die erste Landung von Astronauten auf ihm begeistern können. Sehr viel bedeutender für Österreich wog in jenem Jahr 1969 jedoch der Start eines kleinen Messgerätes vom Raketenstartplatzes auf der nordnorwegischen Insel Andøya. Ein gänzlich neues Kapitel in der noch jungen Weltraumforschung wurde damit aufgeschlagen und sollte infolge dessen über die nächsten Jahrzehnte ein kleines Land zu großen technologischen Erfolgen im Weltraum führen.

Inspirationsquell Sputnik

Riedler war eigentlich Professor für Nachrichtentechnik, konzentrierte sich aber bald auch auf die Weltraumforschung – wie in vielen einschlägigen Biografien von Weltraumwissenschaftlern auch durch den Start des ersten Satelliten Sputnik der UdSSR 1957 angestoßen. Nach sieben Jahren am Geophysikalischen Observatorium der Königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Kiruna wurde Riedler 1968 an die damalige Technische Hochschule Graz berufen. An dieses brachte er die Einladung des norwegischen Forschungsrates mit, ohne Kostenbeteiligung Messgeräte auf norwegischen Forschungsraketen fliegen zu lassen.

 

So konnte im November 1969 das erste in Österreich gebaute Messgerät in den Weltraum starten. In den darauffolgenden Jahrzehnten folgten an die 70 weitere Weltraumprojekte, an denen Riedler federführend beteiligt war – nicht zuletzt deshalb galt er als Österreichs Weltraumpapst. Unter seiner Leitung entwickelte Messgeräte flogen seit Ende der 1960er-Jahre an Bord von internationalen Höhenforschungs- und Stratosphärenballonen sowie auf Sonden in den interplanetaren Raum.

Preview einer umfangreichen Dokumentation zu österreichischen Weltraumaktivitäten:

 

Die von ihm initiierten Teams an der Technischen Universität (TU) Graz, am IWF und am Institut für Angewandte Systemtechnik der Joanneum Research waren gefragte Projektpartner.Willibald Riedler war so an zwei Weltraum-Erfolgen in Rot-Weiß-Rot maßgeblich beteiligt, die für die heimische Weltraumforschung bis heute als Motor wirken.

Auch für Margit Mischkulnig, Leiterin der Abteilung für Weltraumangelegenheiten im BMVIT, ist der Weltraum das beste Beispiel dafür, dass Europa mit vereinten Kräften stark ist und eine Infrastruktur von Weltklasserang geschaffen hat. „Die Raumfahrt ist ein Hochtechnologiesektor und ein sehr bedeutender Wirtschaftsbereich in Österreich. Heutzutage ist Weltraumtechnologie aus Österreich in Trägerraketen sowie in Satelliten vorhanden und sie ist bei vielen Missionen der Europäischen Weltraumorganisation und auch bei internationalen Missionen mit an Bord. Österreich hat sich, mit großer Unterstützung des BMVIT, zu einem tragenden Mitglied der europäischen und internationalen Raumfahrtcommunity entwickelt und unsere Betriebe und Forschungseinrichtungen beweisen immer wieder ihre herausragende Expertise insbesondere als Entwickler kritischer Technologien.“

Wie alles begann

Der Start von Sputnik gilt nicht nur in vielen Biografien als Startpunkt für das Interesse am Weltraum, sondern kann als Startpunkt für die Weltraumforschung in Europa generell bezeichnet werden. Dadurch wurde auch Österreich in den 50er Jahren auf die Bedeutung des Weltraums aufmerksam. Viele Institute begannen mit Weltraumforschungsprogrammen, so beschäftigte sich beispielsweise das Institut für Theoretische Physik an der Universität Innsbruck mit Plasmaphysik, und das Institut für Meteorologie und Geophysik in Wien unternahm Aktivitäten im Bereich der Ionosphärenphysik.

