Kategorie Innovation & Technologie - 20. Februar 2024
Österreichische Forschende bauen Prognose-Tool gegen Wildunfälle
Gerade im Herbst, Winter und Frühjahr liegt in der Dämmerung eine Gefahr im Freistraßenverkehr. Pendlerinnen, die per Auto auf dem Weg zur Arbeit oder wieder retour sind, kennen solche Situationen an den Randzeiten des Tageslichts. Wildtiere zeigen dann erhöhte Aktivität und tauchen urplötzlich im Scheinwerferlicht vor dem Auto auf. Es ist die Hauptzeit der Wildunfälle, von denen es allein in Österreich jedes Jahr zwischen 70- und 80.000 gibt.
Mehr als 300 davon enden mit Personenschäden, sogar 1-2 Personen pro Jahr getötet. Das gilt natürlich auch für die meisten der involvierten Wildtiere. Erschreckenden Zahlen, die zu reduzieren sich ein interdisziplinäres Forscherinnenteam unter der Leitung des AIT Austrian Institute of Technology auf die Fahnen geheftet hat.
WildWarn heißt das Projekt, das eine Lösung zur Verhinderung von Wildunfällen verspricht und bis 2025 eine Risiko-Landkarte für solche Art Unfälle entwickeln möchte. Gefördert wird es vom Klimaschutzministerium (BMK) über die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
Künftig soll dieses System in Echtzeit anzeigen, an welchen Straßenabschnitten Wildunfälle wahrscheinlicher sind, um diese verhindern. Diese Informationen könnten später sogar in Navigationssysteme einfließen und Autofahrerinnen warnen, wenn die Unfallgefahr zu bestimmten Zeiten ansteigt – so wie etwa Google Maps heute schon verlässlich anzeigt, wenn auf Straßenabschnitten besonders viele Menschen unterwegs sind und Staus drohen.
„Unsere innovative Herangehensweise, Erdbeobachtungsdaten mit Verkehrs- und Umweltinformationen zu fusionieren, ermöglicht es uns, Wildunfälle nicht nur zu analysieren, sondern auch präventive Maßnahmen gezielt zu planen“, so Michael Aleksa, AIT-Verkehrssicherheitsexperte und Projektleiter von WildWarn. „Durch die Schaffung einer webbasierten Risikokarte streben wir an, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und gleichzeitig die Interaktion zwischen Mensch und Natur harmonisch zu gestalten.“
Dazu werden für WildWarn Straßenabschnitte in einer Modellregion untersucht, um die Ursachen und Zusammenhänge von Wildunfällen besser zu verstehen. Mithilfe verschiedener Datenquellen, darunter Bilddaten von Erdbeobachtungssatelliten, Verkehrsstärken, Geschwindigkeitsniveaus, Unfallhäufungen, Trassierungsparameter von Straßen und Habitatdaten, werden gefährliche Abschnitte räumlich und zeitlich modelliert. Die Kombination dieser Daten ermöglicht eine umfassende Analyse, die dazu beiträgt, potenzielle Risikofaktoren zu identifizieren.
So liefert etwa der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-2 alle fünf bis zehn Tage aktuelle Bilder, die zum einen zeigen, wo es viele Wälder und Wiesen in einer Region gibt, in denen sich das Wild gerne aufhält oder zum anderen ob ein Kornfeld kürzlich gemäht wurde. Auch solche Dinge beeinflussen das Verhalten der Wildtiere, wie Wildtierökologe Martin Forstner gegenüber der Futurezone festhielt. „Im Sommer sind etwa Getreidefelder für Rehe mit Kitzen sehr attraktiv, weil dort keine Insekten sind, die sie belästigen. Im Straßennahbereich kann das gefährlich sein.“ Der Wildtierökologe berät sonst Skigebiete und macht Gutachten zu großen Verkehrsstraßen. Bei Forschungsprojekt WildWarn steuert Forstner wildbiologische Daten bei, die er mitunter auf sehr traditionelle Weise erhebt: „Ich suche mit einem Fährtenhund nach Wildwechseln und schaue zu allen Jahreszeiten, wo Wildtiere Straßen queren“, so Forstner.