Kategorie Innovation & Technologie - 24. Februar 2023

AIT entwickelt effizientes Stufenlosgetriebe für E-Nutzfahrzeuge

Der Verkehrssektor zählt mit einem Anteil von 30 Prozent zu den größten CO2-Emittenten des Landes, wird deshalb nicht zu Unrecht als Sorgenkind auf dem Weg zur Klimaneutralität bezeichnet. Handlungsbedarf besteht dabei nicht nur im Individualverkehr, sondern auch im sogenannten Schwerverkehr. Dazu zählen auch Kommunal- und Nutzfahrzeuge, mit unterschiedlichsten Aufgaben, etwa bei der Müllabfuhr oder bei der Straßenaufsicht, um Schnee zu räumen, Böschungen zu mähen oder im Wald das Unterholz zu durchforsten.

Ein Standard in dieser Fahrzeugklasse ist seit ein paar Jahren ein hydrostatisches Hybrid-Antriebssystem. Zum Einsatz kommt dabei ein sogenanntes CVT-Getriebe (Stufenlosgetriebe; CVT steht für Continuously Variable Transmissions), da es die Fahrzeuggeschwindigkeit unabhängig von der Drehzahl des Motors regelt.

Dabei unterstützt eine Hydraulik-Einheit den Antrieb, um entweder allein das Fahrzeug anzutreiben oder eben auch für den Betrieb diverser Zusatzgeräte typischer Kommunalfahrzeuge dienen, wie etwa ein Rasenmäher-Modul oder die Hebevorrichtung an Müllautos. So können die Anbaugeräte bei hohem Leistungsbedarf mit einer hohen Motordrehzahl betrieben werden, während gleichzeitig die Fahrzeuggeschwindigkeit ganz individuell auf den jeweiligen Arbeitsprozess eingestellt wird.

Höhere Effizienz bei deutlich geringeren Emissionen

Bisher erzielen die Stufenlosgetriebe jedoch vor allem im Teillastbereich hohe Verluste mit entsprechend hohen Emissionswerten – auf vielen Ebenen ein entscheidender Nachteil.

Um das zu ändern, hat das vom AIT Austrian Institute of Technology geleitete Forschungsprojekt „eCVT“ am  Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen gemeinsam mit sechs Partnerinstitutionen aus Forschung und Industrie eine neuartige Getriebeeinheit entwickelt, die genau diese Nachteile herkömmlicher CVT-Einheiten kompensieren kann und somit eine höhere Effizienz bei deutlich geringeren Emissionswerten aufweist.

Ziel des Projekts war es, in einem bestehenden Getriebe die hydraulische Einheit durch zwei elektrische Maschinen zu ersetzen. Durch die Ergänzung sowie einem Batteriespeicher konnte eine deutliche Erhöhung der Effizienz des Gesamtsystems bei gleichzeitiger Verringerung des Schadstoffausstoßes erreicht werden. Die eCVT-Einheit bietet größere Flexibilität, ermöglicht kurzfristige Überlast und erlaubt sogar eine Rekuperation der kinetischen Energie beim Bremsen.

„Mit eCVT ist es uns gelungen, eine komplett neuartige Getriebeeinheit zu entwickeln, diese in der Simulation und am Prüfstand zu validieren und letztlich den Prototypen erfolgreich in ein Fahrzeug einzubauen sowie mittels Testfahrt zu erproben“, zeigt sich Lukas Kiessling, Forscher am LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen, begeistert. Ein solches Stufenlosgetriebe hätte demnach auch großes Potential als Kernelement für neuartige Hybridantriebe in Leichtfahrzeugen, was zu einer deutlicher Verbrauchs- und Lärmreduzierung sowie zu einer Flexibilisierung im Einsatz für zukünftige Mobilitätsanwendungen führen könnte.

Forscher:innen der Competence Unit Electric Vehicle Technologies am Center for Low-Emission Transport des AIT brachten ihre umfangreiche Expertise und Infrastruktur im Bereich der Regelung elektrischer Antriebe ins Projekt ein. Da die eCVT-Einheit aus zwei Maschinen unterschiedlicher Bauart besteht, wurde in intensiver Zusammenarbeit mit VDS je eine eigenständige, abgestimmte Regelungssoftware für Motor und Generator entworfen und programmiert.

Anschließend wurden Hard- und Software der einzelnen Motor-Inverter-Subsysteme vor allem hinsichtlich Dynamik, Robustheit, thermischen Verhaltens und Energieeffizienz am Antriebsprüfstand validiert. Eine spezielle Herausforderung für das Projektkonsortium war dabei der nahtlose Wechsel zwischen Drehmoment- und Drehzahlregelung, welcher schnell, aber dennoch kontinuierlich ohne unzulässige elektrische oder mechanische Lastspitzen zu erfolgen hatte – jeweils entsprechend den verschiedenen Betriebsmodi des Gesamtsystems.

Das AIT arbeitet auch anderen Verbesserungen im E-Nutzfahrzeugbereich und präsentierte im vergangenen Jahr beispielsweise eine Schnellladestation und entsprechende Infrastruktur für Schwerfahrzeuge und Busse im Multimegawattbereich.