Kategorie Innovation & Technologie - 19. Februar 2021

»Hello World. My first look at my forever home« Mars-Rover sendet erste Bilder

Der Rover Perseverance ist erfolgreich auf dem Mars gelandet. „Touchdown confirmed„, hieß es am Donnerstag aus dem Kontrollzentrum der US-Raumfahrtbehörde NASA im kalifornischen Pasadena – und die Ingenieure und Wissenschaftler klatschten und jubelten. Schon wenige Minuten nach der Landung schickte Perseverance erste Schwarz-Weiß-Fotos vom Mars. „Was für ein wundervoller Tag“, sagte der kommissarische NASA-Chef Steve Jurczyk.

„Was für ein wundervolles Team, das durch alle Widrigkeiten und Herausforderungen gearbeitet hat, die die Landung eines Mars-Rovers mit sich bringen – und dann auch noch die Herausforderungen der Corona-Pandemie.“

Der im Juli 2020 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus gestartete Roboter setzte mit einem riskanten und mehrere Minuten dauernden Manöver in einem bisher noch nie vor Ort untersuchten ausgetrockneten See namens Jezero Crater auf. Der rund 2,5 Milliarden Dollar (etwa 2,2 Milliarden Euro) teure Rover Perseverance (auf Deutsch etwa: Durchhaltevermögen) war rund acht Jahre lang entworfen und gebaut worden und soll auf dem Mars nach Spuren früheren mikrobiellen Lebens suchen, sowie das Klima und die Geologie des Planeten erforschen.

Premierenflug mit Helikopterdrohne

An Bord hat der rund 1.000 Kilogramm schwere Roboter von der Größe eines Kleinwagens unter anderem sieben wissenschaftliche Instrumente, 23 Kameras, einen Laser – und zahlreiche NASA-Premieren: Erstmals wurden mit Perseverance Mikrofone auf den Mars geschickt. Erstmals sollen in einer gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrt Agentur ESA entwickelten Mission Proben vom Mars zurück zur Erde gebracht werden. Auch ein kleiner Hubschrauber soll erstmals zum Einsatz kommen und. An der Mission sind auch Forscherinnen und Forscher aus Österreich beteiligt.

Visualisierung eines Flugs des Marshubschraubers „Ingenuity“ © NASA

Die neuartige Helikopterdrohne soll sich bald in die dünne Atmosphäre des Roten Planeten erheben. Mitentwickelt hat sie die österreichische Ingenieurin Cornelia Altenbuchner, die am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena/Kalifornien arbeitet. Aus Ermangelung eines Satellitenpositionierungssystems wie GPS muss sich die Ingenuity genannte Drohne anhand von Kamerabildern selbstständig orientieren. Einer der Entwickler des Algorithmus des Kamera-basierten Systems ist der an der Universität Klagenfurt tätige Schweizer Stephan Weiss.

Der auf Deutsch auf den Namen Einfallsreichtum hörende Minihubschrauber wiegt lediglich 1,8 Kilogramm und sorgte in der Vergangenheit schon für einiges Aufsehen. In der extrem dünnen Atmosphäre müssen die vier Rotorblätter aus Kohlefasern sehr viel schneller rotieren als dies auf der Erde der Fall wäre. In bis zu vier Flugversuchen soll Ingenuity beweisen, dass derartige Flüge am Mars möglich sind. Mittels Kameras und einer am Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech) entwickelten Software soll dann die Orientierung im Jezero Krater gelingen. So will man auch die Topografie der Umgebung festhalten.

Weiss setzt sich seit seiner Dissertation an der ETH Zürich mit der Entwicklung von Systemen für diese innovative Art der Orientierung und Navigation auseinander. Zwischen 2012 und 2015 war er in der Sache am JPL tätig, wo er seine Ideen weiter verfolgen konnte. „Können wir das auf dem Mars fliegen?“, fragte nach der Technologiedemonstration seiner Dissertation dort der damalige JPL-Chef Charles Elachi, wie Weiss im Gespräch mit der APA erklärte.

