Kategorie Klima- & Umweltschutz - 29. Juni 2022
Einigung: Neuwagen in Europäischer Union sollen ab 2035 emissionsfrei sein
Fast 17 Stunden lang wurde darum gerungen, seit der Nacht steht nun die Einigung: In der Europäischen Union sollen ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden. Darauf haben sich die für Umwelt zuständigen Minister:innen der 27 Staaten in der Nacht auf Mittwoch in Luxemburg geeinigt. Ein finaler Kompromiss muss nun mit dem EU-Parlament ausgehandelt werden, das ein komplettes Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 will.
Die EU-Staaten sprachen sich nach stundenlangen Verhandlungen dafür aus, die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos bis 2035 auf null zu senken – was bedeutet, dass die Neuwagen beim Fahren kein CO2 ausstoßen dürften. Für herkömmlich betriebene neue Autos ist das dann das Aus. Schon zugelassene Fahrzeuge dürften weiter fahren.
Zudem soll die EU-Kommission prüfen, ob es Ausnahmen für Verbrenner geben könnte, die mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden. Das EU-Parlament ist bei den Forderungen deutlicher und will ein De-facto-Verbrenner-Aus.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler reagierte noch in der Nacht erfreut über die Einigung: „Nach 17 Stunden Rat der Umweltminister:innen haben wir eine Einigung! Verbrenner-Aus im Jahr 2035, Neue Klimaziele für alle Mitgliedsstaaten, erstmals Ziele für den Landnutzungs-Sektor, den Emissionshandel gestärkt und ausgeweitet, Klimasozialfonds auf dem Weg.“
#Fitfor55 Nach 17h Rat der Umweltminister:innen haben wir eine Einigung! #Verbrenner-Aus im Jahr 2035, Neue Klimaziele für alle Mitgliedsstaaten, erstmals Ziele für den Landnutzungs-Sektor, den Emissionshandel gestärkt und ausgeweitet, Klimasozialfonds auf dem Weg. Yesss!! 💪🌍
— Leonore Gewessler (@lgewessler) June 29, 2022
Bereits zuvor hatte sie klar gestellt, worum es bei der Tagung geht: „Wir diskutieren am Rat der Umweltminister:innen wichtige Beschlüsse für den Klimaschutz und unsere Energieunabhängigkeit. Uns muss klar sein: Wer hier zögert, setzt die Zukunft unseres Kontinents aufs Spiel.“ Österreich unterstützte von Anfang an das klare Umstiegsdatum auf emissionsfreie Autos bis 2035, auch mit dem Verweis auf Planungssicherheit und Klarheit für die Industrie. „Wir haben keine Zeit zu verlieren und deshalb ist es mir besonders wichtig, dass wir heute Ergebnisse erzielen“, so Gewessle.
Auch der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Einigung. „Das ist das größte Klimaschutzpaket, das seit 15 Jahren in Europa geschmiedet wurde.“ Der Beschluss, der unter anderem ein Aus für herkömmlich betriebene Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 vorsieht, sei ein „fettes Ausrufezeichen für den Klimaschutz in Europa“.
Die Minister:innen beschlossen bei ihrem Treffen weitere Klimaschutzvorgaben auf Basis des „Fit-for-55“-Pakets der EU-Kommission. Neben den neuen Klimavorgaben für neue Autos und Transporter einigten sich die EU-Länder auch auf einen Klimasozialfonds in Höhe von 59 Milliarden Euro und eine Reform des EU-Emissionshandels, bei dem für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 gezahlt werden muss. Kostenlose Zertifikate für bestimmte Unternehmen sollen schrittweise zwischen 2026 und 2035 abgeschafft werden. Zum Ende des Zeitraums soll die Reduktion schneller erfolgen als zu Beginn. Das EU-Parlament hatte sich dafür ausgesprochen, diese Vergabe ab 2027 nach und nach auslaufen und dann ab 2032 ganz entfallen zu lassen.
Elektroautos sind E-Fuel-Verbrennern was Effizienz betrifft haushoch überlegen, und das drückt sich auch in Kosten aus. Ein Elektroauto hat einen Gesamtwirkungsgrad von 55 bis 75%, ein E-Fuel-Verbrenner schafft maximal 15%. Beide brauchen grünen Strom, für E-Fuels 3-5 mal soviel.
— Christoph Dolna-Gruber 🇪🇺 (@chri_gru) June 29, 2022
Das System soll nun auf das Heizen von Gebäuden und den Verkehr ausgeweitet werden. Dies wurde teils heftig diskutiert, weil befürchtet wird, dass Konsumenten dann noch mehr fürs Heizen und Fahren zahlen müssten. In einigen EU-Staaten gibt es für diese Bereiche bereits einen CO2-Preis. Die Zahlungspflicht für den Austausch von klimaschädlichen Gasen galt bisher nur für die Industrie. Die EU-Parlamentarier sind dafür, dass zunächst nur bei gewerblichen Gebäuden und Verkehr bezahlt werden muss, wenn CO2 ausgestoßen wird.
Bis 2030 soll der Ausstoß des klimaschädlichen Gases durch neue Pkw um 55 Prozent reduziert werden. Das Ziel für erneuerbare Energien wird von 32 auf 40 Prozent angehoben, hinzu kommen Ziele und Vorgaben für den Hochlauf von „grünem“ Wasserstoff.
Nach der Einigung der Ministerinnen und Minister können nun Verhandlungen mit dem EU-Parlament beginnen, um das Klimapaket final auszuformulieren. Dafür sei das zweite Halbjahr 2022 vorgesehen, erklärten das deutsche Wirtschaftsministerium und Umweltministerium. Änderungen sind also noch möglich.
Ziel ist es, den Klimawandel möglichst bei 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) radikal zu reduzieren. Die EU hat sich vorgenommen, klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden.