19. März 2016
Vernetzte Welt: Complexity-Science-Hub wird im Mai eröffnet
Wien – Im Palais Strozzi in Wien-Josefstadt wird künftig die Welt der komplexen Systeme erforscht. Wie funktionieren die zahlreichen Netzwerke, aus denen die Gesellschaft besteht, und kann man sie nach Analyse der von ihnen gelieferten Datenmengen so steuern, dass sie für die Menschheit optimale Ergebnisse bringen? Mit diesen Fragen wird sich der Complexity-Science-Hub beschäftigen, der in das Gebäude einzieht – als zweites Forschungszentrum nach dem Institut für höhere Studien (IHS) im vergangenen Jahr.
Derweil sitzt nur der Generalsekretär vor Ort: Philipp Marxgut, zuletzt Wissenschaftsattaché in den USA, ist für die Geschäfte des Hub verantwortlich. Stefan Thurner, Professor für Complex Systems an der Med-Uni Wien, ist der wissenschaftliche Leiter. Gemeinsam versuchen sie, eine „kritische Größe“ an Komplexitätsforschern nach Wien zu holen.
Am Hub sind insgesamt fünf Unis und Forschungseinrichtungen beteiligt: die TU Wien, die TU Graz, die Med-Uni Wien, die WU Wien und das Austrian Institute of Technology (AIT). Das Institut für angewandte Systemanalytik IIASA wird in Kürze beitreten. Sie alle tragen jeweils zwei Laufbahnstellen für einen Senior- und einen Junior-Wissenschafter bei. Weitere Unterstützungen kommen vom Verkehrsministerium und von der Nationalstiftung.
Simulationen als Abbild der Wirklichkeit
Thurner: „Idealerweise bauen die Forscher hier kleine Gruppen auf, sodass wir irgendwann 30 bis 50 Wissenschafter an ihren Rechnern sitzen haben.“ Wissenschafter, die mit mathematischem Gespür an große Datenmengen herangehen und Simulationen als Abbild der Wirklichkeit bauen. Sie sollen versuchen, Chancen aufzuzeigen, komplexe Systeme „sehr viel besser als bisher zu verstehen und irgendwann auch zu steuern.“ Wie das funktionieren könnte? Zunächst analysiert man auf Basis großer Datensätze die Netzwerke, die das System zusammenhalten. Danach überlegt man, ob man die beobachtbaren Phänomene dieser Systeme künstlich reproduzieren kann. Wenn das gelingt, kann man eventuell auch quantitative Vorhersagen machen, die dann mit Big Data veri- oder falsifizierbar sind. An dieser Stelle kann man auch überlegen, welche Einflüsse dieses Modell dann verändern könnten und zu welchen Konsequenzen das führt.
Dem Forscher ist bewusst, dass der Umgang mit Daten heikel ist. „Wir wollen in Workshops auf das Dilemma zwischen wissenschaftlichem Nutzen und Verlust von Privatheit aufmerksam machen – und arbeiten selbst nur mit anonymisierten Daten.“ (pi, 16.3.2016)