Kategorie Innovation & Technologie - 26. Februar 2016
„Saubere Fahrzeuge für die Stadt der Zukunft“
Wien (Gastkommentar) – Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen bewirken im urbanen Umfeld wegen der versiegelten Flächen ebenso wie die Schadstoffemissionen des Individualverkehrs lokal besonders hohe Gesundheitsbelastungen für Stadtbewohner. Weltweit steht die Fahrzeugindustrie deshalb vor der Herausforderung, die schrittweise gesenkten Abgasgrenzwerte für Treibhausgase, Stickoxide, Partikel und Lärm zu unterschreiten. Da diese gleichzeitige Optimierung oft Zielkonflikte im Entwicklungsprozess erzeugt und die weitere Optimierung des Otto- und Diesel-Motors exponentiell steigende Kosten nach sich zieht, wenden sich die Fahrzeughersteller zunehmend der Entwicklung alternativer Antriebe zu.
Elektrofahrzeuge verbinden lokale Emissionsfreiheit mit dem Potenzial zum Ersatz der beschränkten fossilen durch erneuerbare Energiequellen. Der Strom für den Elektromotor kommt entweder aus der zuvor extern geladenen Batterie oder wird während der Fahrt in einer Brennstoffzelle aus dem getankten Wasserstoff erzeugt. Wichtig bei der Beurteilung unterschiedlicher Antriebskonzepte ist es, den gesamten Lebenszyklus von Herstellung und Treibstoff, über die Nutzung im Fahrzeug bis zum Recycling, zu betrachten. Eine wirklich nachhaltige Mobilität muss auf dem Einsatz erneuerbarer Energiequellen basieren. Erfreulicherweise macht der wachsende Anteil von Strom aus Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen die Markteinführung von Elektrofahrzeugen attraktiver, da deren Batterien oder Wasserstofftanks das fluktuierende Aufkommen der erneuerbaren Energiequellen zwischenspeichern können und durch Ladung in der Nacht zu einer Glättung der Nachfrage dienen können.
Dennoch steht die Elektromobilität noch vor großen Herausforderungen: Hohe Batteriekosten, lange Ladezeiten und eine geringe Reichweite reduzieren die Einsatzmöglichkeiten der Batterie-Elektrofahrzeuge. Der Hybridantrieb als Kombination des Elektromotors mit der Verbrennungskraftmaschine reduziert diese Probleme, ist aber eine schwere und teure Lösung, die überdies nur bei Verwendung von Biotreibstoffen treibhausgasneutral wäre.
Die Brennstoffzelle hat den großen Vorteil einer Betankungszeit von wenigen Minuten und Reichweiten von mehreren hundert Kilometern sowie das Potenzial zur Herstellung des Wasserstoffs aus einer Vielzahl an erneuerbaren Energiequellen. Diese ist aber derzeit noch teurer als die Herstellung des Wasserstoffs aus Erdgas, und die Finanzierung der erst im Aufbau befindlichen flächendeckenden Tankstelleninfrastruktur stellt eine große Herausforderung für die Energiewirtschaft dar. Die Kosten von Batterien und Brennstoffzellen sanken zwar in den letzten Jahren deutlich, müssen aber durch kostengünstige Materialien, geringe Edelmetallanteile in Brennstoffzellen, moderne Produktionstechnologien sowie höhere Stückzahlen für eine „Economy of Scale“ weiter reduziert werden.
Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) hat deshalb die Entwicklung alternativer Antriebe und Treibstoffe bereits seit dem Jahr 2002 mit rund 115 Millionen Euro im Rahmen der Programme A3, A3plus, „Mobilität der Zukunft“ sowie der „Leuchttürme der Elektromobilität“ gefördert. Das bmvit hat dadurch die Industrie und Forschung langfristig und unabhängig von wechselnden medialen Hypes für eine Einzeltechnologie durch ein ausgewogenes und technologieneutrales Portfolio an Förderinstrumenten unterstützt.
Neben der Technologieförderung ist das bmvit für die Planung und Errichtung der auch für die Elektromobilität wichtigen Verkehrsinfrastruktur verantwortlich und kann durch die Definition der verkehrspolitischen Rahmenbedingungen die Markteinführung der entwickelten sauberen Technologien unterstützen. Dadurch ist das bmvit ein zentraler Partner bei der Umsetzung des nationalen Einführungsplans „Elektromobilität in und aus Österreich“ der Bundesregierung.
Das Thema einer nachhaltigen und lebenswerten „Stadt der Zukunft“ und der dafür notwendigen Technologieentwicklungen stellt überdies einen Schwerpunkt des Technologieministeriums dar und vernetzt die F&E-Förderungen des bmvit im Bereich der Entwicklung von Energie-, Gebäude-, Kommunikations- und Verkehrstechnologien sowie der Mobilitätsforschung, Raumplanung, Infrastrukturplanung und -errichtung. Als Verkehrsministerium fördert das bmvit aber auch den öffentlichen Nahverkehr als nachhaltigste Form der urbanen Mobilität. Gerade im städtischen Umfeld kann zudem das lokal abgasfreie Batterie-Elektrofahrzeug trotz seiner beschränkten Reichweite die Mobilitätsnachfrage befriedigen. Das bmvit unterstützt weiters auch Carsharing-Modelle, um den limitierten Platz besser zu nutzen.
Eine zentrale Motivation für die Fördertätigkeit des bmvit ist jedoch auch der Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Automobil-Zulieferindustrie. Österreich ist eines der weltweit führenden Zulieferländer der Automobilindustrie mit rund 450.000 Beschäftigten in 700 Betrieben mit einer Wertschöpfung von 35 Mrd. Euro. Um die technologischen Herausforderungen der sich stetig verschärfenden Emissionsstandards erfolgreich zu meistern und der österreichischen Industrie Planungs- und Investitionssicherheit zu bieten, gab das bmvit mit seinen mehrjährigen Förderprogrammen ein langfristiges Commitment zur Unterstützung durch die öffentliche Hand ab. Im Sinne einer modernen Technologiepolitik ging das bmvit darüber hinaus mit der Industrie und Forschung eine strategische Public-Private-Partnership in der „Austrian Association for Advanced Propulsion Systems“ (A3PS) ein, um diese durch zusätzliche Service-Leistungen (nationale und internationale Vernetzung, Unterstützung beim Aufbau von F&E-Projekten, Analyse technologischer Trends, Marketing für österreichische Technologiekompetenz) zu unterstützen.
Dem bmvit ist auch die internationale Zusammenarbeit Österreichs als kleinem Land mit einer starken Zulieferindustrie sehr wichtig. Österreich ist deshalb im Bereich der weltweiten Technologievernetzung und Projektakquisition sehr erfolgreich und engagiert sich stark in transnationalen Forschungskooperationen in der EU (F&E-Rahmenprogramm Horizon 2020 und Joint Undertaking „Fuel Cells & Hydrogen), der IEA (International Energy Agency) und der IPHE (International Partnership for Hydrogen and Fuel Cells in the Economy). Das bmvit unterstützt diese Kooperationen auf strategischer Ebene durch seine leitende Funktion im Vorstand der die europäische Straßenverkehrsforschung definierenden EU-Technologieplattform ERTRAC (European Road Transport Research Advisory Council). Ziel ist es, technologische Kompetenzen auszubauen, Österreich als globale Zuliefernation zu stärken und dadurch die zahlreichen Arbeitsplätze in unserer Zulieferindustrie zu sichern. (von Andreas Dorda, Abteilung Mobilitäts- und Verkehrstechnologien im bmvit, und Michael Zakaria, A3PS)