Kategorie Innovation & Technologie - 19. September 2019

Data Market Austria: Online-Kontaktbörse für Datenmassen

Keine Künstliche Intelligenz ohne Big Data: Die Data Market Austria-Initiative des BMVIT unterstützt Unternehmen, künftig Daten über eine Onlineplattform sicher & sinnvoll handeln zu können

Es ist die Schlüsseltechnologie dieses Jahrhunderts. Sie wird wie wenig andere Faktoren unser Leben grundlegend verändern. Was Computer plötzlich zu leisten imstande sind, ist erstaunlich und ungeheuerlich zugleich: Algorithmen erkennen Krankheitsbilder schneller als jeder Arzt, Software steuert Autos und womöglich auch bald Drohnen, eine andere malt und komponiert den alten Meistern zum Verwechseln ähnlich. Die Rede ist von sogenannter Künstlicher Intelligenz, deren Entwicklung, so sind sich Expertinnen und Experten einig, ein Wendepunkt der Technologiegeschichte ist.

In den vergangen Jahren wurden enorme Ressourcen in die KI-Forschung gesteckt. Nun stellen sich Fragen, wie es mit dieser Technologie weitergehen soll, welche Anwendungsbereiche auf dem Sprung in die nächste Phase der Digitalisierung profitieren und wie große Datenströme effizient und sicher verarbeitet werden können?

Grundlage vieler dieser technischen Errungenschaften sind die von uns – bewusst oder unbewusst – produzierten Datenmengen (Big Data). Diese riesigen Datenberge sind zu einem bedeutendem Rohstoff geworden, dessen Nutzung jedoch in geregelte Bahnen gehört. Die Entwicklung von sicheren Geschäftsmodellen für den Handel mit und Austausch von komplexen und großen Daten, einen Big-Data-Handel, ist sind daher dringend notwendig.

Bereits jetzt ist Österreich bei der Etablierung von Plattformen zum legalen und transparenten Austausch von Daten in Europa führend. Unter anderem hat Österreich sich im Projekt Data Market Austria (DMA) seit 2016 zum Ziel gesetzt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Wertschöpfung aus Big-Data-Sammlungen möglich machen.

Wie geht sicherer Datenhandel?

Auf Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) wurde der Data Market nun am 18. September auf einer Konferenz des Ministeriums mit ersten Ergebnissen, internationalen Referenzprojekten und -produkten, potentiellen Innovationssprüngen für Datenanbieter, Dateninfraanbieter, Startups sowie Datenverwerter präsentiert und ließ mit dem Ziel aufhorchen, mit dem Data Market eine Art Online-Kontaktbörse zu schaffen, die Angebot und Nachfrage von nutzbaren Daten sinnvoll verbinden soll.

Dem vorausgegangen ist ein dreijähriges Forschungsprojekt, das von der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft (RSA FG) geführt wurde, um eine geeignete Plattform eines österreichischen Big-Data-Marktes zu entwickeln.

Die Dateninfrastruktur soll im DMA-Projekt über Blockchain-Technologien zugänglich sein, die durch ihre verketteten Blöcke von Datensätzen besonders sicher gegenüber Angriffen von außen sind. Der gesamte Daten-Services wird auf heimischer Cloud-Infrastruktur (onlinebasierten Speicher- und Serverdiensten) betrieben, die auf den neu geschaffenen Geschäftsmodellen und Technologien aufbaut.

Mit dem Data Market Austria soll ein europäischer Weg jenseits des intransparenten Umgangs und Handels großer Tech-Firmen ala Facebook und Google beschritten werden. „Um Daten sinnvoll nutzen können, müssen wir sichere Räume für diese Daten schaffen. Mit Hilfe von Data Market Austria zeigen wir, wie ein Daten-Service-Ökosystem in Österreich durch die Schaffung einer deutlich verbesserten Technologiebasis funktionieren kann“, so Bundesminister Andreas Reichhardt im Rahmen der Data Market Austria-Konferenz.

Data Market Austria hat als das österreichische Big-Data-Leitprojekt des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie ein strategisch und inhaltlich definiertes Forschungs-und Entwicklungsvorhaben in drei Jahren umgesetzt. DMA demonstriert die technologische Realisierbarkeit von Systemlösungen mit langfristiger Wachstumsperspektive im Bereich Data Services. Dazu wurde ein Proof of Technologies-Prototyp für einen effizienten und sicheren Datenhandel gebaut. In der Konferenz wird der Mehrwert eines funktionierenden Datenmarkts gerade auch für den effektiven Einsatz von Künstlicher Intelligenz aufgezeigt.

