Kategorie Informationen & Tipps - 27. Dezember 2020
Tier- & Umweltschutz: Ohne Knall & schlechte Luft ins neue Jahr
In den Niederlanden heißt es kurz vor dem Jahreswechsel: „Feuerwerk zu Hause? Geldstrafe vermeiden und abliefern!“ Die Behörden von Amsterdam und weiteren Großstädten riefen die Bevölkerung zur Abgabe ihrer Böller-Vorräte auf. Auch in Deutschland wurde erneut eine Debatte rund um das sogenannte Böllerverbot entfacht, die kurz vor Weihnachten mit einem bundesweiten Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern endete. Auch in Wien und manch anderer Region wurden nicht nur offizielle Feuerwerke ab-, sondern auch das private Abschießen von Raketen untersagt.
Heuer sind in erster Linie die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Infektionsgeschehens für solche Schritte maßgebend: Ausgangs- sowie Versammlungsverbote, aber auch der Verweis auf Krankenhäuser, die kaum mehr aufnahmefähig seien, wenn die alljährlichen Verletzungen durch Feuerwerkskörper hinzukämen.
Feuerwerke gehörten bisher zu Silvester wie das obligatorische Glücksschweinchen, waren aber auch in vergangenen Jahren nie unumstritten. Bereits vor Corona entbrannte Jahr für Jahr eine Diskussion rund um die bunte und – vor allem – laute Begrüßung des neuen Jahres, sei es in Bezug auf Umweltschäden durch erhöhte Feinstaubbelastung, den Tier- und Umweltschutz oder die Verletzungsgefahr. Dabei würde ein gut begründetes Verbot der Knallerei für Privatpersonen ein großer Anteil der Bevölkerung akzeptieren, darunter besonders Frauen, wie eine repräsentative Umfrage von Marketagent jüngst ergab – Corona galt demnach sogar noch als schwächstes Argument der Befragten.
Schlechte Luft zum Jahreswechsel
Zur Tradition der Feuerwerke gehöhrt leider ebenso, dass mit einer enormen Schadstoffbelastung für Mensch und Umwelt in das neue Jahr gestartet wird. Das Umweltbundesamt machte deshalb einmal mehr darauf aufmerksam, dass Feuerwerke in der Silvesternacht jedes Jahr hohe Feinstaubkonzentrationen verursachen. Zudem setzen sie Schwermetallpartikel frei sowie Wild- und Haustiere unter massiven Stress.
Zum Jahreswechsel sind die Feinstaub-Belastungsspitzen durch Böller und Raketn in den Luftgütemessungen der Silvesternacht deutlich abzulesen. Je nach meteorologischen Bedingungen können Silvesterfeuerwerke für mehrere Stunden und sogar Tage mit hoher Feinstaubbelastung verantwortlich sein. Am 1. Jänner 2020 kam es bei Feinstaub (PM10) in den Landeshauptstädten Graz, Innsbruck, Salzburg, Linz und Wien zu Überschreitungen des Grenzwertes für den PM10-Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³). Pro Kalenderjahr sind 25 Überschreitungen dieses Grenzwertes, der im Immissionsschutzgesetz-Luft zum langfristigen Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegt ist, zulässig.
Auf Feuerwerke sind zwar nur ein Bruchteil der Feinstaub-Emissionen zurückzuführen, der größte Teil davon entsteht allerdings in der Silvesternacht. In Zahlen: Die Österreichische Luftschadstoff-Inventur weist für das Jahr 2018 insgesamt 116 Tonnen Gesamtschwebestaub-Emissionen (Total Suspended Particles, TSP) aus, 106 Tonnen PM10 und weitere 55 Tonnen für PM2,5. Das entspricht 0,3 Prozent der österreichischen Emissionen für TSP und jeweils 0,4 Prozent für PM10 und PM2,5.Zahlreiche Studien zeigen, dass die Hauptverursacher für PM10 der Verkehr, der Hausbrand und die Industrie sind.
Von Oben in den Boden
Nicht nur Feinstaubwerte sind in der Silvesternacht problematisch. Feuerwerkskörper setzen nach der Explosion Schwermetalle frei, die nach dem Spektakel in den Böden und stehenden Gewässern versickern. Darunter finden sich beispielsweise Strontium, Arsen, Blei, Selen und Cäsium. Zudem verursachen abgebrannte Knallkörper und Feuerwerksraketen jährlich bis zu 1.000 Tonnen Müll. Dieser Müll kann für Wild- und Nutztiere gefährlich werden, da sie die Rückstände der Pyrotechnik mitunter für Futter halten. Außerdem sind Teile davon aus Kunststoffen die oftmals in der Umwelt verbleiben und letztlich zu Mikroplastik zerfallen.
Nichts gutes bedeutet Silvester auch für die Ohren. Feuerwerkskörper können einen Schalldruckpegel von bis zu 170 Dezibel erreichen. Zum Vergleich: Der Lärmpegel eines Düsentriebwerkes in 25 Meter Entfernung beträgt etwa 140 Dezibel. Für ältere Menschen, Kleinkinder sowie Wild- und Haustiere bedeutet der anhaltende Lärm einen großen Stressfaktor. Viele Wild- und Haustiere leiden aufgrund ihres guten Gehörs besonders unter dem Lärm von Knallkörpern.
Auch die vielen Tonnen Müll als Übereste der Silvesternacht sind ein großes Umweltproblem. Zum Neujahrstag ergibt der Müll auf Straßen, Wiesen, Äckern und in Gewässern nicht nur ein unschönes Bild sondern für wild lebende Tiere und unsere Nutztiere durchaus eine konkrete Gefahr.
Zudem endet für viele Österreicherinnen und Österreicher der pyrotechnische Silvesterspaß sehr ernsthaft im Krankenhaus. Die häufigsten Verletzungen entfallen dabei auf Augen, Ohren und Hände. In diesem Jahr wären Feuerwerks-Verletztungen zu Silvester jedoch besonders problematisch, da viele Spitäler coronabedingt an ihre Kapazitäten stoßen. Auch Sachbeschädigungen und Brände durch Blindgänger oder unsachlich bediente Feuerwerkskörper sind in jener Nacht nicht selten und verursachen jährlich Schäden in Millionenhöhe.
Wer auf Silvesterspaß nicht verzichten möchte, braucht dafür keine Pyrotechnik, betont das Umweltbundesamt und hat auch Alternativen im Gepäck: Mit privaten Lichterfesten, Laternen und Lasershows, ganz ohne Lärm, Rauch, Ruß, Feinstaub, Schwermetalle und Müll kann man gefahrlos und umweltfreundlich ins neue Jahr rutschen.
In diesem Sinne die besten Wünsche für 2021!