Zwischen 1961 und 1964 war Österreich am Komitee zur Vorbereitung der Schaffung der Europäischen Raumfahrtagentur (COPERS) beteiligt. Seit 1969 arbeitet das Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der Technischen Universität Graz an Entwicklung und Bau von Instrumenten für die Erforschung des Weltalls und zur Satellitenkommunikation. Das Weltrauminstitut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurde 1970 gegründet, die Austrian Space Agency 1972.

Von Anfang an hat sich Österreich dazu entschlossen, in Weltraumangelegenheiten aktiv zu sein. Diese Entscheidung hat die Entwicklung der Österreichischen Raumfahrttechnologie, Raumfahrtindustrie und Weltraumforschung gefördert. Auf diese Weise wurden viele Arbeitssplätze geschaffen, und Österreich wurde ein echter Partner in der Raumfahrtwelt. Österreich hat sich, wie viele andere Länder auch, dazu entschlossen, in internationaler Kooperation zu arbeiten. Seit 1975 ist Österreich an Programmen der European Space Agency (ESA) beteiligt, 1981 wurde es assoziiertes Mitglied und 1987 Vollmitglied.

Die Beteiligung an ESA-Aktivitäten umschliesst obligatorische und optionale Programme. Zu den obligatorischen Programmen gehören das Wissenschaftsprogramm, das Technologieprogramm und die Studienprogramme und Forschungsstipendien.

 

Optionale Programme beinhalten alle Gebiete angewandter Weltraumforschung und Raumfahrttechnologie wie Erdbeobachtung und Mikrogravitationsforschung, das Programm für die Entwicklung von wissenschaftlichen Experimenten (Prodex) und auch das Raumfahrt-Infrastrukturprogramm (Ariane 5 und bemannte Raumfahrt) sowie Telekommunikation und Navigation.

Besonders mit der früheren Sowjetunion wurden bilaterale Kooperationsprojekte ausgeführt wie die Entwicklung von Österreichischen Instrumenten zur Installation auf Raumfahrtsonden und deren Missionen, zum Beispiel für die Venus-Sonden Venera 13 und 14 (1981 – 1982), die Flüge Vega 1 und 2 (1984 – 1986) zum Halleyschen Kometen und die PHOBOS Mars Sonden (1988 – 1989).

Höhepunkt der Zusammenarbeit mit der früheren Sowjetunion war die AUSTOMIR-91 Mission, der Flug des ersten österreichischen Kosmonauten, Franz Viehböck, zur Raumstation MIR. An Bord von MIR wurden 14 österreichische Experimente erfolgreich durchgeführt. Weitere bilaterale Zusammenarbeit gab und gibt es mit Norwegen, Schweden, Frankreich, der Schweiz und Deutschland.

 

Österreich spielt auch eine wichtige Rolle im Komitee für die friedliche Nutzung des Weltraumes (Comittee for the Peaceful Uses of Outer Space, COPUOS) der Vereinten Nationen, dessen Vorsitz es von 1957 bis 1996 führte. Das Weltraumbüro der Vereinten Nationen hat seit 1993 seinen Sitz bei den Vereinten Nationen in Wien. 1999 fand die UNO Weltraumkonferenz UNISPACE III in Wien statt.

Im Jahre 2002 startete das Österreichische Weltraumprogramm, eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, in weiterer Folge die Programme ASAP, ARTIST, TAKE-OFF sowie die Österreichische Nano-Initiative.

Eine kurze Geschichte der Weltraumforschung in Österreich

1529 bis 1556: Der Wiener Militärtechniker Conrad Haas beschreibt in einem Buch die damals bekannten Einsatzgebiete der Raketentechnik (etwa Feuerwerk und Waffen) und widmet sich Detailfragen des Raketenbaus, verschiedenen Raketentypen (Studien zu einer Mehrstufenrakete) und Treibstoffgemischen (u.a. Flüssigtreibstoff).

7. August 1912: Der Physiker Viktor Franz Heß entdeckt bei Ballonaufstiegen die Kosmische Strahlung, die er noch Höhenstrahlung nennt. 1936 erhält er dafür den Physik-Nobelpreis.

