22. November 2022

COP27-Resümee: »Das Ergebnis der Weltklimakonferenz ist enttäuschend«

Die rund 200 Staaten der UN-Klimakonferenz haben in der inzwischen klassischen Verlängerung der COPs ein mühsam erkämpftes Abkommen verabschiedet. Dieses enthält den Plan, einen vor allem von Ländern des globalen Südens geforderten Loss and Damage-Fonds einzurichten. Damit soll ärmeren Ländern finanziell unter die Arme gegriffen werden, die durch den menschengemachten Klimawandel von immer gravierenden Klimakatastrophen heimgesucht werden.

Ein Lichtblick der COP27, der „Loss and Damage“-Fonds, viele strittige Punkte besonders in Hinblick auf globalen Klimaschutz wurden jedoch auf 2023 verschoben. © BMK / Perwein

Die Bemühungen zur Reduktion der Emissionen, die sie verursachen, wurden zum Leidwesen auch der österreichischen Delegation allerdings nicht verstärkt und viele strittige Punkte auf das nächste Jahr verschoben. So hat die COP27 ein insgesamt für das Erreichen der Pariser Klimaziele unzureichendes Ergebnis gebracht. Es ist nicht gelungen, hinsichtlich Emissionsminderung deutliche Fortschritte zu erzielen.

In ihrer Abschlusserklärung bekräftigten die Teilnehmer am frühen Sonntagmorgen zwar ihre frühere Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen. Ein Abschied von Öl und Gas wird dagegen nicht erwähnt, womit die Erklärung hinter den Forderungen vieler Staaten und Umweltorganisationen zurückbleibt.

»Wir kämpfen weiter«

„Das Ergebnis der Weltklimakonferenz ist enttäuschend“, sagte dementsprechend Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nach ihrer Rückkehr. „Wir sind bei der Reduzierung von Emissionen im Vergleich zu Glasgow im vergangenen Jahr keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. Dabei bräuchte es gerade  in diesem Bereich wesentlich mehr Entschlossenheit und Tempo. Denn Klimaschutz ist zu einer Überlebensfrage geworden.“

Jetzt heiße es weiterkämpfen. Österreich habe in Sachen Klimaschutz in den letzten Jahren eine Aufholjagd gestartet und auch auf EU-Ebene habe man sich ambitionierte Ziele gesetzt und auch in Gesetze gegossen. „Wir werden weiter national, auf europäischer Ebene, und bei der COP28 für mehr Klimaschutz weiterarbeiten.“

Gewessler erinnerte daran, dass die EU sich dazu entschlossen hat, dem Abschlussdokument der COP27 zuzustimmen, weil es im zweiten zentralen Thema dieser COP Fortschritte gab: im Bereich Loss and Damage, also der Finanzierung von Verlusten und Schäden, die durch die Klimakrise besonders arme Staaten der südlichen Hemisphäre treffen. „Hier konnten wir uns auf die dringend notwendige Unterstützung für besonders von der Klimakrise betroffene vulnerable Staaten einigen. Dieser Beschluss ist ein wichtiges, dringendes und nötiges Signal der globalen Solidarität“, so die Ministerin.

Der neue Entschädigungsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch der steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung. Die Frage um „Loss and Damage“ hatte sich als größter Streitpunkt durch die zweiwöchige Konferenz in Sharm el-Sheikh gezogen, die eigentlich schon am Freitag hätte zu Ende gehen sollen und um mehr als 36 Stunden verlängert wurde.

In dem Beschluss werden weder Summen für den neuen Fonds genannt, noch Details dazu, wer genau einzahlen soll. Dies soll auf der COP28 nächstes Jahr in Dubai geklärt werden. Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind. Auf diese Eingrenzung hatte besonders die EU gepocht. Ein Erfolg also? Laut Gewessler zumindest ein wichtiges Zeichen der Solidarität, „das Vertrauen für die nächste Konferenz bildet“, worauf man aufbauen könne. „Ab heute kämpfen wir weiter für den Klimaschutz.“

Dennoch sei der Fonds kein Allheilmittel: „Wir werden uns aus dieser Krise schlicht nicht herauszahlen können. Wenn wir beim Klimaschutz nicht weiterkommen, werden die Schäden katastrophal. Das kann kein Fonds, kein Geld der Welt mehr abmildern.“

Zu ihren größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne wurden die Staaten in der Abschlusserklärung einmal mehr aufgefordert, diese bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesserungen bleiben freiwillig, eine Verpflichtung gibt es weiterhin nicht.

