Kategorie Innovation & Technologie - 4. Januar 2018

WIE sind wir täglich unterwegs? Österreich unterwegs Teil 2

In einer siebenteiligen Serie beleuchten wir das Mobilitätsverhalten der Österreicherinnen und Österreicher. Die Datengrundlage liefert die österreichweiten Mobilitätserhebung „Österreich unterwegs 2013/2014“. Wie sind wir unterwegs? Und was hat sich in den letzten 20 Jahren verändert? Die vierköpfige Familie Flink begleitet uns durch diese Serie.

© Illustration: Daniela Waser / www.oteloegen.at

Wie sind wir unterwegs?

Für Lisa Flink beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Sie ist jetzt Studentin. Wie sich Städte entwickeln, wie und wo sie wachsen, wie sich das Lebensumfeld im Laufe der Zeit wandelt und wie neue Technologien diese Entwicklung beeinflussen. Diese Themen haben sie schon in der Schule interessiert. Die Studienwahl fiel ihr da nicht schwer. Sie entschied sich Verkehr und Umwelt an einer Fachhochschule zu studieren.

Die Aufgabenstellung ihrer ersten Gruppenübung klingt einfach: Stimmt die Aussage „Die ÖsterreicherInnen werden immer mobiler?

Im Dreier-Team müssen sie dieser Frage nachgehen. Grundsätzlich haben sie in der Vorlesung gelernt, dass pro durchschnittlichem Wochentag eine Person 2,6 Wege außer Haus verbringt und dieser Wert seit Jahrzehnten nahezu konstant ist. Lisa beginnt zu recherchieren. „Wenn die ÖsterreicherInnen aber mobiler sind, dann müssten sie ja länger unterwegs sein“, fragt sie sich und findet im 20-Jahre-Vergleich gleich drei unterschiedliche Ergebnisse:

1. Nein, die Tageswegdauer blieb weitgehend gleich. Wir sind rund 85 Minuten pro Tag unterwegs.

2. Ja, die Länge aller zurückgelegten Wege pro Tag ist um 16 % gestiegen. Das ist sehr viel.

3. Ja, die Gesamtverkehrsleistung in Österreich hat um 33 % zugenommen.

Unter anderem ist das zurückzuführen auf den Bevölkerungsanstieg von rund 8% und auf die um 16% längeren Wege. Auch dieser Wert ist sehr hoch und erstaunlich.

Unsere Reisezeit ist also gleichgeblieben, aber wir legen deutlich längere Wege zurück“ notiert sie abschließend.

Ihre Kollegin Joana nutzt die Arbeit, um gleich zu sehen, ob sich ihr persönliches Mobilitätsverhalten auch in Zahlen und Daten ablesen lässt. Sie ist gerade nach Wien gezogen, um hier zu studieren. Sie schaut sich an, ob es einen Unterschied zwischen Wegezweck und Regionen gibt.

Ihr Ergebnis: Die Wegezwecke variieren österreichweit kaum.

Wege des alltäglichen Bedarfs wie in die Arbeit und Geschäftliches, Schule, Bringen und Holen von Personen, Einkaufen, Erledigungen (Arztbesuch und Behördenweg), Freizeit und Besuche sind österreichweit in ländlichen über städtische bis hin zu großstädtischen Raumstrukturen nahezu gleich. Darüber hinaus kann sie erkennen, dass die WienerInnen öfters einkaufen gehen als sonstige Personen.

Wir ÖsterreicherInnen haben ähnliche Wege, egal, ob wir städtisch oder peripher wohnen, brauchen weitgehend dieselbe Zeit dafür, nur die Weglängen sind in ländlichen Strukturen deutlich länger. Damit steigt der Bedarf nach motorisiertem Individualverkehr im ländlichen Raum, Rad und zu Fuß gehen werden unattraktiver. Öffentlicher Verkehr dünnt in ländlichen Räumen vor allem an Wochenenden aus, denn er ist schwer finanzierbar. All das hat sie auch schon in ähnlicher Form in der Vorlesung gehört und findet das in den Statistiken der Erhebung bestätigt.

Der Dritte im Bund, Florian, analysiert noch den Unterschied innerhalb einer Woche.