1923: Der Physiker Hermann Oberth, der als Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik gilt, veröffentlicht seine Dissertation Die Rakete zu den Planetenräumen. 1929 folgt das Werk Die Wege zur Raumschiffahrt, in denen er fast jedes Raumfahrtkonzept beschreibt, das bis dato verwirklicht wurde.

1924: Der gebürtige Bozener Max Valier veröffentlicht das Buch Der Vorstoß in den Weltenraum. Ab 1928 entwickelt er gemeinsam mit Fritz von Opel Raketenantriebe u.a. für Autos. Valier stirbt am 17. Mai 1930 durch die Explosion einer Brennkammer auf dem Prüfstand und gilt als erstes Opfer der Raumfahrt.

1926: Der Wiener Chemiker Franz von Hoefft und der Maschinenbauer Guido von Pirquet gründen 1926 die erste raumfahrtbezogene Gesellschaft in Westeuropa, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Höhenforschung in Wien. Hoefft war Spezialist für Raketentreibstoffe und schlug ein Programm zur Raketenentwicklung vor. Pirquet veröffentlicht 1928 sein Buch Die Möglichkeiten der Weltraumfahrt und berechnet Antriebe einer Marsrakete sowie Flugbahnen zur Venus.

1931: Der oberösterreichische Techniker Friedrich Schmiedl startet seine Versuchsrakete 7, die 102 Briefe aus Schöckl bei Graz in ein Dorf in fünf Kilometer Entfernung transportiert. Seine Idee: Eine Raketenpost zwischen Gebirgsdörfern oder zwischen den großen Hauptstädten der Welt. In Wien wird die Österreichische Gesellschaft für Raketentechnik gegründet.

1932: Der Ingenieur Eugen Sänger eröffnet an der Technischen Hochschule Wien einen Prüfstand für Raketentriebwerke. Seine Dissertation über „Raketenflugtechnik“ wird 1929 abgelehnt, sein 1933 erschienenes Buch wird eines der Standardwerke der Raumfahrtliteratur.

1947: Umfangreiche Aktivitäten im Bereich Ionosphärenphysik am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Graz.

50er Jahre: Forschungsarbeiten im Bereich Plasmaphysik im Weltraum am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck

1954: In Innsbruck findet 5. Kongress der Internationalen Astronautischen Föderation (IAF) statt.

1961-1964: Beteiligung Österreichs an der Schaffung einer Europäischen Raumfahrtagentur (Comité Préparatoire des Recherches Spatiales –COPERS).

1966: Konferenz des internationalen Komitees für Weltraumforschung (COSPAR) in Wien.

1968: Mit UNISPACE I  kommt die erste UNO Weltraumkonferenz nach Wien.

seit 1969: Entwicklung und Bau von Instrumenten für die Erforschung des Weltalls und zur Satellitenkommunikation am Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der Technischen Universität Graz.

1970: Gründung des Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW)

1972: Gründung der Austrian Space Agency (ASA).

seit 1975: Beteiligung Österreichs an Programmen der European Space Agency (ESA)

1975: Erste europäische Weltraum-Sommerschule in Alpbach, Tirol, die seither alljährlich abgehalten wird.

1977: Sitzung des UNO-Komitees zur friedlichen Nutzung des Weltraums (COPUOS) in Wien

1981: Assoziierte Mitgliedschaft Österreichs bei der ESA

1982: Erste Beteiligung des IWF der ÖAW an sowjetischen Planetensonden (Venus-Sonden Venera 13 & 14). UNISPACE II – UNO Weltraumkonferenz in Wien.

1983: Erster Flug des europäischen Weltraumlabors SPACELAB mit dem in Österreich entwickelten Weltraumfenster und drei österreichischen Experimenten.

1986: 37. IAF-Kongreß in Innsbruck (Wahl des ASA-Geschäftsführers Johannes Ortner zum Präsidenten der IAF für die Periode 1986-1988).

