Kategorie Innovation & Technologie - 8. August 2017

Bei neuer ISS-Mission sind viele Experimente geplant

Ende April 2018 soll Alexander Gerst als Astronaut der Europäischen Weltraumagentur ESA erneut zur ISS starten – zum zweiten Mal nach seiner Mission „Blue Dot“ 2014. Im Zuge der neuen „Horizons“-Mission wird der 41-Jährige zeitweise als erster deutscher Astronaut das Kommando der Raumstation übernehmen, auf der seit 2009 regelmäßig sechs Besatzungsmitglieder leben.

Rund 100 internationale Experimente wird Gerst nach jetzigem Stand während seines sechsmonatigen ISS-Aufenthalts betreuen. „Zu den gut 30 geplanten Experimenten aus Deutschland gehört die Grundlagenforschung ebenso wie industriell motivierte Technologiedemonstrationen und ein Bildungsprogramm für Kinder- und Jugendliche“, erläutert der „Horizons“-Missionsmanager im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn, Volker Schmid.

Künstliche Intelligenz wird eingesetzt

Darunter „Cimon“, ein mobiles Assistenzsystem, das Gerst bei seinem Alltag auf der Station unterstützen soll. Zum Einsatz käme hierbei erstmals auf der ISS eine künstliche Intelligenz – in „Person“ eines maschinellen Assistenten, der unter anderem Stimme und Gesicht erkennen kann.

Mit „Cimon“ soll unter anderem die Mensch-Maschine-Interaktion mit künstlicher Intelligenz über längere Phasen erprobt werden. „Das wäre eine echte Premiere im All“, betont Schmid.

Auch beim wissenschaftlichen Experimentenprogramm gibt es – ähnlich wie bei der Vorgängermission 2014 – ein großes deutsches Engagement: Da ist beispielsweise das Fluoreszenzmikroskop „Flumias“, das bei Gersts „Horizons“-Mission erstmals in einer Demonstrationsversion auf der ISS eingesetzt wird.

Mit „Flumias“ lassen sich Vorgänge in Zellen live beobachten. In einem nächsten Schritt wird dann eine Vollversion von „Flumias“ auf der ISS eingesetzt, die auch eine Zentrifuge beinhaltet, mit der die Gravitation sozusagen an- und abgeschaltet werden kann.

Forschen in Schwerelosigkeit

Auch für materialwissenschaftliche Fragen, bei denen das Forschen in Schwerelosigkeit neue Erkenntnisse bringt, ist die ISS das geeignete Labor: Den sogenannten Elektromagnetischen Levitator (EML) installierte Gerst am Ende seiner Mission 2014 auf der Raumstation.

Dieser High-Tech-Schmelzofen wird seitdem von verschiedenen deutschen Universitäten und wissenschaftlichen Instituten genutzt, um Erstarrungsvorgänge genau zu untersuchen – Viskosität, Oberflächenspannung, thermische Ausdehnung. Derartige Daten sind zum Beispiel wichtig für die Optimierung von industriellen Gießprozessen – von Motorgehäusen bis hin zu neuartigen Flugzeugturbinenschaufeln. Bei seiner „Horizons“-Mission soll Gerst zudem mit der neuen Anlage „Transparent“ auch untersuchen, wie durchsichtige Legierungen erstarren.

Bereits im Herbst soll die NASA-Forschungsapparatur „Cal“ (Cold Atoms Lab) auf der ISS eintreffen. „Das ‚Cal‘ ist ein Minilabor zur Erforschung ultra-kalter Atome, bei der deutsche und US-Wissenschaftler auf der Raumstation zusammenarbeiten werden. An dem Experiment sind sieben deutsche Universitäten beteiligt“, schildert Thomas Driebe, Programmleiter Physikalische Forschung beim DLR-Raumfahrtmanagement in Bonn.

Im „Cal“ werden Atomwolken fast auf den absoluten Temperaturnullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius herabgekühlt. Sie können unter anderem beim Messen von Gravitationswellen und Entwickeln von Quantencomputern bedeutsam sein.

Sie bilden dann sogenannte Bose-Einstein-Kondensate, mit denen man unter anderem Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie hochgenau überprüfen kann. In zukünftigen Raumfahrtanwendungen sollen diese Quantensensoren neben der Grundlagenforschung dann auch zur präzisen Vermessung des Erdschwerefeldes oder der Lageregelung von Satelliten eingesetzt werden.

Noch kein frisches Brot

Verzichten müssen Gerst und seine Astronautenkollegen bisher im All noch auf frisches Brot – doch das könnte sich nach der zweiten ISS-Reise des deutschen Raumfahrers ändern. „Bake in Space“ lautet der Name der Technologiedemonstration, bei der ein Ofen auf die Raumstation geschickt werden soll, um die Astronauten dort mit Brot zu versorgen – gebacken aus einer weltraumtauglichen Teigmischung.

„Wenn dieses Experiment tatsächlich alle notwendigen Qualifikationen schafft und auf die ISS kommt, könnte dies auch im Hinblick auf die Versorgung mit frischen Lebensmitteln für Langzeitmissionen interessant sein“, erläutert Schmid.