Kategorie Innovation & Technologie - 3. August 2015
Auf dem Land über kluge Städte reden
Türkis und beißend kalt entspringt hier das Wasser der Steyr und schroff erscheint das Kalkgestein der umliegenden Gipfel. Diese wildromantische Kulisse in Hinterstoder haben die „Landinger“ heuer wieder gewählt, um beim „Landinger Sommer“ in gesunder Distanz zur Stadt über Smart Cities zu diskutieren.
Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtplanung, Verwaltung, Umwelt und Technologie sowie Studierende diskutierten über urbane Herausforderungen, präsentierten Best-Practice-Beispiele und philosophierten mit Hinterstodererinnen und Hinterstodern über Städte der Zukunft.
Ein Einblick darüber, wie Altes, Neues und Wiederverwertetes zu einer lebenswerten Stadt beitragen kann:
Alte Baustrukturen
Immer mehr Menschen in Österreich ziehen vom Land in die Stadt. Dadurch wird Wohnraum in den Ballungszentren knapp, schildert Johannes Bocksteffl von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) die Entwicklung. Dass das kein Problem, sondern auch eine Chance sein kann, zeigt das Projekt STELA (Smart Tower Enhancement Leoben Austria): Um die Lebensqualität trotz wachsender EinwohnerInnenzahl zu steigern und vorhandene Baustrukturen im Sinne einer Smart City weiterhin zu nützen, wurden in Leoben neue, vorgefertigte Loggias an ältere Wohntürme aus den 1970-ern kurzerhand „angedockt“. Schalenartig umschlingen die kleinen Balkons die alte Bausubstanz und bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht nur mehr Komfort und Wohnraum, sondern isolieren thermisch die gesamten sechs- bis elfgeschossigen Gebäudetürme.
Aus alt mach neu
Nicht über vorhandene Baustrukturen, sondern von vorhandenen Baumaterialien sprach Andrea Kessler beim Landinger Sommer. Sie griff einen Ansatz auf, der bis dato wenig Aufmerksamkeit in der Smart City-Debatte erfährt: Städte als Rohstoffmine (engl. Urban Mining). Die „Harvest Map“ soll eine Material-Austausch-Plattform werden – eine branchenübergreifende Datenbank von wiederverwendbarem Material. Über die Plattform können Suchende und Gebende miteinander in Kontakt treten und das Abfallprodukt des einen wird zum Ausgangsmaterial für jemand anderen. Durch das Bauen mit wiederverwendetem Material (wie recyceltem Beton, Rohstoffresten und Bauabfällen) können die Baukosten drastisch gesenkt werden – ob nun für ein selbstgebautes Regal aus Holz oder für ein ganzes Haus.
Neue Mobilitätsformen
Nicht nur das Wohnen, sondern auch wie Bewohnerinnen und Bewohner sich in der Stadt der Zukunft fortbewegen, war Thema beim Landinger Sommer. Urbane Mobilitätsformen wie Fuß-, Rad- und E-Mobilität sowie der Öffentliche Verkehr (ÖV) rücken in den „smarten Städten“ Europas immer mehr in den Mittelpunkt. In einem StudentInnenwettbewerb in Graz wurde ein multimodaler Mobilitätsknoten entwickelt. Mehrere Arten an Verkehrsmitteln werden an einem zentralen Punkt zur Verfügung gestellt: Neben Haltestellen für den öffentlichen Verkehr, Car Sharing-Standplätzen, E-Ladestationen für E-Autos, Abstellplätzen für Fahrräder und Radservicestationen sollen in Zukunft Ladestationen für E-Bikes sowie Schließfächer an derartigen „smarten“ Knotenstellen gebündelt angeboten werden. Der Wechsel von einer zu anderen umweltfreundlichen Mobilitätsform soll so erleichtert und gesteigert werden.