Kategorie Innovation & Technologie - 18. Mai 2021

Die Stratosphäre ist in 40 Jahren um 400 Meter geschrumpft

In den vergangenen 40 Jahren ist die zweite Schicht der Atmosphäre um fast einen halben Kilometer schmaler geworden, was auch für Satelliten und GPS potentiell gefährlich werden könnte.

Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen hat nicht nur gravierende Folgen für die globalen Temperaturen, sondern verändert auch die Erdatmosphäre selbst. Deren zweite Schicht, die Stratosphäre, die in rund 20 Kilometern Höhe beginnt, schrumpft merklich. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team von Forschenden.

So dünn ist das Schutzschild der Erde: Die Atmosphäre, aufgenommen von der ISS. © NASA

In den vergangenen 40 Jahren ist die Stratosphäre demnach 400 Meter dünner geworden – jedes Jahrzehnt also um etwa 100 Meter, schreiben die Fachleute in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters. Dabei hat sich die erdnahe Troposphäre nach oben hin ausgedehnt, während sich die darüberliegende Stratosphäre gleichzeitig verdichtet habe.

Bis 2080 könnte die rund 30 Kilometer dicke Stratosphäre noch mal um einen Kilometer dünner werden. „Mittlerweile ist klar, dass wir durch die menschengemachten Treibhausgas-Emissionen nicht nur die Erdoberfläche erwärmen, sondern auch die Troposphäre“, erklärte Studienautor Ulrich Foelsche von der Universität Graz gegenüber dem deutschen Nachrichtenmagazin der SPIEGEL. „Diese dehnt sich dadurch aus, und die Grenze zur Stratosphäre verschiebt sich nach oben.“

Klimawandel-Indikator

Für die Forschenden ist die Verschiebung der Atmosphärengrenzen ein Indikator für den menschengemachten Klimawandel. Tropopause nennen Wissenschaftler:innen die scharfe Grenze, die die unterste Schicht der Atmosphäre von der darüber liegenden, fast unbeweglichen Stratosphäre trennt. Über den Erdpolen befindet sie sich in etwa neun Kilometer Höhe, nahe des Äquators ist sie rund 18 Kilometer von der Erdoberfläche entfernt.

© Petr Pisoft et al 2021

Die schrumpfende Stratosphäre kommt laut Studie von zwei Seiten unter Druck. Die darunter liegende Troposphäre drückt nach oben, gleichzeitig verdichtet sich die Stratosphäre. „Die Treibhausgase absorbieren nicht nur Infrarotstrahlung, sie emittieren sie auch“, so Foelsche. In den oberen Atmosphärenschichten führe das dazu, dass mehr Wärme abgegeben werde. Dadurch kühlten sie sich ab – und zögen sich zusammen.

Eine Rolle hat dabei auch die Ausdünnung der Ozonschicht gespielt. Je weniger Ozon in der Stratosphäre ist, desto weniger kann es UV-Strahlung der Sonne absorbieren – und die Luftschicht dadurch erwärmen. In den Siebzigerjahren stellte sich heraus, dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die früher als Kälte- oder Treibmittel verwendet wurden, die Ozonschicht schädigen. Seit dem Verbot von FCKW im Montrealer Vertrag von 1989 schließt sich das Ozonloch wieder.

Silberblaue Wolken leuchten in der Dämmerung, dazu die orangefarbene Troposphäre, der niedrigste und dichteste Teil der Erdatmosphäre. © NASA

„Wir konnten aber zeigen, dass der Einfluss der Treibhausgase dominiert“, so Foelsche. „Deshalb wird der Prozess trotzdem weitergehen, auch wenn sich die Ozonschicht erholt.“

Die Verschiebung der Schichten, die Stratosphärenkontraktion, sei so auch ein klarer Indikator, dass es sich um anthropogene Effekte handele und nicht etwa die Sonne verantwortlich sei, wie manch krude Klimakrisen-These suggeriert. „Wäre die Sonne schuld am Klimawandel, würde sich die Stratopause – also die obere Grenze der Schicht – systematisch nach oben verschieben und nicht nach unten“, so Foelsche.

Für die neue Studie arbeiteten acht Forschungsinstitutionen in fünf Ländern zusammen. Sie errechneten die Schrumpfung unter anderem anhand von komplexen Atmosphären- und Klimamodellen sowie Satellitenbeobachtungen seit den Achtzigerjahren.

Auswirkungen auf GPS & Weltraumschrott

Schon vor rund 20 Jahren beobachteten Forscher das erste Mal die Verschiebung der Stratosphäre und führten das damals noch neben dem Ausstoß von Treibhausgasen oder Aerosolen auch auf Sonnenaktivitäten oder Vulkanausbrüche zurück.

Was die schrumpfende Stratosphäre für Auswirkungen auf Satelliten oder GPS habe, muss erst noch genauer untersucht werden. So könnten die Veränderungen die Genauigkeit globaler Ortungssysteme wie GPS oder Galileo beeinträchtigen. Möglich sei auch, dass die Bewegung in den Schichten langfristig Folgen für die Übertragung von Funksignalen habe.

»Wenn die oberen Atmosphärenschichten weniger stark ausgedehnt sind, bedeutet das, dass sich die Lebensdauer von niedrig fliegenden Satelliten systematisch verlängert«, so Foelsche. Gleichzeitig würde sich aber auch der Weltraumschrott länger in der Atmosphäre halten.