20. September 2019
So kommt Mobilitätsforschung im Alltag an
Die europäische Mobilitätswoche geht zu Ende, auf dem ganzen Kontinent haben 2.923 Städte und Gemeinden die Chance genutzt, Alternativen im Verkehr vorzustellen, anzubieten, sowie die Öffis, das Zu-Fuß-Gehen und das Radfahren zu unterstützen. Allein Österreich hat mit 477 teilnehmenden Gemeinden eine Woche lang einen beeindruckend großen Anteil an Initiativen präsentiert und mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten gezeigt, wie einfach es ist, klimafreundlich unterwegs zu sein, aber auch wo es noch Handlungsbedarf gibt.
Dass mobilitätsrelevante Untersuchungen und Projekte auch über diese eine Woche hinaus präsent bleiben und möglichst nahe an der Praxis erforscht werden, ist ein Anliegen der österreichischen Mobilitätslabore. Sie sorgen dafür, dass zentrale Themen rund um die Mobilität der Zukunft erprobt und wahrgenommen werden können.
Das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) forciert diese innovative Form der Living-Labs, um die Wirksamkeit und Akzeptanz von mobilitätsrelevanter Forschung und Innovation zu erhöhen. Das BMVIT hat dafür eine Programminitiative im Rahmen seines Programms Mobilität der Zukunft ins Leben gerufen, aus der mehrere Reallabore hervorgegangen sind. Wir stellen sie hier noch einmal vor:
aspern.mobil LAB
Mit dem aspern.mobil LAB soll in Aspern, die Seestadt Wiens, ein Raum entstehen, in dem BewohnerInnen, ForscherInnen, Stadtverwaltungen und Unternehmen gemeinsam einen Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigen, urbanen Mobilität leisten können.
Ziel des aspern.mobil LAB ist es, vor Ort eine neuen Mobilitäts- und Innovationskultur zu etablieren und zu unterstützen. Damit soll die Seestadt zu einem lokalen Leuchtturmprojekt für den Innovationsstandort Österreich werden. Als größtes Stadterweiterungsgebiet Europas bietet die Seestadt die idealen Voraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten für Innovationen.
SeestädterInnen, lokale Stakeholder und F&E-AkteurInnen denken, entwickeln und handeln hier gemeinsam und auf gleicher Augenhöhe. Aufgrund der idealen Transfer-Eigenschaften Asperns liegt der Fokus auf quartiersbezogener Mobilität.Mit diesem Lab besteht über die Laufzeit hinweg die Möglichkeit Kosten für F&E Prozesse, die NutzerInnenbeteiligung einschließen, zu reduzieren und das Wissen bereitzustellen, um die Implementierung von Mobilitätsinnovationen in anderen Städten und Stadtteilen zum Erfolg zu führen.
MOBILITY LAB – Stadtregion Graz bewegt
Die Region Graz ist österreichweit eines der am stärksten belasteten Gebiete durch Feinstaub. Eine wesentliche Ursache dafür ist der motorisierte Individualverkehr, der sich auf Grund des zu erwartenden Zuzugs in der Region in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird.
Das Mobilitätslabor Graz grenzenlos verfolgt das übergeordnete Ziel diese täglichen Verkehrsströme des motorisierten Verkehrs zu verringern. Es unterstützt technische, soziale und institutionelle Innovationen im Bereich Mobilität, um Produkte und Services schneller zur Marktreife zu bringen. Die Einbindung der NutzerInnen in den Entwicklungs- und Testprozess verbessert die Chancen auf Umsetzung und Markteinführung von Innovationen erheblich.
Unternehmen (StartUps, KMUs, Industrie), Forschungseinrichtungen und andere Träger von Innovationsvorhaben profitieren von den raschen, standardisierten und günstigen Testmöglichkeiten, die die Infrastruktur, der Methodenpool und die konzentrierte Kompetenz des Mobilitätslabors bieten.
Das Mobilitätslabor Graz grenzenlos ist vorrangig in Graz und Graz Umgebung aktiv. Das Labor wirkt in seiner räumlichen Auswirkung allerdings noch weiter, wie z.B. im Rahmen der Innovationsachse Graz – Gleisdorf.
UML Salzburg
Mit dem Urbanen Mobilitätslabor (UML) Salzburg sollen Innovationsvorhaben in Personenmobilität und City-Logistik im Zentralraum Salzburg gefördert werden.
Die drei inhaltlichen Schwerpunkte des UML sind:
- Intermodale Schnittstellen (in Personen-Mobilität und City-Logistik),
- Integriertes Mobilitätsmanagement (standortbezogen) sowie
- ITS (Intelligente Transport Systeme) und alternative Antriebe.
Das UML Salzburg soll einerseits nutzerbezogene Innovationsvorhaben begleiten und damit Forschungsergebnisse (inkl. Prototypen) in nachhaltige Anwendungen überführen, andererseits die Mobilitätsangebote mit und an die besonderen Herausforderungen der Stadt und der Region abstimmen.
Das UML Salzburg zielt darauf ab, neue gesellschaftsrelevante Innovationsvorhaben zu initiieren, die einen zentralen Beitrag für eine intelligente Organisation der urbanen Personen- und City-Gütermobilität leisten und auch auf Basis der grundlegenden Strategien eine sehr hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit haben.
