10. Februar 2021
Recyclingwirtschaft: Iris Filzwieser ist FEMtech-Expertin des Monats
Die FEMtech-Initiative des Klimaschutzministeriums fördert Frauen in Forschung und Technologie und setzt sich für Chancengleichheit ein.
Iris Filzwieser ist die FEMtech-Expertin des Monats Februar. Die aus Wolfsberg stammende Kärntnerin ist sowohl als Geschäftsführerin in der von ihr gegründeten Mettop GmbH, einem unabhängigen österreichischen Ingenieurbüro, das sich auf das Design, die Optimierung und das Engineering von Technologien für metallurgische Prozesse spezialisiert hat, als auch in der UrbanGold GmbH tätig, die sich wiederum mit dem effizienten und ressourcenschonenden Recycling von Elektronikschrott beschäftigt.
Die Optimierung und Weiterentwicklung von Recyclingprozessen in Österreich, aber auch international, ist zentraler Bestandteil der Forschungstätigkeit von Iris Filzwieser. Dadurch möchte die Forscherin aber auch einen „Braingain“ von Spitzenforschern in diesem Gebiet nach Österreich forcieren, ebenso wie Berührungsängste der Klein und Mittelunternehmen zur wissenschaftlichen Forschung minimieren, um so ihr ganzes Innovationspotenzial auszuschöpfen.
Nachdem Iris Filzwieser als erstes Mädchen an der HTL für Maschinenbau und Betriebswirtschaft in Wolfsberg maturierte, graduierte sie im Jahr 2005 an der Montanuniversität Leoben zur Doktorin der Montanwissenschaften. Als Assistentin an der Montanuniversität konnte sie mehrere Jahre Erfahrung in der angewandten Forschung sammeln. Neben etlichen Publikationen war auch das technologische Wissen mitentscheidend, als sie sich mit ihrem Mann entschied, eine Firma zu gründen. „In den ersten drei Jahren, von 2005 bis 2008, konzentrierten wir uns auf die Prozessberatung. Danach war unser Schwerpunkt neben der Prozessoptimierung auch die Forschung, was dazu führte, dass wir uns zu einer Technologie orientierten Engineeringsfirma entwickelten. Damit konnten wir die maximale Flexibilität erzielen und unsere Lust zu arbeiten kam nicht zu kurz.“
Aktuell beschäftigt sich Iris Filzwieser mich mit der Konzepterarbeitung eines internationalen Recyclingzentrums in Leoben. Ziel ist es Know-How und Forschungs- und Entwicklungskompetenz zu bündeln und über die Landesgrenzen hinaus sichtbar zu machen. Im Recyclingzentrum werden neue Gesamtprozesse des Materialrecyclings entwickelt und Nachhaltigkeitsstudien durchgeführt. „Wussten Sie, dass in einem Smartphone (als Beispiel für Elektronikschrott) mehr als 60 verschiedene Materialien verbaut sind und dass 1 Gramm Gold in 60 Smartphones enthalten ist. Somit sitzen wir auf einer richtigen Goldquelle, obwohl wir keinen Golderzbergbau in Österreich haben.“ Geplant ist auch der Aufbau mehrerer Pilotanlagen zum Thema Recycling. Mittels industrienaher Versuchsanlagen können dann gesamte Prozesse im Pilotversuch nachgestellt werden und die immer schwierigeren Materialeigenschaften bearbeitet werden.
„Aktuell sind wir in der Konzeptphase. Ziel ist gemeinsam mit der Montanuniversität Leoben hier vor Ort eine Fokus Area zum Thema Recycling zu schaffen. Damit sollen sowohl ForscherInnen als auch Firmen im Bereich des Recyclings nach Leoben gebracht werden. Sowohl Industrie als auch die Gesellschaft sollen hier die erste Ansprech-Adresse für alle Fragen zum Thema Ressourcen effizient, effektiv und nachhaltig nutzen zu können, finden.“
Als Präsidentin der Austrian Cooperative Research (ACR) ist es der FEMtech-Expertin zudem wichtig, die wertvolle Arbeit der ACR für die Innovations- und Zukunftsfähigkeit der österreichischen KMUs sichtbarer und das Netzwerk noch stärker und durchschlagskräftiger zu machen. Mit einem Umsatz von 65 Millionen Euro und rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die ACR eine der größten Forschungsorganisationen Österreichs, die für KMUs forscht, entwickelt, misst sowie Schulungen und digitale Lösungen für diese anbietet.