© NASA

Das Vertrauen ist seither gewachsen, so der nunmehrige Institutsvorstand des Instituts für Intelligente Systemtechnologien an der Uni Klagenfurt, der weiter in das aufsehenerregende Projekt eingebunden ist: „Wir sind noch am Puls der Entwicklung.“ In den vergangenen Jahren galt es vor allem, das System zu vereinfachen, um auf dem Mars möglichst fehlerfrei manövrieren zu können. Am Landepunkt ist das Gelände vor allem flach, dementsprechend wenig Kontrast und markante Anhaltspunkte bietet die Umgebung. Das sei vergleichbar mit einer Ski-Abfahrt kurz vor der Dämmerung, wo sich Unebenheiten kaum noch aus einer gewissen Vogelperspektive ausmachen lassen. Genau für derartiges ist der Algorithmus nun optimiert, erklärte der Forscher.

Hochauflösende Kamerasystem für Stereobilder

Am NASA-Rover Perseverance sind aber auch noch eine Reihe anderer heimischer Forscher und Forscherinnen beteiligt, etwa an „Mastcam-Z“, einem ausfahrbaren, rund zwei Meter hohen Mast des Rovers mit einem hochauflösenden Kamerasystem für Stereobilder. Die Zoomfunktion ist so stark, dass selbst eine 100 Meter entfernte Marsfliege noch erkannt werden könnte.

An der Verarbeitung dieser Daten sind Forscher des Grazer Joanneum Research und des Wiener Forschungszentrums für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis) in einem vom Klimaschutzministerium über einen Vertrag mit der Europäischen Weltraumagentur ESA finanzierten Projekt beteiligt. Das Instrument „Mastcam-Z“ wurde hauptsächlich von der Arizona State University entwickelt, wie Gerhard Paar von der Forschungsgruppe Bildanalyse und Messsysteme bei Joanneum Research in Graz im Gespräch mit der APA berichtete.

Visualisierungen sollen auch Wasser aufspüren

Joanneum Research und VRVis wurden ausgewählt, um aus diesen Bildern 3-D-Rekonstruktionen und anschließende Visualisierungen zu machen. Diese sollen es dann unter anderem ermöglichen, auf dem Roten Planeten interessante geologische Strukturen zu finden, die Hinweise auf etwa alte Wasserspuren und möglicherweise ausgestorbenes Leben enthalten könnten. „Ziel ist es, für die weitere Forschung dreidimensionale Karten, in denen die Daten der Oberflächeninstrumente lokalisiert und in ihrem Zusammenspiel interpretiert werden können, zu erstellen“, schilderte Paar, der schon seit Jahren die Forschung für Marsexpeditionen begleitet.

© VRVis-Visualisierung des Jezero-Kraters

Der auf Deutsch auf den Namen „Einfallsreichtum“ hörende Minihubschrauber wiegt lediglich 1,8 Kilogramm und sorgte in der Vergangenheit schon für einiges Aufsehen. In der extrem dünnen Atmosphäre müssen die vier Rotorblätter aus Kohlefasern sehr viel schneller rotieren als dies auf der Erde der Fall wäre. In bis zu vier Flugversuchen soll „Ingenuity“ beweisen, dass derartige Flüge am Mars möglich sind. Mittels Kameras und einer am Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech) entwickelten Software soll dann die Orientierung im „Jezero Krater“ gelingen. So will man auch die Topografie der Umgebung festhalten.

Die österreichische Software liefert die dreidimensionale Auswertungen an das „Mastcam-Z“-Wissenschaftsteam. „Wir verwenden die Stereobilder, um jeden Bildpunkt dreidimensional zu beschreiben und erzeugen Visualisierungen davon wie zum Beispiel Videos, die einen Überflug simulieren und damit die Räumlichkeit der Landschaft um den Rover verdeutlichen. VRVis stellt die Visualisierungskomponente zur Verfügung“, so Paar. Mit dem von VRVis entwickelten 3-D-Viewer wird den Forschern sodann die interaktive Erkundung und geologische Interpretation der 3-D-Rekonstruktionen der Marsoberfläche ermöglicht.