„Wir haben versucht, das richtige Geschäftsmodell für einen völlig neuen Typ des Handels in einem völlig neuen Markt zu finden“, sagt Peter A. Bruck, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Gesamtleiter der RSA FG. „Es ist unserem Konsortium aus 16 Partnern gelungen, den technologischen Nachweis zu erbringen, dass ein sicherer und vertrauenswürdiger Datenmarkt effizient Gewinne abwirft.“

Der neue Datenhandel funktioniert so: Ein Unternehmen oder eine Institution bietet auf dem Portal Datensätze an – von Unternehmensstandorten über Klimadaten bis zu Migrationsbewegungen. Für die Hinzufügung von Metadaten zu den eigentlichen Daten wurde ein eigener Metadatenstandard (DCAT-DMA) entwickelt. Interessierte Unternehmen erhalten in einem Gratis-Webinar dazu die Anleitung.

Pilotanwendungen zum Datenhandel via Blockchain

Für die Nutzung der gehandelten Daten gibt es Lizenz-Templates, mit deren Hilfe man individuelle Kaufvereinbarungen erstellen kann. Jede neue Lizenzvereinbarung wird dauerhaft in einer Blockchain, das heißt in einer dezentralen, gesicherten Datencloud gespeichert. „Mit Smart Contracts ermöglichen wir einem Datenanbieter, jederzeit Lizenzen so maßzuschneidern, dass sie für das Geschäftsmodell des Kunden und seinen Zielmarkt geeignet sind“, erklärt Mihai Lupu, Projektleiter Data Market Austria und Direktor des Research Studios Data Science der RSA FG.

„Wir haben eine technologische Basis entwickelt, mit der es möglich ist, Daten – ob kommerziell oder offen – vertrauenswürdig zu handeln oder auszutauschen“, so Lupu: „Ziel ist die Schaffung von intelligenten Datendiensten und -services. Unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz wollen wir einen echten Mehrwert für Unternehmen und die Öffentlichkeit schaffen.“

Während der dreijährigen Laufzeit von Data Market Austria wurden zwei Pilotanwendungen entwickelt: Die erste konzentriert sich auf Erdbeobachtungsdaten und die Kombination von Satellitenbildern mit Wetterdaten und Daten von lokalen Behörden. Damit können Waldveränderungen automatisch überwacht und kann Steinschlag vermindert werden. Ein zweites Pilotprojekt integriert Mobilitätsdaten, Energiedaten und Open Data zur Vorhersage des Energieverbrauchs einer Stadt oder persönlicher Mobilitätsmuster.

Sollte es zu missbräuchlichen Anwendungen kommen, kann ein Unternehmen die Datenfreigabe sofort stoppen. Die neu entwickelten Technologien gehen direkt in die in Österreich gestartete Data-Intelligence-Offensive ein, eine Plattform zur Förderung der Datenwirtschaft und Datenwissenschaft, die während der österreichischen EU-Präsidentschaft angekündigt wurde. Durch sie sollen die neuen Geschäftsmodelle zum sicheren und kontrollierten Datenaustausch umgesetzt werden.

Auch ganz neue Berufsbilder werden hier plötzlich aktuell: Data Broker, die mit Metadaten, der Blockchain-Technologie und Smart Contracts Handel betreiben, bestreiten neue Geschäftswege abseits traditioneller Marktplätze.

INFObox: Zur aktiven Gestaltung des digitalen Wandels haben das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) die neue Digitalisierungsagentur (DIA) eingerichtet, die als Ansprechpartner für alle Digitalisierungsfragen fungieren soll. Die DIA wird von den beiden Ministerien finanziert und in der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Wien eingerichtet. Daneben gibt es nun die vom BMVIT unterstützte Data Intelligence Offensive (DIO): Sie ist ein breit angelegter Zusammenschluss von Forschung, Industrie und staatlichen Stellen zur Unterstützungs des Übergangs in die Datenwirtschaft. Data Market Austria (DMA) ist das erste Leitprojekt des BMVIT, gefördert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). DMA wird von der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft geleitet. Das Konsortium besteht aus 15 Unternehmen und Forschungsorganisationen.