Kategorie Innovation & Technologie - 6. August 2019

Knackpunkt Akku-Laufzeit: Leistungssprünge in der Batterieforschung

Sie sind das Herz der Elektromobilität: Leistungsstarke Batterien auf Lithium-Ionen-Basis (Li-Io). Diese Art Akku hat sich jahrzehntelang als die führende Stromspeichertechnik etabliert und kommt hinsichtlich der Leistungsdichte im elektrischen Antrieb dem Verbrennungsmotor sehr nahe. Die Technik gilt als wartungsarm und relativ sicher, seit Beginn der kommerziellen Nutzung hat sich ihre Energiedichte mehr als vervierfacht.

Kreisel Akku, © Kreisel Electric GmbH

Können Lithium-Ionen-Batterien aber auch die steigenden Anforderungen durch die Elektromobilität meistern? Geringere Kosten, größere Reichweiten und kürzere Ladezeiten sind Versprechen, die uns aus der Forschung regelmäßig übermittelt werden. Prognostiziert werden 30 Prozent Steigerung der Reichweite von Fahrzeugen mit Lithium-Ionen-Akkus in den nächsten Jahren.

Das AIT Austrian Institute of Technology zählt in Österreich zu den Vorreitern auf dem Gebiet der Batterieforschung. Das Potenzial der Li-Ionen-Technologie und die Forschungsperspektive in den nächsten Jahren ist klar skizziert: Ziel am AIT ist es, das Energiespeichervermögen der Zelle zu erhöhen – sprich, die Batterie kleiner und doch leistungsstärker zu machen.

 

Dazu werden am AIT alle Komponenten von Akkusystemen unter einem Dach erforscht. Auch wenn längst sogenannte Post-Ionen-Technologien wie Li-Schwefel, Li-Luft, Zink-Luft, Magnesium-Ionen, Natrium-Ionen sowie Festkörper-Systeme erforscht und in den Grundlagen entwickelt werden, geht man davon aus, dass die Li-Ionen-Technologie noch einige Jahre lang als Goldstandard fungieren wird.

Modernste Pouchzellen am AIT

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfolgen am AIT einen ganzheitlichen Forschungs- und Entwicklungsansatz, bei dem die entscheidenden Eigenschaften der Batterie selbst verbessert werden, und auch ihre Integration in Fahrzeuge optimiert wird. Dabei wird der gesamte Entwicklungsprozess von der Materialoptimierung über das Batterie-Testing bis hin zum System-Design abgedeckt.

Herstellung von Pouchzellen am © AIT.

Erst letzten Monat erfolgte am AIT-Zentrum für emissionsarmen Verkehr die Eröffnung der neuen Pilotlinie für Batterieforschung. Neben einem Symposium zur aktuellen Batterieforschung mit internationalen Experten von Universitäten und aus der Wirtschaft präsentierte das AIT seine Materialforschung, Batterietests, Antriebstests und Energiespeichersysteme. Dort soll vor allem die Produktion von gestapelten Pouchzellen und deren industrienahes Prototyping vorangetrieben werden.

„AIT ist eine der wenigen Forschungseinrichtungen weltweit, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Batterieforschung bis zur Batterieproduktion unter einem Dach abbilden kann. Mit unserem Trockenraum und einer hochmodernen Forschungspilotlinie sind wir in der Lage, Lithium-Ionen-Pouchzellen mit Blick auf industrierelevante Prozesse herzustellen. Damit schließen wir die Lücke zwischen Wissenschaft und Marktanwendung“, so Marcus Jahn, Thematischer Koordinator für Batterietechnologien am AIT.

Neues Anodenmaterialfür mehr Leistung

Auch an der Universität Wien geht man in der Batterieforschung voran. Ein von Chemikern der Uni entwickeltes Anoden-Material verspricht Lithium-Ionen-Akkus mit mehr Leistung und längerer Lebensdauer. Das Material kombiniert ein poröses Mischmetalloxid mit Graphen, berichteten die Wissenschafter im Fachjournal Advanced Energy Materials.

Herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus, wie sie in Smartphones und Notebooks zum Einsatz kommen, stoßen zunehmend an Leistungsgrenzen. Materialwissenschafter Freddy Kleitz von der Fakultät für Chemie der Universität Wien hat mit einem Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nun ein neues nanostrukturiertes Material für die Anode von Lithium-Ionen-Akkus entwickelt, welches vor allem Batterien in Großgeräten wie Elektro- oder Hybrid-Fahrzeugen einen enormen Leistungsschwung verschafft.

 

Die Forscher um Freddy Kleitz vom Institut für Anorganische Chemie – funktionelle Materialien der Universität Wien meinen nun, mit einer nanostrukturierten Verbindung Kupfer-Nickel-Oxid und Graphen fündig geworden zu sein. Ihr Anoden-Material steigert die elektrochemische Leistung der Akkus deutlich: „Die Batteriekapazität war mit bis zu über 3.000 reversiblen Ladezyklen, sogar bei sehr hohen Strombelastungen von bis zu 1.280 Milliampere, beispiellos“, so Freddy Kleitz. Heute verlieren Lithium-Ionen-Akkus nach etwa 1.000 Ladezyklen an Leistungsfähigkeit.

Das neue Anodenmaterial kombiniert die positiven Eigenschaften von Graphit, aus dem die Anode herkömmlicher Lithium-Ionen-Akkus besteht, mit jenen von Metalloxiden. Diese weisen eine höhere Batteriekapazität als Graphit auf, sind aber eher instabil und wenig leitfähig. Die Forscher haben einen Weg gefunden, die positiven Eigenschaften beider Stoffe in einer neuartigen Verbindung bestmöglich zu nutzen.

Sie stellten dafür nanoporöse Kügelchen aus Kupfer-Nickel-Oxid her, die aufgrund ihres Poren-Netzwerks eine sehr große aktive Reaktionsfläche für den Austausch mit den Lithium-Ionen aus dem Elektrolyt der Batterie aufweisen. Dann wurden diese Oberfläche mit einer hauchdünnen Schichten von Graphen – eine nur eine Atomlage dünne Schicht aus Kohlenstoffatomen – überzogen.

Einfaches und effizientes Design

Die Verwendung von Lithium-Ionen-Akkus für die Elektromobilität steht auch aufgrund ihrer Umweltbilanz und ihrer rohstoffintensiven Produktion immer wieder im Fokus. „Im Vergleich zu den bestehenden Ansätzen ist unsere innovative Design-Strategie für leistungsfähiges und langlebiges Anodenmaterial einfach und effizient. Es handelt sich um einen wasserbasierten Prozess und ist von daher umweltfreundlich und bereit zur Anwendung auf industrieller Ebene“, so Kleitz.

INFObox: BMVIT und BMNT haben die Neuauflage des Förderpakets E-Mobilität beschlossen. Das Paket umfasst ein Fördervolumen von 93 Mio. Euro für die kommenden zwei Jahre und wird von den Ministerien in Partnerschaft mit dern Automobil- und Zweiradimporteuren sowie dem Sportfachhandel finanziert.