Kategorie Klima- & Umweltschutz - 15. Mai 2024
Der wärmste Sommer seit 2.000 Jahren – und seine Folgen
Noch nie seit 2.000 Jahren war ein Sommer auf der Nordhalbkugel so heiß wie der von 2023 – die Erhitzung schreitet weiter voran, besonders stark in Europa – mit gesundheitlichen Folgen auch für die Bevölkerung
Der Sommer vergangenen Jahres war einer Studie zufolge in nördlichen Ländern der wärmste seit mehr als 2.000 Jahren. Das zeige eine Kombination aus Beobachtungsdaten und Rekonstruktionen, berichten Forschende um Jan Esper von der Universität Mainz im Fachmagazin „Nature“. Analysiert wurden die Oberflächentemperaturen im Juni, Juli und August in den außertropischen Regionen der nördlichen Hemisphäre (30 bis 90 Grad nördlicher Breite).
Die Temperatur in diesem Teil der Nordhalbkugel – in dem unter anderem Europa liegt – lag demnach im Sommer 2023 um 2,07 Grad höher als der Durchschnittswert zwischen 1850 und 1900. Ausgewertet wurden für die Analyse unter anderem die neun längsten temperaturabhängigen Baumring-Chronologien. Auf die Region im Norden beschränkten sich die Wissenschafter, weil es für südlichere Länder weniger Langzeit-Temperaturdaten gibt.
Der EU-Klimawandeldienst Copernicus hatte gemeldet, dass der Sommer 2023 global gesehen der mit Abstand heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen 1940 war. „Unser Klima implodiert schneller, als wir mit extremen Wetterereignissen, die jeden Winkel des Planeten treffen, fertig werden können“, hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu den Daten erklärt.
Die nun vorgelegten Schätzungen bestätigten den beispiellosen Charakter der gegenwärtigen Erwärmung und die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen, so die Forscher. Klimaexperten zufolge war 2023 möglicherweise gar das wärmste Jahr seit zehntausenden Jahren. Da gab es zwar noch keine Messungen, auf die Werte einst lässt sich aber unter anderem aus der Analyse uralter in Eis eingeschlossener Luftblasen schließen.
Eine weitere aktuelle Studie zeigt, wie sehr der Leidensdruck gerade für ältere Menschen im Zuge des Klimawandels weiter steigen wird. Der Anteil von Menschen weltweit im Alter von 70 oder mehr Jahren, die extremer Hitze ausgesetzt sind, könnte demnach von heute 14 Prozent auf etwa 23 Prozent im Jahr 2050 steigen. Das wären bis zu 246 Millionen mehr Menschen als heute.
Extreme Hitze bedeutet dabei, dass die Tageshöchsttemperatur an mindestens 18 Tagen im Jahr einen Wert von 37,5 Grad überschreitet. Die Studie einer Gruppe um Giacomo Falchetta vom Euro-Mediterranean Center on Climate Change Foundation in Venedig wird im Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Die Zahl der über 60-Jährigen wird sich demnach bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts voraussichtlich nahezu verdoppeln: von 1,1 Milliarden im Jahr 2021 auf fast 2,1 Milliarden im Jahr 2050. Bevölkerungen vor allem im Globalen Süden, die aktuell schnell wachsen und einen niedrigen Altersdurchschnitt haben, werden 2050 einen erheblichen Anteil älterer Menschen haben.
Mit Blick auf den Klimawandel problematisch sind vor allem die verminderte Fähigkeit älterer Menschen zur Regulierung der Körpertemperatur, ihre größere Anzahl an Begleiterkrankungen und ihre Abhängigkeit von Medikamenten, die zu Dehydrierung führen.
Viele über 69-Jährige seien durch Hitzeextreme unverhältnismäßig stark gefährdet, schreiben die Studienautoren. Gründe seien etwa chronische Gesundheitsprobleme und Krankheiten, körperliche, sensorische oder kognitive Behinderungen sowie soziale Isolation.
Falchetta und Kollegen kombinierten die Prognosen für die Entwicklung der Altersstrukturen in verschiedenen Ländern mit den Erderwärmungstrends unterschiedlicher Konzentrationspfade von Treibhausgasen. Dazu verwendeten sie dieselben Szenarios und Klimamodelle wie der sechste Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) von 2021. In der Studie sind insbesondere die Szenarien SSP2-4.5 und SSP5-8.5 dargestellt, wobei das erste Szenario für einen mäßigen Anstieg und das zweite Szenario für einen starken Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur stehen.
Für das Jahr 2020 ergaben die Klimamodelle einen durchschnittlichen Wert von jährlich 25 Tagen, an denen in Afrika die Tageshöchsttemperatur bei mehr als 37,5 Grad lag. Diese Zahl wird nach SSP2-4.5 bis zum Jahr 2050 auf 37 Tage steigen, nach SSP5-8.5 sogar auf 40 Tage. In Asien wird sich die Anzahl solcher heißen Tage von 15 auf 25 (SSP2-4.5) oder 28 (SSP5-8.5) erhöhen.
Auf diesen beiden Kontinenten werden mit Abstand am meisten Menschen im Alter von 70 oder mehr Jahren von extremer Hitze betroffen sein. In Europa werden die 37,5 Grad im Jahr 2050 durchschnittlich an drei (SSP2-4.5) bis vier Tagen (SSP5-8.5) überschritten, wie es in der Studie heißt.
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