Neben den Basisaufgaben (z.B. Bewusstseinsbildung, Abstimmung der Masterpläne) werden auch innovative Dienstleistungen angeboten, die von Forschungsinstitutionen, Planungsbüros, KMUs und der Industrie in Anspruch genommen werden können, um deren Innovationsvorhaben zu unterstützen. Dabei werden – je nach Fragestellung – unterschiedliche Stakeholdergruppen eingebunden, um einen möglichst hohen Vernetzungsgrad zu erreichen.
MobiLab OÖ
Entsprechend der Mobilitätsschwerpunkte im Zentralraum OÖ (Korridor Linz, Steyr, Wels) liegt der Fokus des MobiLab Oberösterreich auf jenen Verkehrsströmen, die vor allem durch wirtschaftliches Handeln induziert werden.
Dies sind im Personenverkehr beispielsweise der Berufsverkehr, Dienst- und Geschäftsreisen sowie Kunden- und Besucherverkehr.
Im Bereich des Güterverkehrs geht es vor allem um Zustell-, Produktions- und Auslieferverkehr inklusive Entsorgung. Mit Hilfe eines modularen, mobilen Innovationsraumes werden gesellschaftliche sowie unternehmerische Prozesse und Dynamiken erfasst und neue Ideen mit ergebnisoffener Herangehensweise getestet bzw. analysiert.
Die eingesetzte Methodik im MobiLab orientiert sich dabei an dem sogenannten „Design-Thinking Prozess“. Es gilt hier, die verschiedenen Facetten des komplexen Problems zu beleuchten, Empathie für die Zielgruppe zu schaffen um deren Bedürfnisse und Wahrnehmungen zu verstehen.
Zudem wird die Ideengenerierung und –weiterentwicklung ermöglicht. Erste Konzepte werden in den nachfolgenden Phasen als Prototyp realisiert und von der Zielgruppe getestet. Ebenfalls zum Einsatz kommen modulare und mobile technologische Sets. Sie dienen zum einen zur Unterstützung innerhalb der einzelnen Prozessphasen (z.B.: Tablets und Kameras in der Beobachtungsphase im Feld).
Zum anderen sollen sie dazu verwendet werden, erste Prototypen zu ermöglichen (z.B.: Augmented Reality Gadgets zur Nutzung von Echtzeitinformationen). Diese Technologie-Sets werden in einem Art Koffersystem im Labor vor Ort aufgebaut.
Thinkport Vienna
Thinkport Vienna ist ein Mobilitätslabor, das sich mit den Herausforderungen der Logistik in urbanen Ballungsräumen, im speziellen Fall Wien, umfassend und langfristig auseinandersetzt.
Mission des Thinkport ist es Katalysator, Inkubator und Multiplikator für neue Technologien, Ideen und Konzepte zu sein, um güterlogistische Innovationen zu unterstützen.
Aufgabe des Thinkport ist einerseits eine für Innovationen und Co-Creation offene Umgebung zu schaffen, andererseits bietet Thinkport Vienna durch die Ressourcen der beteiligten Institutionen eine reale Testumgebung zur Eruierung notwendiger Rahmenbedingungen smarter, urbaner Güterlogistik und die damit verbundene methodische Entwicklung und Evaluation komplexer, innovativer Konzepte, Prozesse und Technologien.
Die wesentlichen Leitmotive des Thinkport sind Emissionsfreiheit, Effektivität, Effizienz und die Rückgewinnung des öffentlichen Raums. Thinkport Vienna unterstützt dabei Innovationen anzustoßen, in die Umsetzung zu begleiten, zu zeigen und begreifbar zu machen.
Neueste Trends werden vor Ort ausgestellt, Start-Ups wird Raum für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Technologien geboten und internationale Vernetzung mit anderen Initiativen und Innovationslaboren ermöglicht. Adressiert werden Logistikdienstleister, Start-Ups und Technologieentwickler, Schulen, Universitäten, NGOs, BürgerInnen und Interessensvertretungen.
Dieses Mobility Transformation Lab (MTL) mit dem Namen „Centre for Mobility Change (CMC)“ dient als Think-tank, Austausch-Hub und Katalysator im Themenkomplex „Mobilitätsverhaltensveränderung“ in Österreich.
Center for Mobility Change (CMC)
Neben den Mobilitätslaboren gibt es außerdem noch das Center for Mobility Change (CMC). Ziel dessen ist es, Lösungen von Verkehrsproblemen und die Erreichung von verkehrspolitischen Zielsetzungen wissenschaftlich zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang verfolgt das CMC das Ziel, durch seine Basisleistungen auch außerhalb von Forschungsprojekten durch die Aufklärung von Mobilitätszusammenhängen und die Vermittlung von Wirkungspotentialen Akteure zu sensibilisieren und zu befähigen, entsprechende Initiativen umzusetzen. Gerade vor dem Hintergrund der Transformation der Mobilität und der fortschreitenden Digitalisierung ist es wichtig, in der Änderung des Mobilitätsverhaltens Wissen aufzubauen und dieses auch mit allen Beteiligten Akteuren auszutauschen.
Zudem soll das CMC dazu beigetragen, Rahmenbedingungen und disruptive Potentiale zu identifizieren sowie die Praxiswirksamkeit themenrelevanter Forschung zu erhöhen. Hier spielt die Kooperation mit den UMLs eine große Rolle. Auch in diesem Bereich fördert das CMC die Berücksichtigung des Faktors Mensch in Mobilitätsfragen und unterstützt Projektvorhaben, Verhaltensaspekte in die Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen einzubeziehen.