1. April 2020
»Sprachbarriere« zwischen drahtlosen Geräten geschmälert
Technologieübergreifende Kommunikation im Internet der Dinge deutlich vereinfacht
Wenn etwa vom fahrenden Auto aus smarte Haushaltsgeräte gesteuert werden sollen, dann ist es wichtig, dass die elektronischen Devices alle die selbe Sprache sprechen. Forscher haben ein System entwickelt, das die direkte Kommunikation elektronischer Geräte mit unterschiedlichen Funktechnologien vereinfacht, teilte die TU Graz mit.
Die Zahl smarter Produkte, die kabellos im Internet of Things (IoT) mit anderen Geräten Informationen austauschen und Befehle empfangen können, steigt rasant an. Das Universum der digital vernetzten smarten Geräte und Anlagen könnte viele Annehmlichkeiten bieten.
Allerdings sind die Geräte nicht immer untereinander kompatibel: Sie nutzen unterschiedliche Funktechnologien wie etwa WI-FI, Bluetooth, oder ZigBee, oftmals stören sie sich aber auch wegen der gleichen Funkfrequenz. Im schlimmsten Fall tut sich gar nichts, im weniger schlimmen kommt es zu verzögerter Datenübertragung, Datenverlust oder erhöhtem Energieverbrauch und niedriger Akku-Lebensdauer.
Die Experten vom Grazer Institut für Technische Informatik haben in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt und teilweise im Rahmen des COMET-Zentrums Pro2Future einen zwischengeschalteten Baustein entwickelt. Dieser ermöglicht den direkten Informationsaustausch zwischen handelsüblichen Geräten, die zwar unterschiedliche Funktechnologien, aber die gleichen Funkfrequenzen nutzen.
Die Forschenden haben sich dazu die zeitgesteuerten Energieimpulse („Energy-Bursts“) im Funkkanal zunutze gemacht, die von jedem Smart Device erzeugt und von den meisten detektiert werden können. Das entwickelte grundlegende Framework namens X-Burst sollen Firmen zukünftig einfach in die Betriebssysteme ihrer IoT-Produkte integrieren können.
Sender und Empfänger perfekt abgestimmt
„Wir senden standardkonforme Datenpakete unterschiedlicher Länge. Diese Pakete sind in ihrer Länge encodiert, das heißt, die Information ist in der Dauer der Pakete gespeichert. Die Empfangsgeräte überwachen den Energiepegel im Funkkanal und können dadurch die Pakete detektieren, ihre Dauer bestimmen und schlussendlich die darin enthaltene Information extrahieren“, erklärten Rainer Hofmann und Hannah Brunner mit wenigen Worten die komplizierte perfekte Abstimmung von Sender und Empfänger.
Das Grazer Forscherteam, zu dem auch noch Carlo Alberto Boano zählt, hat sich in erster Linie auf den Datenaustausch im lizenzfreien 2,4-GHz-Band konzentriert. Dieser Bereich wird von vielen Funkstandards benutzt – so auch von den gängigsten Technologien WI-FI, Bluetooth (Low Energy) und ZigBee -, die im Zentrum der Untersuchungen standen.
Mit dem vom Grazer Team entwickelten prototypischen Framework sei die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Funktechnologien bereits möglich: Ohne dass, wie derzeit bei Geräten mit unterschiedlichen Funktechnologien notwendig – teure und unflexible Gateways zwischengeschaltet werden müssen, betonten die Forscher. Die Innovation ermögliche zugleich die Synchronisation der Systemuhren der verschiedenen Geräte, wodurch diese zeitgleich bestimmte Aktionen ausführen können.
Indem alle Geräte ihre verwendeten Frequenzen untereinander kommunizieren und dementsprechend anpassen können, würden sich zudem technologieübergreifende Störungen minimieren und die Zuverlässigkeit und der Energieverbrauch der Geräte verbessern. Auf der Internationalen Konferenz zu Embedded Wireless Systems and Networks (EWSN’20) wurde die Live-Demo von X-Burst mit dem Best Demo Award prämiert, hieß es vonseiten der TU Graz. Die Gruppe arbeitet bereits an einem neuen Prototypen, der die Vorteile von X-Burst in einem tatsächlichen Smart Home-Szenario demonstrieren und verdeutlichen soll.
apa/red
Hintergrund: Die Vernetzung der physischen Welt
Seit mehr als einem Jahrzehnt wird nun die Vision eines zukünftigen Internets der Dinge propagiert. Fitnessarmbänder samt Health-Apps sowie vernetzte Wohnungen mit automatisierten Geräten und gestreamter Unterhaltung sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Sie gehören zu dem Internet der Dinge (IoT – von englisch: Internet of Things), also zur virtuellen Vernetzung realer Gegenstände mithilfe von Sensoren, die unsere Technikzukunft prägen sollen – im industriellen Bereich ist die Entwicklung schon weit fortgeschritten.
Im deutschsprachigen Raum wurde das Prinzip unter dem Begriff Industrie 4.0 vorangetrieben, unter dem verschiedene Veränderungen in der Produktion zusammengefass werdent, die zusammengenommen die Art, wie wir produzieren und arbeiten, völlig verändern.
Klassische Produktion verschmilzt mit digitalen Technologien. Menschen, Werkstoffe, Produkte und Maschinen kommunizieren in komplexen Systemen miteinander: von einer weiteren industriellen Revolution ist die Rede. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) fördert die industrielle Wende jährlich mit 185 Millionen Euro.
Parallel bildet der Begriff der cyberphysischen Systeme, in denen Elektronik, Mechanik und Informatik zusammenfließen, die technologische Entwicklung ab. An der Entstehung eines Internets der Dinge hat eine ganze Reihe aktueller Technologien Anteil: neuartige Sensorsysteme, neue Netzwerkprotokolle und verteiltes Rechnen, die Analyse großer Datenmengen und das Erkennen von Datenmustern durch maschinelles Lernen und Artificial Intelligence. Autos, Produktionshallen, Energienetze und Gebäude sind zunehmend von diesen Systemen durchdrungen.