1987: Österreich wird Vollmitglied bei der ESA

1991: Die legendäre AUSTROMIR-Mission, Flug des österreichischen Kosmonauten Franz Viehböck zur russischen Raumstation MIR samt Durchführung zahlreicher Experimente.

1993: Übersiedlung des Weltraumbüros der Vereinten Nationen von New York nach Wien.

1996: Abhaltung der Sommerkurse der Internationalen Weltraumuniversität (ISU) in Wien.

1999: UNISPACE III – UNO Weltraumkonferenz in Wien.

2002: Start des Österreichischen Weltraumprogramms, einer Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Programmträgerschaft durch die Austrian Space Agency – in weiterer Folge wickelt die ASA die Programme ASAP, ARTIST, TAKE-OFF sowie die Österreichische Nano-Initiative im Auftrag des BMVIT ab.

2003: Gründung des Europäischen Instituts für Weltraumpolitik ESPI in Wien.

2004: Forschungsreform und Gründung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Eingliederung der Austrian Space Agency als Agentur für Luft- und Raumfahrt (ALR) in die FFG.

2011: Abhaltung der Sommerkurse der Internationalen Weltraumuniversität (ISU) in Graz.

2012: Österreichisches Weltraumgesetz tritt in Kraft.

2013: Start der ersten Österreichischen Satelliten (Vermessung von Helligkeitsschwankungen von Sternen mit bisher nicht erreichter Genauigkeit).

2014: ALR-Chef Harald Posch wird Vorsitzender des ESA-Rates.

2015: Start der NASA-Mission MMS. Die Magnetospheric Multiscale Mission (MMS) untersucht die Dynamik des Erdmagnetfeldes und die zugrundeliegenden Energietransferprozesse – dies geschieht mit der Hilfe von vier Satelliten, die es erlauben, dreidimensionale Messungen zu machen. Das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist der größte nicht-US Partner bei dieser Mission und beteiligt sich an den Messungen der elektrischen und magnetischen Felder.

2016: Ein österreichisches Büro der ESERO-Initiative wird im Auftrag von ESA und BMVIT im Ars Electronica Center Linz eingerichtet. Das European Space Education Resource Office ist ein Projekt der ESA und mit Bildungspartnern in europäischen Ländern zur Förderung des Interesse der Jugend an naturwissenschaftlichen Fragestellungen aktiv.

Der Österreicher Josef Aschbacher wird ESA-Direktor für Erdbeobachtung.

2017: Jubiläum 30 Jahre Österreich bei der ESA.

2018: Aufbruch zum Merkur: Start der Mission BepiColombo mit High-Tech & Know-how aus Österreich an Bord. Die heimische Weltraumindustrie ist an BepiColombo maßgeblich beteiligt und konnte dafür Aufträge in Millionenhöhe an Land ziehen.

ESA-Wettersatelliten mit Sensoren aus Graz fliegen ins All. Am Satelliten GK-2A ist das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit einem sogenannten Vier-Sensoren-Magnetometer (SOSMAG) beteiligt.

2019: Die künftige Weltraumstation Lunar Gateway wird mit Austro-Technik ausgestattet.

Die Zahl der Beteiligungen Österreichs an Raumfahrt-Missionen ist vor allem durch die ESA-Vollmitgliedschaft geradezu explodiert. An zahlreichen ESA-Missionen und -Satelliten waren und sind österreichische Instrumente und Software mit an Bord sowie heimische Wissenschaftler an der Auswertung von Daten beteiligt.

So leitete der Österreicher Rudolf Schmidt die mit starker österreichischer Beteiligung durchgeführte ESA-Mission Mars Express, die Kometen-Mission Rosetta flog mit Instrumenten und Technologie Made in Austria, ebenso die Saturn-Sonde Cassini-Huygens. Österreichische Wissenschafter bzw. Unternehmen sind auch an kanadischen (Weltraumteleskop Most) französischen (Corot), chinesischen (Double Star) oder amerikanischen (Deep Space 1) Sonden beteiligt oder führten Experimente an Bord des US-Space Shuttle durch und selbst Inder und Chinesen setzen auf österreichische Hard- und Software für Weltraummissionen.

