Kategorie Innovation & Technologie - 17. Dezember 2020
Österreicher Josef Aschbacher wird nächster Generaldirektor der ESA
Der 58-jährige Geophysiker wurde heute zum neuen Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA bestellt
Der Rat der Europäischen Weltraumorganisation ESA hat bei seinem heutigen Treffen in Paris den österreichischen Geophysiker Josef Aschbacher zum nächsten ESA-Generaldirektor gewählt. Er löst mit Anfang Juli 2021 den amtierenden ESA-Chef Jan Wörner ab, gab die Weltraumagentur am Donnerstag bekannt. Der 58-jährige aus Tirol stammende Geophysiker ist derzeit ESA-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme und Leiter von ESRIN, dem ESA-Zentrum für Erdbeobachtung bei Rom.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler: „Ich gratuliere Josef Aschbacher herzlich zu seiner neuen Aufgabe als Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation ESA. Josef Aschbacher verfügt über weitreichende Expertise und ist eine exzellente Besetzung für diese Position. Ich wünsche ihm alles Gute für die kommenden Herausforderungen.“
Aschbacher blickt auf langjährige Erfahrung in der Weltraumforschung zurück. Er war schon 2016 der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im ESA-Direktorium bekleidete. Mit dem Bereich Erdbeobachtung leitete er bisher mit 800 MitarbeiterInnen und 1,5 Milliarden Euro Budget das größte Programm der ESA.
„Josef Aschbacher hat meine volle Unterstützung. Mit seiner fundierten Kenntnis der ESA und seiner langjährigen Erfahrung als Direktor des umfassendsten Erdbeobachtungsprogramms der Welt ist Aschbacher ein Garant für die gute Zusammenarbeit zwischen ESA und der Europäischen Union“, so Gewessler weiter.
Herr Aschbacher, wann schauen Sie gelegentlich noch zum Mond?
Die Weltraumforschung liefert wichtige Daten im Kampf gegen die Klimakrise. Dazu zählt insbesondere die Erdbeobachtung über die Copernicus-Dienste. Mittels der Interpretation der Daten können Wetter- und Umweltentwicklungen genauestens beobachtet werden.
Aschbacher hatte sich bei einem Hearing gegenüber seinen Mitbewerbern aus Spanien und Norwegen durchgesetzt und wurde von der aus Schweden kommenden Vorsitzenden des ESA-Rats, Anna Rathsman, als einziger Kandidat zur heutigen Abstimmung vorgeschlagen. Der ESA-Rat ist quasi der Aufsichtsrat der Weltraumorganisation. Dass mit Aschbacher ein Österreicher an die Spitze der ESA gelangt, gilt als kleine Sensation. Den ESA-Generaldirektor stellten bisher vor allem die großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien.
Österreichs Engagement in der ESA
Seit dem Jahr 1987 ist Österreich bereits Mitglied der ESA und in diesem Zeitraum hat sich der heimische Beitrag zur internationalen Raumfahrt stetig weiterentwickelt und vergrößert. Die ESA bildet dahingehend das Herzstück der europäischen Raumfahrt und auch den Kern der österreichischen Weltraumaktivitäten.
Mittlerweile sind 38 Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher aus Österreich bei der ESA beschäftigt und arbeiten dort unter anderem als Materialtechniker, Satellitentechniker, Innovationsmanager oder wissenschaftliche Missionsleiter.
Weltraumforschung im Kampf gegen die Klimakrise
Zum mitunter wichtigsten österreichischen Beitrag in der ESA zählt die Erdbeobachtung. Diese ist ein fundamentaler Beitrag zum Verständnis des Klima- und Umweltwandels und damit zur Bekämpfung der Klimakrise, da Satelliten entsprechende Daten über die Erde liefern, die ansonsten nicht zugänglich wären. Mittels der Interpretation dieser Daten können Wetter- und Umweltentwicklungen genauestens beobachtet werden.
Die Weltraumforschung liefert daher wichtige Informationen, die nicht nur von besonderer Bedeutung zur Bewältigung der Klimakrise sind, sondern auch in den Bereichen der Energiesicherheit oder der Mobilität dringend benötigt werden.
Förderungen ermöglichen Re-Investitionen
Das Klimaschutzministerium investiert pro Jahr rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor, davon gehen rund zwei Drittel an die ESA. Damit fließen pro Jahr circa 10 Millionen Euro in ESA Erdbeobachtungsaktivitäten. Zu erwähnen wären auch die ESA Nachzeichnung im Jahr 2020 in der Höhe von sechs Millionen Euro. Dank dieser finanziellen Mittel kommt es zu einer Stärkung der Marktposition für Technologie aus Österreich und einer stärkeren Nutzung sowie einem Ausbau und der Anwendung von Weltraumtechnologien und Weltraumdienstleistungen, vor allem auch im Klima- und Umweltbereich.
