Kategorie Innovation & Technologie - 17. Juli 2020
Wie schaffen wir Sicherheit für die digitale Produktion?
Information Technology (IT)-Systeme sind bereits gegenwärtig das Herzstück vieler Produktionssysteme- und prozesse. Die Erfüllung der Informations-, Daten-, und Kommunikationssicherheit ist dabei eine der wichtigsten Herausforderungen für den Einsatz sogenannter Industrie 4.0.
Unter diesem Schlagwort firmiert allgemein die Digitalisierung der Produktion, die für viele Unternehmen Ressourcenschonung, Effizienzsteigerung, digitale Assistenzsysteme, erhöhte Qualität und vieles mehr bedeutet. Insgesamt beschreibt sie einen großen Sprung nach vorne, wenn die gesamte Bandbreite des Potenzials genutzt wird – und zwar für kleine und große Betriebe gleichermaßen. Mehr Effizienz und weniger Ressourcen bedeuten in dieser Sparte auch ein wichtiges Signal pro Klimaverträglichkeit und Richtung Null-Emissionen.
Aufgrund der Verbindung von IT und OT (Operational Technology) entsteht in der Industrie 4.0 jedoch auch eine neue Qualität von Abhängigkeiten und Risiken für Produktionssysteme sowie sensible Personen- und Unternehmensdaten. Zentral ist hier die Entwicklung integrierter Sicherheitskonzepte und -architekturen sowie eine sichere Migration von Altsystemen zu Industrie-4.0-Lösungen. Ohne eine Gewährleistung geeigneter Sicherheitsstandards ist eine weitreichende Realisierung von Industrie 4.0 fragwürdig.
Neue und digitalisierte Geschäftsmodelle, Prozesse und Sensoren ermöglichen inzwischen einen tiefen Einblick in reale Vorgänge in den Fabriken und Anlagen. In vielen Fällen werden jedoch bestehende Automatisierungs- und Steuerungslösungen weiterbetrieben und vernetzt. Bisher in abgeschotteten Netzwerken betriebene Anlagen und Komponenten werden so mitunter Teil des Internets.
Sämtliche Kommunikations-, Produktions- und Entscheidungsprozesse funktionieren nur, wenn die IKT-Infrastrukturen zuverlässig zur Verfügung stehen und gegenüber Ausfällen und Bedrohungen widerstandsfähig konzipiert sind. Eine vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) beauftragte Studie hat nun die aktuelle Sicherheitslage in österreichischen Produktionsbetrieben tiefgreifend analysiert. Im Fokus darin: Neue Sicherheitsanforderungen, die mit der Vernetzung und Automatisierung einhergehen und auch daraus hervorgehende Chancen, Barrieren und Potenziale für den Standort Österreich.
„Mit der nun vorliegenden Studie, die von Expertinnen und Experten des AIT im vergangenen Jahr erstellt wurde, sollte der aktuelle Stand in der österreichischen Produktionsbranche erhoben werden sowie das Bewusstsein für mögliche Risiken und Sicherheitslösungen erhöht werden“, konstatiert Michael Wiesmüller, Abteilungsleiter für Schlüsseltechnologien im BMK.
Die Studienautorinnen und -autoren um Karl-Heinz Leitner haben auf Basis umfangreicher Erhebungen Handlungsempfehlungen sowohl für Politik und Verwaltung, aber auch für die Produktionsunternehmen selbst erhoben. Eine wichtige Datenbasis für diese Studie stellte der European Manufacturing Survey 2018 dar. Diese Erhebung ist die größte Studie zum Einsatz von industriellen Technologien in Österreich. Sie wurde im Herbst 2018 vom AIT Austrian Institute of Technology in Abstimmung mit einem internationalen Konsortium durchgeführt.
„Sicherheit in produzierenden Unternehmen sicherzustellen, ist nicht durch eine einmalige Investition möglich, sondern erfordert eine regelmäßige Auseinandersetzung mit neuen Technologien und Verfahren“, so Wiesmüller weiter.
Die Plattform Industrie 4.0 Österreich bietet mit der ExpertInnengruppe Safety & Security die Möglichkeit, das Thema Sicherheit in der Produktion umfassend zu behandeln.
Plattform Industrie 4.0 vernetzt Wirtschaft & Wissenschaft
Als Reaktion auf die Coronakrise hat die Plattform Industrie 4.0 Österreich gemeinsam mit dem BMK und drei Technologieplattformen (Additive Manufacturing Austria, ECSEL Austria und Smart Textiles Plattform Austria) innerhalb kürzester Zeit Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft vernetzt – im Rahmen des von BMK und BMDW kurzfristig ausgerufenen Förder-Calls zur Unterstützung österreichischer Unternehmen bei der Erforschung von alternativen und innovativen, industriellen Fertigungsstrategien in medizinisch kritischen Bereichen.
Mit dem Call sollten gemeinsame Ideen und Kapazitäten für die Fertigung medizinisch-technischer Geräte (z.B. Beatmungsgeräte, Produktion von Schutzausrüstung sowie weiterer kritische medizinische Güter) ausgelotet und übergreifende Einreichungen forciert werden.
„In Österreich haben wir viele Unternehmen mit technischem Know-how und Kapazitäten, die auch für den Medizinbereich genutzt werden könnten – selbst, wenn sie in einer anderen Branche tätig sind. Die schnelle Vernetzung dieser Unternehmen und wissenschaftlicher Institutionen schafft Chancen, um die Produktion von medizinisch kritischen Gütern in Österreich weiter auszubauen und zu sichern“, so Michael Wiesmüller über diese Initiative.
Die Plattform Industrie 4.0 hat dafür ihre breite Mitgliederbasis und darüber hinaus wesentliche Akteure wie Medizintechnik-Cluster mobilisiert, um gemeinsame Projekte zu identifizieren und die Bedarfslage seitens Bund, Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft abzustimmen.
„Die Herstellung eines neuen Produktes birgt oft zahlreiche Herausforderungen und ist nicht immer im Alleingang möglich. Mit dem kurzfristig organisierten Austausch zu produktspezifischen Themen haben wir als Technologieplattform und Netzwerkorganisation die Zusammenarbeit verschiedener Akteure angekurbelt, um einen Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Situation zu leisten“, hebt Plattform Industrie 4.0 Österreich-Geschäftsführer Roland Sommer hervor.
Die Bandbreite geförderter Projekte und die hohe Qualität der Einreichungen zeigen eindrucksvoll das Entwicklungs- und Innovationspotential in Österreich auf, wodurch in kurzer Zeit hochinnovative Ansätze konkretisiert und neue Wertschöpfungsketten etabliert werden können. Durch Vernetzung, Austausch und gemeinsame Projekte tragen die österreichischen Technologie-Plattformen wesentlich dazu bei.