Kategorie Mobilität - 3. Juli 2019

Durchfahrverbote in Tirol auf Kufstein & Reutte ausgeweitet

Die österreichische Brennerautobahn ist eine der wichtigsten Strecken für deutsche und nordeuropäische Urlauber auf dem Weg von und nach Italien. Viele versuchen jedoch Stau und Maut zu umfahren und weichen auf Nebenstrecken aus. Tirol will das nicht länger hinnehmen und verhängte erstmals Fahrverbote.

© ASFINAG

Bisher galten die Verbote an den Wochenenden bis Mitte September auf dem niederrangigen Straßennetz nach den Autobahnausfahrten im Großraum Innsbruck. Nun geht das Land Tirol einen Schritt weiter: Weitere Fahrverbote für die Bezirke Kufstein im Unterland und Reutte im Oberland wurden von Landeshauptmann Platter angekündigt.

Kampf gegen Durchzugsverkehr

Die Fahrverbote sollen ab dem Wochenende 6. und 7. Juli in Kraft treten und – wie die in der Vorwoche verhängten Maßnahmen im Raum Innsbruck – bis 14. bzw. 15. September andauern. Im Bereich Kufstein soll es laut Platter zu einem Mix aus Fahrverboten und Dosierungen mit sogenannten Dosierampeln kommen. An diesem Wochenende werde die Situation vor allem im Bezirk Reutte genau beobachtet und an gewissen Stellen bei „Gefahr in Verzug“ von der Polizei Sperrungen durchgeführt.

Von den Fahrverboten ausgenommen sei wie immer der Ziel-, Quell- und Anrainerverkehr.

Die Fahrverbote rund um die, vom Verkehr ohnehin stark belastete, Festungsstadt Kufstein betreffen die Ausfahrt Kirchbichl und die Gemeindestraße zum Krankenhaus bei der Autobahnabfahrt Kufstein-Süd. Insgesamt fünf Dosierampeln werden unter anderem bei der Landesstraße B171, der Tiroler Straße, der Walchseestraße (B 172) und der Wildbichlerstraße (B 175) zum Einsatz kommen.

In Reutte werden die Fahrverbote für den Durchzugsverkehr bei den Abfahrten Reutte-Nord und Vils gelten. Sollten bereits an diesem Wochenende Staus in den Ortsgebieten nach diesen Ausfahrten zu verzeichnen sein, werde man reagieren und Sperren durch die Polizei durchführen, so Platter und Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) unisono. Die Maßnahmen könnten „innerhalb von 30 Minuten hochgefahren“ werden. Wegen des zu erwartenden Verkehrsaufkommens sei daher ein Ausweichen von der Fernpass Straße (B 179) in Fahrtrichtung Süden über Landesstraßen nicht zulässig.

Die im Raum Innsbruck am vergangenen Wochenende bereits angewandten Maßnahmen seien indes evaluiert worden. Sowohl das Land als auch die Polizei zeigten sich mit den Ergebnissen zufrieden. Der Leiter der Tiroler Verkehrspolizei, Markus Widmann, betonte erneut, dass die allermeisten Fahrzeuglenker Verständnis für die Fahrverbote gezeigt hätten. Eine „Lücke habe man im Zuge der Evaluierung jedoch gefunden – und diese betreffe Landesstraßen im Bereich Sellrain und Axams. Dort würden ab diesem Wochenende deshalb auch Fahrverbote gelten.

Die Bezirke Reutte und Kufstein seien vom Ausweichverkehr in der Vergangenheit ebenso belastet gewesen wie der Großraum Innsbruck, argumentierte Platter indes die am Freitag verkündeten Maßnahmen: „Es hat mindestens dieselben Beschwerden gegeben“.

Sommerliche Blechlawinen

Im Sommer gehört es inzwischen für viele Dörfer in Tirol zur Tagesordnung: Regelrechte Blechlawinen rollen quälend langsam auf den Landstraßen durch Österreich hindurch in Richtung Süden – und nach den Ferien wieder retour. Die vom Transitverkehr betroffenen Orte auf der Strecke zwischen Deutschland und Italien leiden teils unverhältnismäßig stark unter Lärm und Abgasen der Autos.

Durchreisende sollen nun daran gehindert werden, die Autobahn zu verlassen, um Mautgebühren zu sparen oder Staus zu umgehen.

 

Vermittlungsversuche kommen indes von EU-Kommissarin Violeta Bulc und Verkehrsminister Andreas Reichhardt. Sie starteten im weiterhin aufgeheizten Streit um die Tiroler Fahrverbote und sonstige Transit-Maßnahmen jeweils Offensiven zu möglichen Verhandlungen.

„Soweit es mein Verantwortungsbereich zulässt, möchte ich dafür sorgen, dass alle Seiten weiterhin bereit sind, sich an einen Tisch zu setzen, um eine gesamtverkehrliche Lösung zu erarbeiten“, erklärte Reichhardt.

Er sei jedenfalls „gegenüber Vorschlägen von deutscher Seite, die zu einer Entspannung der Situation in Tirol führen, offen“, so der Minister: „Wir müssen über alles diskutieren können.“

Die Verkehrssituation in Tirol stelle „das kleine österreichische Bundesland vor große Herausforderungen, vor denen auch der deutsche sowie der italienische Nachbar nicht die Augen verschließen kann“, so Reichhardt weiter. „Entlastungsmaßnahmen für Tirols Straßen“ seien notwendig, pochte der Ressortchef etwa auf die Umsetzung der von Österreich, Deutschland und Italien unterzeichneten Maßnahmen aus dem „Aktionsplan Brenner“.

„Gleichwohl habe ich auch Verständnis für unsere Nachbarn. Ich bin davon überzeugt, dass man – wie mein Amtskollege Andreas Scheuer schon sagte, unbedingt das Gesprächsklima aufrechterhalten muss. Der Gang zum EuGH sollte die letzte Konsequenz sein.“

Im Februar vergangenen Jahres wurde auf Ministerebene der „Aktionsplan Brenner“ von Österreich, Deutschland und Italien unterzeichnet, in dem bereits zahlreiche Entlastungsmaßnahmen festgelegt wurden. Nun ist es an der Zeit, diese auch umzusetzen. „Die EU-Kommission, namentlich der Korridor Koordinator Pat Cox, ist hier gefordert, eine rasche Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zu sichern“, so Reichhardt.

Zuletzt hatte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc die Verkehrsminister Deutschlands, Italiens und Österreichs zu einem Krisengespräch nach Brüssel eingeladen, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.

apa/red