Kategorie Innovation & Technologie - 28. August 2015
Unternehmensgründer brauchen gezielte Förderung
Der millionenschwere Verkauf des österreichischen ehemaligen Start-ups Runtastic an Adidas hat das Thema Entrepreneurship in den Fokus gerückt. Noch sind solche Erfolgsstorys die Ausnahme. Damit sich der Standort für Start-ups und die unternehmerische Verwertung von Forschungsergebnissen auch im internationalen Kontext verbessert, sind Innovationen ebenso notwendig wie Gründerpersönlichkeiten.
Die frühere Präsidentin des Europäischen Forschungsrates Helga Nowotny und die Rektorin der TU Wien, Sabine Seidler, diskutierten bei den Technologiegesprächen am Freitag in einem Arbeitskreis über Entrepreneurship: Was kann das Wissenschaftssystem beitragen?
Sie sehen nicht allein die Universitäten in der Verantwortung. „Österreich braucht eine weitaus freundlichere Unternehmenskultur, besonders was die Verbindungen zu Universitäten und deren Absolventen anlangt. Das kann nicht einseitig sein“, erklärt Nowotny. Deshalb spreche man auch vom Innovationsökosystem.
Die Diskussion über Innovationen konzentriere sich zu stark auf den universitären Sektor, meint auch Seidler. „Die Frage, inwieweit sich Unternehmen engagieren, wird überhaupt nicht gestellt. Dabei werden wir als Universitäten das Problem nicht allein bewältigen können.“ Aus Sicht Seidlers kann die Realisierung innovativer Projekte sogar daran scheitern, dass Unternehmen oft „auf der sicheren Seite bleiben wollen und abwarten, ob ein Produkt erfolgreich ist“. Nowotny dazu: „Innovationen lassen sich letztlich nicht planen und bleiben riskant. Geht es doch darum, dass sich ein Produkt auf dem Markt erfolgreich durchsetzt.“
An der TU Wien wird bereits einiges unternommen, um Studierende bei der Entwicklung neuer Ideen und deren Verwertung zu unterstützen. An der Fakultät für Informatik wurde auf Initiative einiger Hochschullehrer das Informatics Innovation Center gegründet, das als dritte Säule neben Forschung und Lehre Innovationen fördern will. Lehrveranstaltungen und Mentoren mit Verbindungen in die Wirtschaft bereiten Studierende auf die Gründung von Start-ups vor. Notwendig seien jedoch innovative und kreative Köpfe. „Genauso wenig, wie man Forschung verordnen kann, kann man Unternehmensgründungen verordnen. Man braucht Personen, die das vorantreiben“, sagt Seidler.
Ungewissheit auf allen Seiten
Finanzielle Förderung und persönliche Unterstützung bei der Unternehmensgründung sowie die räumliche Nähe zur Universität können Sprungbretter zur erfolgreichen Lancierung eines Geschäftsmodells werden. Konflikte entstehen, wenn Universitäten derartige Aufgaben zusätzlich zu Lehre und Forschung übernehmen müssen. Die Grundlagenforschung, die nach Ansicht Seidlers mehr Mittel benötigt, um mehr Exzellenz zu erreichen, ebenso wie die angewandte Forschung dürfen nicht vernachlässigt werden.
Nowotny weist darauf hin, dass ihr im Oktober erscheinendes Buch „The Cunning of Uncertainty“ darauf eingehe, dass Ungewissheit sowohl die Grundlagenforschung prägt, die ungewiss im Ausgang ist, wie auch – aus anderen Gründen – die Innovation, da die Aufnahme und erfolgreiche Durchsetzung im Markt mit Ungewissheit einhergehen. Solche Gemeinsamkeiten könnten dazu beitragen, den internen Forschungstransfer und damit die Kommunikation zwischen Grundlagenforschern und den Wissenschaftlern zu verbessern, „die Forschungsergebnisse verwerten wollen“, so Seidler.
Aus Sicht der TU-Rektorin hemmt die Vielzahl von politischen Zuständigkeiten heute allerdings die Realisierung interessanter Projekte. Würde die Zersplitterung des Forschungssektors und der Forschungsförderung in Österreich aufgehoben, „dann könnten wir auch größere Dinge bewegen“, so Seidler. (Von Mariele Schulze Berndt, Die Presse)