Kategorie Innovation & Technologie - 6. Februar 2016

„Die Zukunft liegt in kritischen Rohstoffen und Hochleistungswerkstoffen“

Der Fortschritt in den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie der alternativen Energieumwandlungstechnologien mit erneuerbaren Primärenergieträgern hat zur Folge, dass immer größere Mengen an seltenen, nur in wenigen Ländern abbaubaren und somit kritischen Rohstoffen benötigt und eingesetzt werden. Das damit einhergehende Risiko der Rohstoffversorgung ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit gerückt. Starke Preisschwankungen, oft mit extremen Ausschlägen nach oben, Lieferengpässe sowie restriktive Handelspolitiken verdeutlichen die Wichtigkeit von rohstoffbezogener Forschung und Entwicklung (F&E).

Aus diesem Grund hat es sich das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) zur Aufgabe gemacht, relevante Fragestellungen zu identifizieren und mit Hilfe von ExpertInnen im Rahmen des nationalen Forschungsförderungs-Programms „Produktion der Zukunft“ Antworten zu finden. In bisher fünf nationalen Ausschreibungen wurden Forschungsvorhaben adressiert, die unter anderem auf das Recycling, die Reduktion sowie den Ersatz von kritischen Rohstoffen abzielten.

Den Kern dieser Forschungsvorhaben bilden zahlreiche realisierte Projekte und Studien, die verschiedene Rohstoffe in Hinblick auf ihre Bedeutung für den Industriestandort Österreich bewerten, in weiterer Folge neben natürlichen Vorkommen auch vom Menschen geschaffene Lagerstätten identifizieren und das entsprechende Recyclingpotenzial technisch und rechtlich bewerten. Parallel dazu wurde hinsichtlich konventioneller und alternativer Energietechnologien eine Materials-Roadmap erstellt, die der Energieeffizienz die Material- bzw. Ressourceneffizienz gegenüberstellt. Sämtliche Inhalte sind auf der Website www.nachhaltigwirtschaften.at frei zugänglich verfügbar.

Trotz der beachtlichen Erkenntnisgewinne stehen wir gerade erst am Anfang. Recycling ist mit verfügbaren Technologien oft nicht möglich, da man es mit Legierungen oder Verbindungen zu tun hat, aus denen sich die einzelnen Rohstoffe nicht oder nur mit extremem Kosten- und Energieaufwand extrahieren lassen. Auch die Reduktion oder Substitution einzelner Rohstoffe ist beschränkt, da die jeweilige Bauteilfunktionalität eine natürliche Grenze darstellt. Hier ist definitiv noch viel Potenzial bis in die Grundlagenforschung vorhanden.

Aktuell werden die bisherigen Erkenntnisse gemeinsam mit ExpertInnen aus Industrie und Forschung weiter beleuchtet und Forschungsschwerpunkte für die 7. nationale Ausschreibung des FTI-Programms „Produktion der Zukunft“ festgelegt.

Einen weiteren Themenschwerpunkt des nationalen FTI-Programmes „Produktion der Zukunft“ bilden die Hochleistungswerkstoffe. Die Werkstoffwissenschaft hat für unsere moderne Industriegesellschaft eine immense strategische Bedeutung. Intelligente Funktionswerkstoffe, schadenstolerante Verbundstrukturen oder neuartige Verarbeitungs- und Beschichtungstechnologien sind entscheidende Innovationsfaktoren.

Die Werkstoffwissenschaft ist ein interdisziplinäres Gebiet, das von der Grundlagenforschung bis hin zur technischen und kommerziellen Nutzung moderner Werkstoffe reicht. Die Basis hierfür sind Kenntnisse über die Wechselbeziehungen zwischen strukturellem Aufbau und Eigenschaften eines Werkstoffs unter den Gesichtspunkten der Herstellung, der Ver- und Bearbeitung, der Anwendung und der Entsorgung. Werkstoffwissenschaft bildet daher die hochinnovative Brücke zwischen Grundlagenforschung und technischer Nutzung. 63,7 Mio. Euro an Fördermitteln der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gehen jährlich an Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Bereich Werkstoffe. Dies spiegelt Österreichs Stärkefelder in diesen Schlüsseltechnologien. Die erfolgreichsten Fördernehmer kommen aus der metallerzeugenden und verarbeitenden Industrie, der Herstellung von Metallerzeugnissen, dem Maschinenbau und der Kunststofftechnik. In der Entwicklung von Hochleistungswerkstoffen, Verbundwerkstoffen und im Leichtbau weist Österreich hervorragende Erfolge auf und zählt zu den Innovationsführern.

Im Bereich Hochleistungswerkstoffe wird in Kürze eine vom bmvit geförderte Stiftungsprofessur – ein Konsortium der Montanuniversität Leoben, das durch voestalpine AG und Ebner Industrieofenbau mitgetragen wird – ihre Arbeit aufnehmen. Der beabsichtigte Lehrstuhl soll bei der Verbesserung von Stahlgütern einen integrativen Ansatz verfolgen und neuartige Legierungs- und Verarbeitungskonzepte im Bereich Automobil, Energietechnik, Transport und Umweltschutz erforschen.

Auch die internationale Vernetzung ist dem bmvit ein großes Anliegen. Jährlich werden europäische Projekte im Rahmen der Initiative M.ERA-Net mit 1 Mio. Euro gefördert. Eine bilaterale Ausschreibung mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften zum Thema „Advanced Materials“ wird im Februar eröffnet. (von René Albert, Abteilung Energie und Umwelttechnologien im bmvit, und Alexander Pogány, Informations- und Industrielle Technologien, Raumfahrt im bmvit, erschienen in „APA Science“ am 28.1.2016)