Kategorie Innovation & Technologie - 8. April 2016

Cyber-physische Systeme: Die Vernetzung der Welt


APA/APA/OTS (CPS Week 2016)

Von „intelligenter“ Kleidung über Fahrerassistenzsysteme bis zu „Smart Grids“: Die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche lässt reale und virtuelle Welt zunehmend zu cyber-physischen Systemen (CPS) verschmelzen. Wie die wachsende Armada aus Sensoren und Mini-Computern autonom und sicher miteinander kommunizieren soll, ist nächste Woche Thema einer Konferenz mit 1.000 Teilnehmern in Wien.

„Cyber-physische Systeme werden unseren Alltag völlig verändern“, wird Radu Grosu vom Institut für Technische Informatik der Technischen Universität (TU) Wien in einer Aussendung zur „CPS Week 2016“ zitiert: „Man schätzt, dass bis zum Jahr 2020 auf jeden Menschen ungefähr tausend elektronische Systeme kommen.“

Bemerkbar machen sich solche Systeme – also physische Objekte, die über Informations- und Kommunikationssysteme miteinander vernetzt sind und durch Softwareprogramme miteinander kommunizieren – heute bereits als Teil von Fahrerassistenzsystemen in modernen Autos, also etwa in Form von Abstandsmessern oder Einparkhilfen. Als ein nächster Schritt gilt die Kommunikation von Autos untereinander („Car-to-Car“), wenn etwa ein Fahrzeug bei einer aufgrund von Sensordaten automatisch eingeleiteten Notbremsung weiter hinten befindliche warnt und diese von selbst die Geschwindigkeit reduzieren. „Die Autos der Zukunft werden sich ganz sicher miteinander unterhalten“, erklärte Helmut Leopold vom Austrian Institute of Technology (AIT) im Gespräch mit der APA einen der Schwerpunkte der Konferenz.

Von „Smart Grids“ bis zur Telemedizin

Aber auch generell werden technische Systeme, die auf Messdaten aus Sensoren und deren Analyse basieren, autonomer, so der Leiter des Digital Safety & Security Department am AIT: „Nicht jede Messung wird auf den Menschen übertragen, der dann entscheidet, sondern diese Teile beginnen selbst schon zu analysieren und zu entscheiden.“ Kein Bereich scheint ausgenommen: Von der Energieversorgung – Stichwort „Smart Grids“, also „intelligente“ Netze – über flexible, digitalisierte Produktionssysteme („Industrie 4.0“) und der Landwirtschaft bis zur Telemedizin – überall helfen autonome Systeme im Hintergrund, Abläufe effizienter zu machen. Zum Beispiel sei mit dem Aufkommen der Alternativenergien eine Komplexität in das Energiesystem gekommen, dass es Menschen ohne „vernetzte“ Hilfe nicht mehr überschauen können: „Dafür ist es zu kleinteilig geworden.“

In der Forschung gibt es viel zu tun, um das sichere Funktionieren und die Kommunikation von Milliarden technischen Komponenten untereinander zu gewährleisten. „Ein ganz großes Thema weltweit und auch für uns ist Testen und Validieren“, sagte Leopold. Denn Technik werde zwar nie fehlerfrei sein, „aber das Fehlersuchen durch Ausprobieren wird mit solchen dynamischen, komplexen Systemen immer schwieriger“. Am AIT werden daher eigene Computer- und Modellierungssprachen entwickelt, damit die Zustände der Systeme überhaupt beschreibbar bleiben.

„Notfallbetrieb ohne Vernetzung“

Sicherheit ist denn auch eines der Generalthemen der Community und der CPS Week, so der Experte. Neben der Sicherheit vor Spionage, Hackern und Datendiebstahl seien Forscher vermehrt damit beschäftigt, eigentlich vollkommen IT-basierte Systeme so zu gestalten, dass ein „Notfallbetrieb ohne Vernetzung“ möglich ist. Am AIT beschäftige man sich etwa auch mit Werkzeugen, die Sensorsysteme beobachten und auffälliges Verhalten – ob einfacher Fehler oder Manipulation von außen – registrieren und melden.

Ob es ein Sensor im Auto ist, der unmittelbar vor Hindernissen warnt oder eine App, die den Blutdruck an den Arzt übermittelt: Schlagendes Prinzip ist die „Echtzeitfähigkeit“. „Das ist derzeit einer der größten technischen Treiber, der Riesenänderungen erfordert. Das technische System – Computer, Hardware, Software – muss in einem zeitlichen Kontext reagieren, der für die Applikation genau richtig ist“, so Leopold.

Neue Kommunikationswege

Nicht zuletzt stelle sich immer mehr die Frage, auf welcher technischen Basis vernetzte Systeme künftig kommunizieren. „Das Internet“, wie wir es kennen, werde dafür nicht mehr genügen: „Wir müssen über neue Protokolle nachdenken, 5G (die fünfte Generation des Mobilfunks; Anm.) ist auch für die physikalische Übertragung ein Stichwort, die Funktechnik muss sich ändern bis dahin, aber es gibt auch einen Netzwerkaspekt, also wie route ich Information überhaupt.“

Vier einschlägige Konferenzen wurden zu der von 11. bis 14. April in der Wiener Hofburg stattfindenden „CPS Week“ kombiniert. Organisiert wird die Veranstaltung vom Institute of Science and Technology (IST) Austria, der TU Wien und dem AIT.

Service: Die Konferenz-Webseite zur „CPS-Week 2016“: http://www.cpsweek.org/2016