Kleinsatelliten in Serie

„Klein- und Kleinstsatelliten sind handliche Objekte, die das Potenzial haben, die Weltraumforschung große Stücke weiterzubringen. Denn mit den kompakten Satelliten ist es möglich, neue Weltraumtechnologien relativ rasch und kostengünstig auszuprobieren“, erklärt Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, die im Auftrag des BMVIT die österreichischen Weltraumaktivitäten umsetzt.

„Dabei kann Österreich aufgrund seiner Expertise sehr gut seiner Rolle als anerkannter Mitgliedsstaat gerecht werden. Diese Initiativen dienen der Technologiedemonstration, aber auch der Ausbildung. Gerade Kleinsatelliten sind vor allem für junge Studierende eine gute Gelegenheit, Hands-On-Erfahrungen beim Bau von Weltraumobjekten zu sammeln.“

„Die BRITE-Mission ist schon jetzt eines der erfolgreichsten Nanosatelliten-Projekte weltweit“, sagt Otto Koudelka, Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz und einer der Masterminds hinter BRITE-Constellation. „Mit dieser neuen Entdeckung, an der die ersten beiden österreichischen Satelliten TUGSAT-1 und UniBRITE mit ihren Schwestersatelliten beteiligt sind, kann eindrucksvoll gezeigt werden, dass auch anspruchsvolle wissenschaftliche und technologische Aufgabenstellungen durch Kleinsatelliten zuverlässig erfüllt werden können“.

An der Universität Innsbruck widmet sich Konstanze Zwintz am Institut für Astro- und Teilchenphysik mit ihrem Team der astrophysikalischen Untersuchung des Datenmaterials der Satelliten zu verschiedenen pulsierenden Sternen. „Die Satelliten haben zum Ziel, die Helligkeitsschwankungen von den hellsten Sternen am Himmel so präzise wie möglich zu messen und über einen langen Zeitraum hinweg zu dokumentieren“, erklärt sie.

„Nur durch solche Messungen können wir mehr über den inneren Aufbau und die Entwicklung von Sternen lernen, und damit auch herausfinden, wie die Jugend unserer Sonne war und wie ihre zukünftige Entwicklung sein wird.“

Aufspüren astronomischer Phänomene

Die BRITE-Constellation ist eine Flotte von fünf Nano-Satelliten, die das Licht der hellsten Sterne am Himmel mit hoher Präzision aufnehmen. Österreich ist mit Polen und Kanada eines von drei Ländern, die mit TUGSAT-1 und UniBRITE zwei Satelliten zu der Konstellation beitragen.

Die BRITE-Constellation fliegt in einer Umlaufbahn von etwa 800 km Höhe und hat seit Beginn der Mission mehr als 550 Sterne beobachtet. Vor kurzem entdeckte Rainer Kuschnig, Operations Manager von BRITE-Constellation an der TU Graz, bei seiner täglichen Kontrolle der fünf Nano-Satelliten einen neuen Stern, der am Vortag noch nicht dort war und von Tag zu Tag heller wurde. Völlig unerwartet war eine Nova aufgetaucht.

„Seit Beginn der BRITE-Mission im Jahr 2013 haben unsere fünf Nanosatelliten Millionen von Bildern aufgenommen – aber diese Aufnahmen sind weltweit einzigartig“, freut sich Rainer Kuschnig vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz. Eine Nova oder klassische Nova ist ein vergängliches astronomisches Phänomen: unerwartet und plötzlich taucht ein heller, scheinbar neuer Stern auf, der zunächst an Helligkeit gewinnt, um dann langsam über mehrere Wochen bis Monate wieder lichtschwächer zu werden.