Positiv hervorzuheben ist, dass über das Thema Landwirtschaft auch in Zukunft bei den COPs beraten wird. Auch konnten zahlreiche Themen betreffend der technischen Umsetzung der Übereinkommen weiterentwickelt werden. Bei der Umsetzung der Marktmechanismen (Art. 6 des Pariser Übereinkommens) hingegen konnten nur geringe Fortschritte erzielt werden.

Die Konferenz, zu der etwa 34.000 (registrierte) Teilnehmer ans Rote Meer gereist waren, ging am Freitagabend in die Verlängerung. In der Nacht auf Samstag war nach schleppenden und teils chaotischen Abläufen in Verhandlungskreisen Beunruhigung ausgebrochen. Nach zähen Beratungen folgte am frühen Sonntagmorgen schließlich die aus europäischer und auch österreichischer Sicht unbefriedigende Einigung. Kein echter Durchbruch also zur Zukunft unseres Planeten, auf einer Konferenz, die sich schlussendlich weder in Sachen Klimaschutz noch in organisatorischen Anforderungen mit Ruhm bekleckern konnte.

Ist das 1,5° Ziel noch haltbar?

Umstritten beim Thema Klimaschutz ist auch die Rolle Chinas. Das Land, das beim Ausstoß klimaschädlicher Emissionen den ersten Platz belegt, will beim globalen Klimaschutz weiter als Entwicklungsland behandelt werden. Westliche Staaten wollen das Land wegen seiner Wirtschaftskraft und der Rolle als größter Verursacher von Treibhausgasen aber nicht länger als Empfängerland einstufen.

UN-Generalsekretär António Guterres warf der UN-Klimakonferenz vor, zentrale Ziele verfehlt zu haben. Es sei dort nicht gelungen, die „drastischen Emissionssenkungen“ auf den Weg zu bringen, die notwendig seien, um die Erderwärmung einzudämmen, sagte Guterres am Sonntagmorgen in Sharm el-Scheikh. „Unser Planet ist in der Notaufnahme“, unterstrich der UN-Generalsekretär die Dramatik der Lage. „Wir müssen die Emissionen drastisch verringern und dies anzugehen hat die Klimakonferenz versäumt.“

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen bezeichnete die Einigung auf der COP27 als „ernüchternd“: „Es ist nicht gelungen, sich auf ambitioniertere Ziele im Bereich der Emissionsreduktionen zu einigen. Die Welt ist nicht auf dem richtigen Kurs“, lautete die Einschätzung des Staatsoberhaupts auf Twitter. Den geplanten Fonds zur Entschädigung von Klimaschäden lobte er hingegen, dies sei „historisch und ein wichtiger Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit“.

EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans übte scharfe Kritik an der nach harten Verhandlungen erzielten Vereinbarung der Weltklimakonferenz in Ägypten. „Dies ist das entscheidende Jahrzehnt, aber was uns vorliegt, ist kein ausreichender Schritt nach vorne für die Menschen und den Planeten“, sagte Timmermans am Sonntag, der auch EU-Klimakommissar ist, in Sharm el-Scheikh. Die Vereinbarung nimmt nach seiner Auffassung große Emittenten nicht in die Pflicht, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase stärker und schneller zu reduzieren.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace blickte in einer Reaktion mit gemischten Gefühlen auf die Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh: „Mit dem aktuellen Ergebnis ist der Weg Richtung Klimahölle programmiert, denn ein Ende von Öl und Gas ist nicht in Sicht. Damit rückt jedoch auch das 1,5-Grad-Ziel in weite Ferne. Ein Erfolg ist trotzdem zu verzeichnen: Es konnte ein Finanztopf für klimabedingte Schäden und Verluste etabliert werden“, hieß es in einer Aussendung.

Fest steht: Der Druck und die Erwartungshaltung auf die nächste Weltklimakonferenz ist durch den diesjährigen Minimalkonsens nicht weniger geworden. Im Gegenteil: Die COP28, die vom 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai (VAE) stattfinden wird, muss deutlich weiterreichende Beschlüsse zum Klimaschutz und zur Emissionsminderung fassen, damit das 1,5 Grad-Ziel in Reichweite bleibt.

Was ist angesichts drastischer Klimafolgen von der COP27 zu erwarten?