20. Februar 2018

Automatisierung holt ausgelagerte Produktion zurück

Die Produktion im Heimatland stärken und in die Heimat zurückholen: Das ist das lautstarke Credo von US-Präsident Donald Trump genauso wie von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. In Österreich werde das Thema der Rückverlagerung von industrieller Produktion ins Ursprungsland von der Politik noch eher stiefmütterlich behandelt, meint Bernhard Dachs, Innovationsforscher am AIT Austrian Institute of Technology. Er hat in einer Studie versucht herauszufinden, inwieweit solche Rückverlagerungen mit neuen Technologien zusammenhängen, die unter dem Stichwort Industrie 4.0 kursieren.

Denn es gibt sie auch hierzulande: Fälle, in denen eine Auslagerung wieder zurückgenommen wird. So geschehen bei einer Metallbaufirma in Ostösterreich, die besonders aufwendige Arbeitsschritte wie das Schleifen und Polieren von Metallteilen bisher nach Ungarn ausgelagert hatte. „Dann wurde ein Roboter angeschafft, was die Produktivität erhöhte, und die ausgelagerten Produktionsschritte konnten nach Österreich zurückgeholt werden“, schildert Dachs. „Fälle wie diese bestätigen die Überlegungen, dass die Automatisierung und Flexibilisierung durch die Industrie 4.0 hilft, industrielle Produktion zurückzuverlagern.“

Positive Effekte der Industrie-4.0-Technologien

Um derartige Annahmen zu überprüfen, haben Dachs und sein Team am AIT Center for Innovation Systems and Policy in einer vom Bundesministerium für
Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) beauftragten Studie zunächst quantitative Daten aus einer Umfrage unter rund 2.000 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht. Dabei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Industrie-4.0-Technologien wie Industrierobotern, Produktionsplanungssystemen oder anderen automatisierten Systemen und beobachteten Rückverlagerungen.

„Wir erklären diesen Zusammenhang mit zwei potenziellen Effekten der Industrie 4.0“, sagt Dachs. „Einerseits kann Industrie 4.0 die Produktivität von Unternehmen wesentlich erhöhen. Andererseits erlauben diese Technologien einen hohen Grad an Flexibilität, idealerweise die Herstellung individueller Produkte mit den Kostenvorteilen einer Großserienproduktion.“

Mithilfe von qualitativen Interviews mit Vertretern ausgewählter Unternehmen sind die Forscher den Motiven für Rückverlagerungen nach Österreich noch genauer auf den Grund gegangen. Dabei habe sich bestätigt, dass die Hauptgründe im Wunsch nach höherer Qualität der Produkte und höherer Flexibilität im Produktionsprozess liegen und gleichzeitig durch neue Technologien mehr Kapazitäten im Heimatunternehmen frei werden, erläutert Dachs.

Seltenes Phänomen

Dass aufgrund der Digitalisierung und Automatisierung vormals ausgelagerte Arbeitsplätze wieder zurückgeholt werden können – anstatt sie, wie vielfach befürchtet, zu ersetzen -, sei allerdings nicht zu erwarten, räumt Dachs ein. Derzeit seien Rückverlagerungen noch ein seltenes Phänomen; nur etwa fünf bis sechs Prozent aller österreichischen Industrieunternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten haben in den Jahren 2013 und 2014 die Produktion zurückgeholt. Dachs ist aber zuversichtlich, dass die Zahl der Rückkehrer künftig deutlich ansteigen wird.

Vom Auslagerungsstopp würden vor allem hochqualifizierte Beschäftigte profitieren: „Die Hackler, die so ihre Jobs verloren haben, werden nicht mehr gebraucht werden“, sagt Dachs.