Normalerweise werden Novae von speziell dafür vorgesehenen Instrumenten auf der Erde entdeckt und nur ein paar Mal pro Nacht vermessen. Im Fall dieser Nova Carinae 2018 allerdings beobachteten die BRITE-Constellation Satelliten die komplette Entwicklung – den ursprünglichen Ausbruch der Nova, das Helligkeitsmaximum, und die Endphasen – in noch nie dagewesener zeitlicher Auflösung und Präzision über insgesamt 150 Tage. Das bietet die einzigartige Gelegenheit für Experten, in diesem Forschungsgebiet die Anfangsphasen der Nova auf eine solide theoretische Basis zu stellen und offene Fragen zu klären.

Zwei weitere Nanosatelliten in Graz in Entwicklung

Neben TUGSAT-1 der Technischen Universität Graz, UniBRITE der Universität Wien und PEGASUS der FH Wiener Neustadt (untersucht die Beschaffenheit der Erdatmosphäre) befinden sich an der TU Graz zwei weitere Kleinsatelliten in Entwicklung.

Im Auftrag der ESA wird das 2,4 Millionen Euro schwere Nanosatellitenprojekt OPS-SAT entwickelt. Missionsziel von OPS-SAT ist der risikoarme Test von Weltraumsoftware direkt im orbitalen Flug – bislang aus Gründen der Zuverlässigkeit ein Tabu im Satellitenbetrieb.

„Das Ziel der Mission ist es, neue leistungsfähige Prozessoren, Funkempfänger und Weltraum-Software unter realen Weltraumbedingungen risikoarm zu testen. Eine zur Erde gerichtete Kamera ist ebenfalls mit an Bord. Weiters steht die erste Datenübertragung eines Nanosatelliten via Licht am Plan, und zwar zwischen OPS-SAT und dem Observatorium Lustbühel in Graz“, erklärt Otto Koudelka. Das Weltraumlabor OPS-SAT ist die erste Nanosatellitenmission der ESA. OPS-SAT soll 2019 starten.

Der Cubesat namens PRETTY (Passive REflecTomeTY) ist ein Nanosatellit aus drei Würfeln mit Kantenlängen von jeweils zehn cm und damit etwas größer als eine Packung Milch. Der Satellit wird gemeinsam mit RUAG Space und Seibersdorf Laboratories entwickelt. Seine Aufgabe ist es, als erster Nanosatellit überhaupt Eis auf Gletschern oder an den Polen sowie die Wellenbewegungen der Ozeane zu vermessen und zu registrieren.

 

Der neue Cubesat ist Teil der weltweiten Umwelt- und Wetterbeobachtung der ESA und trägt dazu bei, den Klimawandel zu erforschen. Mit PRETTY wird der fünfte Satellit Made in Austria ins All abheben.

Das Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) , das seit 2014 auch offiziell das Weltraumministerium ist, finanziert Programme der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit und ermöglicht dadurch österreichischen Betrieben eine Teilnahme an ESA-Missionen. Das BMVIT investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Rund 120 österreichische Firmen und Organisationen mit über 1.000 Beschäftigten sind in der Weltraumindustrie tätig. Der Gesamtumsatz der Branche beträgt etwa 125 Millionen Euro im Jahr.

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) ist seit 2014 auch Weltraumministerium und investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben. Darüber hinaus wurde bereits 2002 das Österreichische Weltraumprogramm ASAP vom BMVIT initiiert, welches von der Agentur für Luft- und Raumfahrt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) umgesetzt wird. Dieses Förderprogramm unterstützt die österreichische Raumfahrt-Hochtechnologie bei der Erreichung internationaler Spitzenleistungen in der gesamten Bandbreite der Raumfahrt: Von der Weltraumforschung und Wissenschaft über Technologieentwicklungen bis zu Anwendungen der Raumfahrttechnologien, wie Erdbeobachtung, Telekommunikation und Navigation.