Das FEMtech Interview mit Iris Filzwieser finden Sie dieses Mal hier:
»Was unternimmt die Mettop GmbH zur Förderung von Chancengleichheit in der Organisation?
Unser erweitertes Managementteam ist bunt und vielfältig, somit wird auch sehr offen und fordernd kommuniziert. Es ist uns gelungen in allen Abteilungen, wie z.B. in der Engineering Abteilung auch weibliche Technikerinnen zu gewinnen. Somit gibt es auf allen Ebenen Testimonials. Flexibilität wird bei uns ganz großgeschrieben und auch gelebt.
Sie sind auch Geschäftsführerin der UrbanGold GmbH. Was mach das Unternehmen genau?
Das Unternehmen beschäftigt sich mit einem richtig coolen und wichtigen Thema, dem Recycling von Elektronikschrott. Wussten Sie, dass in einem Smartphone (als Beispiel für Elektronikschrott) mehr als 60 verschiedene Materialien verbaut sind und dass 1 Gramm Gold in 60 Smartphones enthalten ist. Somit sitzen wir auf einer richtigen Goldquelle, obwohl wir keinen Golderzbergbau in Österreich haben. UrbanGold beschäftigt sich mit der Entwicklung von Prozessen und Anlagen, um die Metalle aus dem Elektronikschrott recyceln zu können.«
Wordrap mit Iris Filzwieser
- Womit ich als Kind am Liebsten gespielt habe:
Ich bin am Land aufgewachsen und war am liebsten draußen. Entweder war ich im Wald auf Entdeckungstour unterwegs oder half bei unseren NachbarInnen im Stall bei den Tieren mit. Sobald der erste Schnee fiel, war ich mit unseren Nachbarskindern Schifahren – wir stapften die Wiese rauf, bauten super Sprungschanzen und gingen immer erst spät abends heim. - Dieses Studium würde ich jetzt wählen:
Ich würde wieder auf die Montanuniversität nach Leoben gehen und das neue Studium Recyclingtechnik wählen. Das Tätigkeitsfeld ist einfach riesig und super interessant. - Mein Vorbild ist:
Im Teenageralter las ich eine Biografie von Marie Curie und war begeistert über Ihren ForscherInnengeist und das Themengebiet. Während meines Studiums war es mein Mann, der mich anspornte, nicht aufzugeben. Jetzt als Unternehmerin ist es sehr inspirierend und motivierend mit unserem Mitgesellschafter Stefan Pierer zu diskutieren und von ihm zu lernen. - Was ich gerne erfinden würde:
Die ultimative Recyclinganlage, mit der man alle Materialien ohne Zufuhr von externer Energie und komplett Abgas und Abwasser neutral recyclen kann. - Wenn der Frauenanteil in der Technik 50 Prozent beträgt …
… gäbe es keine Diskussion mehr warum Mädchen keine Naturwissenschaftliche Ausbildung anstreben. In jedem privaten Umfeld würde es Vorbilder geben, es wäre einfach normal und die technisch orientierten Berufsbilder könnten sich viel besser bei allen Altersgruppen positionieren. - Wenn der Frauenanteil in Führungspositionen 50 Prozent beträgt …
…hätten wir genügend „Roll Models“ für die jüngere Generation, und diese könnten sich an diesen orientieren und motivieren. Geschlechterausgewogenheit und Diversität in Führungspositionen stellt kein Ziel mehr für die Zukunft dar, sondern wäre dann endlich Realität. - Was verbinden Sie mit Innovation:
Eine gute Kombination aus Neugier, Spezialwissen, Mut, Ausdauer, Finanzierungskreativität, Motivation und Teamgeist lassen Innovationen möglich werden. - Warum ist Forschungsförderung in Österreich wichtig:
Ohne Forschungsförderung könnten unzählige Forschungs- und Entwicklungsprojekte nicht umgesetzt werden. Auch die Forschungsprämie ist ein essenzieller Standortvorteil und unterstützt uns in der Finanzierung unsere Forschungsvorhaben. - Meine Leseempfehlung lautet:
GOOD NIGHT STORIES FOR REBEL GIRLS – 100 AUSSERGEWÖHNLICHE FRAUEN Dieses Buch bekam meine 10 Jährige Tochter geschenkt und ich liebe es. Hier bekommen junge Mädchen in ganz viele verschiedene Biografien Einblick. Dieses Buch sollte jedes Mädchen lesen.