Kategorie Innovation & Technologie - 12. Mai 2017

Smartwatch und Sensoren für die Senioren

Klagenfurt – Technologische Neuerungen können im Einsatz in der Pflege und im Alltag älterer Menschen viele wertvolle Dienste leisten. In manchen Fällen erscheint es aber auch so, dass die Technik allein um der Technik willen eingesetzt werden soll. Dann stehen erst die Ideen für Gadgets und Apps im Vordergrund, und erst danach wird eine Zielgruppe gesucht und gehofft, dass die als Assistenzsystem etikettierte Technik auch angenommen wird.

Johannes Oberzaucher, Professor für Active and Assisted Living (AAL) an der FH Kärnten, und seine Kollegen gehen im Projekt „Smart Vitaality“ einen anderen Weg. „Anders als in technikgetriebenen Projekten, bei denen herausgefunden werden soll, welche Technologie angenommen wird, sind wir unser Projekt theoriegeleitet angegangen“, so der Forscher. „Wir haben zuerst Ziele definiert, die auf die Erhaltung und Erhöhung der subjektiven Lebensqualität ausgerichtet sind. Davon ausgehend haben wir entsprechende Interventionen abgeleitet und die dafür passende Technik definiert.“

Telemonitoring

Konkret haben sich die Forscher in dem Projekt, das durch das Benefit-Programm des Verkehrsministeriums und der Förderagentur FFG gefördert wird, auf die Bereiche Gesundheitsmanagement und soziale Inklusion konzentriert. Gemeinsam mit Kollegen der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research entwerfen die Entwickler der FH Kärnten sowohl ein Telemonitoring-System, mit dem die Gesundheit älterer Menschen auf einfache Art überwacht werden kann, als auch eine passende Kommunikationsinfrastruktur, die die Senioren mit ihrem sozialen Netzwerk verbindet.

Für die Forscher kann sich eine praktikable Gesundheitsüberwachung im eigenen Heim nicht allein auf eine technologische Lösung verlassen: „Die Klienten nutzen medizinische Messgeräte, die Werte wie Blutdruck, Gewicht oder Blutzucker an ein Care-Center übertragen. Dort werden die Daten ausgewertet und von medizinischen Experten beurteilt“, erläutert Oberzaucher das Grundprinzip, das umgesetzt werden soll. Im Bedarfsfall werden die Klienten per Videoanruf am Tablet beraten. „Dabei erfolgt keine medizinische Behandlung. Wenn es erforderlich ist, werden die Klienten gebeten, den Hausarzt aufzusuchen“, so der Forscher.

Während im Care-Center die Daten, die neben den Messungen von einer Smartwatch sowie Sensorik in den Wohnräumen kommen, für den Blick des medizinischen Personals aufbereitet werden, bekommen die Klienten selbst eine übersichtliche Zusammenfassung präsentiert, die eine grobe Tendenz erkennen lässt, ob sich Verbesserungen einstellen. „Das Ziel ist, dass die Menschen über ihre Gesundheit reflektieren und ein entsprechendes Bewusstsein aufbauen“, so Oberzaucher.

Soziales Netz für Senioren

Im Bereich der sozialen Partizipation sollen die älteren Menschen für sie relevante Informationen zur Verfügung gestellt bekommen und auf elektronischem Wege in ihre sozialen Netze eingebunden werden. Entsprechende Apps, die – auch hier von menschlichen Betreuern – serviciert werden, geben etwa Auskunft über Apotheken- und Ärztedienste. Familie, Nachbarn und Freunde sollen in ein einfach bedienbares Kommunikationsnetzwerk ähnlich dem Chat-Dienst Whatsapp zusammengeführt werden.

Doch werden die Senioren diese Angebote annehmen? In dem bis 2019 laufenden Projekt soll das System in 100 Haushalten erprobt werden. Eine ganze Reihe von Evaluationen soll den Forschern Aufschluss über Wirkung, Akzeptanz und den tatsächlichen Mehrwert für eine subjektive Lebensqualität geben. Auf der einen Seite protokollieren die eingesetzten Systeme das Nutzerverhalten mit. Entsprechende statistische Auswertungen zeigen, welche Funktionen bei der Community ankommen. Auf der anderen Seite wird mit einer Wirkungsanalyse Feedback von den Klienten eingeholt.

Gleichzeitig soll auch die Frage beantwortet werden, wie ein derartiges System langfristig und wirtschaftlich praktikabel umgesetzt werden kann. Gemeinden, Krankenkassen und Pflegedienstleister könnten dabei eine Rolle übernehmen. „In den frühen Phasen von AAL ist es vor allem um die technologische Entwicklung gegangen“, so Oberzaucher. „Heute stehen tatsächliche Umsetzbarkeit, sozioökonomische Organisation und gesellschaftliche Einbindung im Vordergrund.“ (pum, 12.5.2017)