Gleichzeitig wird heimischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Markt eröffnet, um an europäischen Weltraum-Projekten und Missionen mitzuwirken. Das investierte Geld fließt über Aufträge der ESA wieder zurück an die heimischen Betriebe. Knapp eine Milliarde Euro hat die österreichische Weltraum-Industrie so in den vergangenen 33 Jahren an ESA-Aufträgen abgeholt.
Aschbachers Vita
Aschbacher, geboren am 7. Juli 1962 in Ellmau, studierte an der Universität Innsbruck Meteorologie und Geophysik. Er blickt auf eine mehr als 30-jährige Berufserfahrung in internationalen Organisationen zurück. 2016 wurde er Direktor für Erdbeobachtung bei der ESA – der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im ESA-Direktorium bekleidet. Mit dem Bereich verwaltet er das höchste Teilbudget der Raumfahrtagentur.
Bergbauernsohn an der Spitze der ESA
Als Siebenjähriger hat Aschbacher am elterlichen Bergbauernhof in Ellmau in Tirol auf einem flimmernden Fernseher die Mondlandung erlebt. Dass da jemand auf dem Mond spazieren geht, hat ihn schwer beeindruckt und zu seiner Faszination für den Weltraum, seiner Studien- und Berufswahl geführt. „Bei der ESA zu arbeiten war immer mein Traum“, sagte er einmal zur APA. Nun steht der 58-Jährige als erster Österreicher an der Spitze der Europäischen Weltraumorganisation.
Dieser Höhenflug war keineswegs vorgezeichnet, vielmehr sollte der am 7. Juli 1962 geborene Aschbacher als ältester Sohn von sechs Kindern den elterlichen Hof übernehmen. Doch der Bub war wissbegierig und tägliche Visiten in der Pfarrbibliothek angesagt, um wieder ein neues Buch auszuborgen. Stipendium und Nebenjobs ermöglichten den Besuch des Gymnasiums und das Studium. Seine durch die Mondlandung geweckte Faszination ließ ihn Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck studieren, etwas „womit man mit dem Weltraum arbeiten kann“, erinnerte er sich.
Doch nicht Österreichs erster Astronaut
Der Weltraum sollte sein ganzes berufliches Leben prägen, auch wenn ihm der große Traum verwehrt blieb, selbst dorthin zu kommen: Noch als Student wollte er Österreichs erster Astronaut werden und bewarb er sich für die Mission „Austromir“ – erfolglos: 1991 flog Franz Viehböck als erster Astronaut zur damaligen russischen Raumstation „Mir“.
Gleich nach seiner Dissertation im Jahr 1989 heuerte Aschbacher bei der ESA an. Seine erste Station war das European Space Research Institute (ESRIN) in Frascati bei Rom. Nach Aufenthalten in Asien, wo er am Asian Institute of Technology in Bangkok (Thailand) Erdbeobachtungsmethoden mit Radar-Technologien und Bildverarbeitung lehrte und die Interessen der ESA in Südostasien vertrat, kehrte er 1994 nach Europa zurück. In seinen sieben Jahren am EU-Joint Research Centre in Ispra (Italien) entwickelte Aschbacher das nunmehr unter dem Namen „Copernicus“ bekannte EU-Erdbeobachtungsprogramm mit. Ab 2001 folgte eine siebenjährige Tätigkeit am ESA-Hauptquartier in Paris.
Danach ging der Vater dreier Kinder erneut an das ESRIN nach Italien, wo er für die Programmplanung und Koordination zuständig war. 2016 wurde er Direktor für Erdbeobachtung bei der ESA – der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im zehn Mitglieder umfassenden ESA-Direktorium bekleidet. Mit dem Bereich Erdbeobachtung verwaltet er das höchste Teilbudget der Raumfahrtagentur und ist für alle ESA-Erdbeobachtungsmissionen sowie damit in Verbindung stehenden Anwendungen zuständig.
Erdbeobachtung mit Herzblut
Der Autor von mehr als 100 wissenschaftlichen Publikationen ist dabei nicht nur Weltraum-Bürokrat, sondern betreibt die Erdbeobachtung mit Herzblut. Wenn er etwa auf Satellitenbildern die Zerstörung des Amazonas sieht, sagt er laut Wochenzeitschrift „Zeit“: „Das ist die Lunge der Erde, und wir holzen das ab? Da verliert man doch den Glauben an die Vernunft. Es ist verbrecherisch, wie wir mit diesem Planeten umgehen.“