Kategorie Innovation & Technologie - 9. November 2021

Algen: Die artenreichen Alleskönner aus dem Wasser

Algen sind winzig klein und doch wird ihnen Großes zugetraut. Den pflanzlichen Einzellern, die praktisch in allen Gewässern vorkommen, wird nichts weniger als eine gewichtige Rolle bei der Bewältigung unserer globalen Krisen zugesprochen. Sei es die Klimakrise, die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung oder der Umgang mit immer knapper werdenden fossilen Rohstoffen – Mikroalgen sind dabei als grüne Rohstoffquelle für die Biobasierte -Industrie und als Puzzlestück zum nachhaltigen Wirtschaften in der Etablierung .

Zwar werden mehrzellige Arten, etwa verschiedene Arten von Seetang, wohl seit Jahrtausenden vom Menschen genutzt, die einzelligen Arten wurden für die biotechnologische Verwertung jedoch erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt.

 

Algen gelten als der vielversprechendste nachwachsende Rohstoff mit eine sehr vielfältigen Palette an Nutzungsmöglichkeiten. Aus Algen kann recht einfach wertvolle Biomasse produziert werden, zudem in hoher Qualität und nahezu unbegrenzt. Neben ihrem Potential als Energielieferant in Form von Biomasse nehmen Algen als deklariertes Superfood dank Protein-, Mineralstoff- und Vitaminlieferant mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren auch kulinarisch eine immer wichtigere Rolle ein, liefern darüber hinaus auch noch eine Reihe an natürlichen Farbstoffen. Ein Milliardenmarkt, dessen technologische Erkundung auch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) seit 2011 unter dem Titel Biobasierte Industrie fördert – seit 2021 im Rahmen der neuen FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft.

Parallel dazu hat das BMK (vormals bmvit) 2013 das Netzwerk Algen begründet, um den österreichischen Akteur:innen, die sich mit Algen als Ressource für die stoffliche und energetische Verwertung beschäftigen, eine Plattform für den Informations- und Erfahrungsaustausch zu bieten. Betreut wird das Netzwerk Algen von der ÖGUT gemeinsam mit BEST Research, es umfasst zur Zeit 23 Firmen und Forschungsinstitutionen.

Universelle Problemlöser?

Seit 2017 gibt es zudem das D-A-CH-Algen Netzwerk, welches nun auch eine Vernetzung über die Landesgrenzen hinaus hervorgebracht hat. Heuer fand mit dem „D-A-CH ALGEN SUMMIT“ erstmals eine gemeinsame Veranstaltung für den gesamten deutschsprachigen Raum statt und brachte so das Jahrestreffen des österreichischen „Netzwerks Algen“, den deutschen „Bundesalgenstammtisch“ und die Algen-aktivitäten in der Schweiz an einen Tisch. Die gemeinsame Veranstaltung demonstrierte aktuelle Entwicklungen und beleuchtete interdisziplinär Potential und Herausforderungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung in den D-A-CH-Ländern bis hin zu einer gesamteuropäischen Perspektive rund um Algenindustrie und -forschung.

 

Das Potential von Algen scheint dabei in der Tat ziemlich unbegrenzt. Es gibt vermutlich weit mehr als 500.000 verschiedene Algenarten. Nur etwa 500 davon sind bisher näher bekannt, weil wir Menschen sie nutzen, etwa in Lebensmitteln, in der Kosmetik, als alternativen Treibstoff. Die Ein- oder Mehrzeller leben im Salzwasser, im Süßwasser, auf Böden, Pilzen oder Flechten und können dazu verhältnismäßig günstig und sehr klimafreundlich hergestellt werden. Im kontrollierten Anbau wächst so ein nährstoffreiche Rohstoff, der sogar regional erzeugt werden kann – um ein Vielfaches effizienter als Landpflanzen und ohne mit ihnen in Flächennutzungskonkurrenz zu treten.

In wasserbasierten Systemen kultivierte Algen liefern hohe Biomasseerträge und könnten in Zukunft das begrenzte Angebot an nachwachsenden Rohstoffen ausweiten. Es gilt als gesichert, dass sie bei gleichem Input von Sonnenenergie und Nährstoffen im Durchschnitt etwa fünfmal mehr nutzbare Biomasse liefern als Landpflanzen. Zudem lassen sich mit der Produktion von Algen umweltrelevante Synergien wie beispielsweise Abluft- und Abwasserreinigung realisieren. Die verschiedenen Mikroalgen werden aber nicht nur wegen Ihrer hohen Nährstoffdichte in den unterschiedlichsten Branchen verwendet, sondern auch gerne als natürlicher Farbstoff eingesetzt. Vor allem Chlorophyll, Phycocyanin und Astaxanthin sind für kosmetische Produkte, Lebensmittel und medizinische Anwendungen sehr gefragt.

Das BMK fördert das Netzwerk Algen sowie entsprechende Forschungsaktivitäten rund um diese relativ junge Technologie, um sie in Österreich zur Marktreife heranzuführen und Rohstoffe aus Algen auch international konkurrenzfähig zu machen – Dies stärkt den Wirtschaftsstandort und trägt außerdem dazu bei, die Klimakrise zu bewältigen.