Er ist positiv überrascht, dass der Unterschied zwischen Werktagen (Montag bis Freitag) und dem Wochenende genauso ausfällt, wie er es erwartet hat. Toll, denkt er sich, dass die Datensätze von „Österreich unterwegs“ genau das widerspiegeln!

Die wesentlichen Unterschiede sind einerseits im Öffi-Verkehr zu finden, der am Wochenende aufgrund des geringeren Angebots zurückgeht. Andererseits steigt der Anteil der MIV-MitfahrerInnen deutlich an (die Abkürzung „MIV“ steht für Motorisierter Individualverkehr), wobei dieser Anstieg an Sonn- und Feiertagen nochmal merklich stärker ist als an den Samstagen. „Ja“, denkt er sich, „das ist logisch“. Früher habe ich am Wochenende viele Ausflüge mit der Familie gemacht. Jetzt, als Student, unternehme ich etwas mit meinen FreundInnen. Meistens sind wir am Wochenende gemeinsam unterwegs und oft fahren wir auch gemeinsam im Auto irgendwohin.“ Die Wegezwecke sind also am Wochenende anders, an Samstagen ist der Anteil der Einkaufswege fast doppelt so hoch. Am gesamten Wochenende steigt der Freizeitverkehr und ist an Sonn- und Feiertagen mit Abstand am höchsten.

Wer unter der Woche gerne mit Rad oder zu Fuß unterwegs ist, der tut das auch am Wochenende“ analysiert er weiter. Er findet es nicht überraschend, dass der Radverkehrsanteil an Sonntagen geringfügig sinkt. „Das sind vielleicht eher die Radausflüge, als dringend notwendige Wege“, denkt er sich abschließend. Genug Fakten, jetzt geht es an die Präsentation. Lisa, Joana und Florian erstellen noch ein paar Grafiken und los geht es.

Wussten Sie, dass…

… die mittlere Tageswegdauer der mobilen Personen an Werktagen in ganz Österreich fast ident ist und bei 82 bzw. 83 Minuten pro Person und Tag liegt? Nur Wien liegt mit 95 Minuten deutlich darüber, wobei zu beachten ist, dass in Wien die Anzahl der Wege pro mobiler Person und der Außer-Haus-Anteil die Werte von Restösterreich aufweist.

… sich die mittlere Tagesweglänge deutlich unterscheidet? Je ländlicher, desto weiter sind die Wege. Während in Wien und den anderen Großstädten die Werte der mobilen Personen an Werktagen bei 33 bzw. 35 km/Tag liegen, steigen sie in zentralen Bezirken auf 43 bzw. in peripheren Bezirken auf 50 km/Tag.

… sich die mittleren Tagesweglängen in den letzten zwanzig Jahren um 16 % erhöht haben. Stichwort: Einkaufszentren auf der grünen Wiese, locker bebaute Siedlungen mit Einfamilienhäusern, großflächige Betriebsgebiete in Stadtrandlagen, die eine Öffi-Erschließung aufgrund der hohen Kosten erschweren und die Fuß- und Radwege verlängern und damit unattraktiver machen.

… sich die Wegezwecke innerhalb Österreichs in unterschiedlichen Regionen, je nach Bebauungsdichte, wenig unterscheiden, aber nach Wochentagen sehr deutlich. Der Anteil der Einkaufswege an allen Wegen steigt österreichweit von 16% an Werktagen (Mo – Fr) auf 30% an Samstagen an. Der Freizeitverkehr steigt von 15% an Werktagen (Mo-Fr) auf 29% an Samstagen und auf 47% an Sonn-und Feiertagen.

… sich das Verkehrsaufkommen (Modal Split) nach Wochentagen wie folgt unterscheidet: Am Wochenende ist das Angebot an ÖV-Leistungen verringert, das spiegelt sich in den Daten wieder (ÖV-Anteil sinkt von 17% auf 9%). Gleichzeitig steigt der Besetzungsgrad bzw. der Anteil der MIV-MitfahrerInnen (MIV-MitfahrerInnen steigen von 12% auf 23% an Samstagen und auf 27% an Sonntagen). Der Anteil der MIV-LenkerInnen nimmt von 47% auf 44% an Samstagen bzw. auf 38% an Sonntagen ab. Das Zu-Fuß-Gehen (18%) und das Radfahren (7%) sind weitgehend konstant.

Hier geht es zum 1. Teil der Serie: Wie sich die Zeiten doch ändern!