Nach Perseverances Landung wird es allerdings noch eine Weile dauern, bis die österreichischen Spezialistinnen und Spezialisten mit der Auswertung der Bilder beginnen können: Paar rechnet mit den ersten 3-D-Auswertungen etwa eine Woche nach der Landung. Die ersten Tage werde das Rover-Team damit verbringen, die Systeme und Instrumente zu testen, die Software vom Landemodus auf den Fahrmodus umzustellen, die Kommunikationskanäle zu Marssatelliten und zur Erde einzurichten – und erste Bilder der Umgebung aufzunehmen. „Diese Bilder stehen uns dann auch bereits für 3-D-Auswertungen und Visualisierungen zur Verfügung“, so der Grazer Mathematiker.

Suche nach Meteoriteneinschlägen

Mit dem Geochemiker Christian Köberl gehört auch dem Wissenschaftsteam der Mission ein Österreicher der Mission an. Er will mit den scharfen Bildern der „Mastcam-Z“-Kameras nach Spuren von Meteoriten-Einschlägen auf dem Mars suchen.

Perseverance ist im 50 Kilometer großen Jezero-Krater auf der nördlichen Halbkugel des Planeten gelandet, der durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist und wo sich einst ein See befunden haben dürfte. „Mein Ansatz war, mit der hochauflösenden Kamera, die viel bessere, schärfere Bilder liefert als bisher, in den Kratergesteinen nach typischen Deformierungen zu suchen, die für Impakte charakteristisch sind“, so der Professor für Planetare Geologie und Impaktforschung an der Universität Wien. Ein Beispiel dafür sind sogenannte „Shatter Cones“. Solche Strahlenkegel kennt man gut von Einschlagskratern auf der Erde, aber auf dem Mars seien sie bisher noch nie gefunden worden.

Der Wissenschaftler interessiert sich zudem für das Vorkommen von Meteoriten auf der Marsoberfläche. Von den bisherigen Marsrovern seien bereits einige Eisenmeteorite gefunden worden – was für Köberl aus mehreren Gründen spannend ist: „Sie zeigen an der Oberfläche Vertiefungen, die wir als Regmaglypten bezeichnen, und auf der Erde als Zeichen dafür interpretiert werden, dass sie auf ihrem Weg durch die Atmosphäre angeschmolzen wurden.“ Doch die Marsatmosphäre sei um fast einen Faktor 1.000 dünner als jene der Erde und es sei erstaunlich, solche Deformationen auch auf dem Mars zu finden.

Wegen der Corona-Pandemie war nur rund die Hälfte der NASA-Mitarbeiter im Kontrollzentrum anwesend, die normalerweise bei einem solchen Manöver dort arbeiten würden. Sie trugen Masken, hielten Abstand voneinander und umarmten sich nach der Bestätigung über die erfolgreiche Landung nicht wie üblich, sondern stießen im Jubel lediglich ihre Fäuste gegeneinander. „Das Team rastet völlig aus, das ist alles so surreal“, sagte Chef-Ingenieur Rob Manning. Die große Plastikdose Erdnüsse, die vor einem solchen Landeversuch normalerweise herumgereicht wird und Glück bringen soll, sei durch individuelle Päckchen für jeden ersetzt worden, hatte er zuvor verraten.

Perseverance ist bereits der fünfte Rover, den die NASA zum Mars bringt – zuletzt 2012 Curiosity. Insgesamt waren bisher allerdings nur weniger als die Hälfte aller weltweit gestarteten Mars-Missionen erfolgreich. In der vergangenen Woche waren kurz hintereinander Raumsonden erst aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und dann aus China erfolgreich in die Umlaufbahn des Planeten eingeschwenkt. Al-Amal, die Sonde der Vereinigten Arabischen Emirate, soll nicht landen, das Aufsetzen des chinesischen Raumschiffs Tianwen 1 ist in zwei bis drei Monaten geplant.

„Ich bin sicher auf dem Mars„, teilte „Perseverance“ nach der Landung via Kurznachrichtendienst Twitter mit. „Durchhaltevermögen bringt dich überall hin.“ Auch auf dem Twitter-Profil der NASA wurde die Landung bestätigt – aber auch hinzugefügt: „Der Countdown zum Mars ist abgeschlossen, aber die Mission hat gerade erst begonnen.“

Erste Farbfotos vom Mars hat »Perseverance« auch bereits geschickt: Ein Panorama des Roten Planeten, ein Schnappschuss…

Posted by BMK Infothek on Sunday, February 21, 2021